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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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groß gewordenen Redactions-und Druckkosten zu decken, so daß der König
schon seit mehreren Jahren zehntausend Thalerjährlich zuschießen muß, was
aber der den Werth dieser Zeitung sehr wohl erkennende Monarch
höchstens noch bis zu Ende dieses Jahres thun will. Es heißt, daß
sie alsdann zu dem Herrn Bibliothekar 0r. Spiker in Pension kom¬
men soll. Letzterer ist nämlich Eigenthümer der Hände- und Spener-
schen Zeitung und soll schon früher sich bereit erklärt^ haben, gegen
eine Subvention das unter den gegenwärtigen Umständen sehr un¬
dankbare und den Absatz einer Zeitung eben nicht fördernde Geschäft
der Vertheidigung aller Administrationsmaßregcln zu übernehmen. Es
scheint jedoch, daß man sich über den Belauf dieser Subvention bis¬
her noch nicht hat einigen können und daß es daher noch vorläufig
bei der bisherigen Stellung der Spener'schen Zeitung sein Bewenden
haben werde. Letztere soll in diesem Augenblicke etwa 60V0 Abon¬
nenten zählen, wahrend die Bossische deren ungefähr fünfzehntausend
besitzt.

Das Gerücht, daß der bekannte Publizist, Herr von Bülow-
Cummerow um die Concession zur Herausgabe einer neuen, in Ber¬
lin zu begründenden politischen Zeitung sich bewerbe, erhalt sich. Bei
der ehrenwerthen Stellung dieses zwar durch Geburt und Besttzthum
der höheren Aristokratie angehörenden, doch durch seine politische Ge¬
sinnung vollkommen unabhängigen Mannes läßt sich auch nicht zwei¬
feln, daß ein von ihm geleitetes Blatt der Ausdruck des Landes und
nicht einer bloßen Coterie sein, so wie daß es ihm an tüchtigen und
gesinnungsvollen Mitarbeitern nicht fehlen wird.

Sie wissen, daß sich als Verfasser der eben so durch ihren Egois¬
mus, wie durch ihre Lakaienhaftigkeit sich auszeichnenden Feuilleton¬
artikel der Allgemeinen Preußischen Zeitung gegen Herwegh und
Mundt ein "plumper Schwab" (S. Nathan der Weise, Act 1. Se.
et.) bekannt hat; es heißt nun, daß der hier lebende Schwiegervater
Herwegh's, ein geachteter Kaufmann, den Verfasser dieser Artikel so¬
wohl, in welchen sein Sohn als >ütri-i<:i<la und fuit-lati, bezeichnet
wurde, als den verantwortlichen Redacteur der Zeitung vor den Ge¬
richten belangt habe. In dem neuesten Feuilleton dieses Blattes (Nro.
173.) wird übrigens in einem aus Rom datirten Artikel bei Gelegen¬
heit der Schrift: "Bilder und Skizzen aus Rom, seinem kirch¬
lichen und bürgerlichen Leben" der geheime Gedanke seiner jetzigen
Redaction ziemlich offen ausgesprochen. Es wird darin gesagt, wie
sich aus einem Aufenthalt in Rom lernen lasse, daß sich in dem rö¬
mischen Katholicismus manches altchristliche Element erhalten, das
dem Protestantismus leider abgebe, und wobei ganz besonders auf die
Kapitel über die Beichte, den Mariendienst und die Brüderschaften


groß gewordenen Redactions-und Druckkosten zu decken, so daß der König
schon seit mehreren Jahren zehntausend Thalerjährlich zuschießen muß, was
aber der den Werth dieser Zeitung sehr wohl erkennende Monarch
höchstens noch bis zu Ende dieses Jahres thun will. Es heißt, daß
sie alsdann zu dem Herrn Bibliothekar 0r. Spiker in Pension kom¬
men soll. Letzterer ist nämlich Eigenthümer der Hände- und Spener-
schen Zeitung und soll schon früher sich bereit erklärt^ haben, gegen
eine Subvention das unter den gegenwärtigen Umständen sehr un¬
dankbare und den Absatz einer Zeitung eben nicht fördernde Geschäft
der Vertheidigung aller Administrationsmaßregcln zu übernehmen. Es
scheint jedoch, daß man sich über den Belauf dieser Subvention bis¬
her noch nicht hat einigen können und daß es daher noch vorläufig
bei der bisherigen Stellung der Spener'schen Zeitung sein Bewenden
haben werde. Letztere soll in diesem Augenblicke etwa 60V0 Abon¬
nenten zählen, wahrend die Bossische deren ungefähr fünfzehntausend
besitzt.

Das Gerücht, daß der bekannte Publizist, Herr von Bülow-
Cummerow um die Concession zur Herausgabe einer neuen, in Ber¬
lin zu begründenden politischen Zeitung sich bewerbe, erhalt sich. Bei
der ehrenwerthen Stellung dieses zwar durch Geburt und Besttzthum
der höheren Aristokratie angehörenden, doch durch seine politische Ge¬
sinnung vollkommen unabhängigen Mannes läßt sich auch nicht zwei¬
feln, daß ein von ihm geleitetes Blatt der Ausdruck des Landes und
nicht einer bloßen Coterie sein, so wie daß es ihm an tüchtigen und
gesinnungsvollen Mitarbeitern nicht fehlen wird.

Sie wissen, daß sich als Verfasser der eben so durch ihren Egois¬
mus, wie durch ihre Lakaienhaftigkeit sich auszeichnenden Feuilleton¬
artikel der Allgemeinen Preußischen Zeitung gegen Herwegh und
Mundt ein „plumper Schwab" (S. Nathan der Weise, Act 1. Se.
et.) bekannt hat; es heißt nun, daß der hier lebende Schwiegervater
Herwegh's, ein geachteter Kaufmann, den Verfasser dieser Artikel so¬
wohl, in welchen sein Sohn als >ütri-i<:i<la und fuit-lati, bezeichnet
wurde, als den verantwortlichen Redacteur der Zeitung vor den Ge¬
richten belangt habe. In dem neuesten Feuilleton dieses Blattes (Nro.
173.) wird übrigens in einem aus Rom datirten Artikel bei Gelegen¬
heit der Schrift: „Bilder und Skizzen aus Rom, seinem kirch¬
lichen und bürgerlichen Leben" der geheime Gedanke seiner jetzigen
Redaction ziemlich offen ausgesprochen. Es wird darin gesagt, wie
sich aus einem Aufenthalt in Rom lernen lasse, daß sich in dem rö¬
mischen Katholicismus manches altchristliche Element erhalten, das
dem Protestantismus leider abgebe, und wobei ganz besonders auf die
Kapitel über die Beichte, den Mariendienst und die Brüderschaften


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/53>, abgerufen am 23.12.2024.