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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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nach dem vorhandenen Plane vollendet hätte, woran natürlich unter
Oesterreich gar nicht mehr zu gedenken sei.

Während wir, wie die übereilten PostPferde, um die Wette
schmausten, hatte der auf vierzehntägiger Wache in diesem Fort
stehende, wie ich vernahm, sehr verschuldete Fähnrich eines italieni¬
schen Infanterieregiments, die Herr.'" sämmtlich mit Cypern- und Mal-
vasier-Wein, Rvsoglio und Gefrornem, dann mit allerhand feinen
Zuckerbäckereien, mit Brot und Schinken uno mit Obst bewirthet.

Nachdem Alles aufgezehrt war, begaben sich die Herren in die
Festungswerke und ich folgte nach. -- Die Ingenieur-Offiziere be¬
stiegen, als auch die Tafel vorüber war, ihre Maulesel, die Artille¬
rie-Offiziere gingen zu Fuß. War das Hinaufsteigen beschwerlich,
so war das Hinabsteigen äußerst gefährlich, und ich mußte sogar
meinen Herrn, dem. der genossene Wein einen Schwindel verursachte,
hinabführen. Hör' er, sagte er zu mir, wenn ich ihn nicht bei mir
hätte, so müßte ich mich niederlegen und mich wie ein Faß hinab¬
wälzen, so schwindelt mir der Kopf.

Als wir zu Hause anlangten und ich meinen Herrn entklei¬
dete, stattete die Frau Posto-Commandantin ihrem Gaste einen Be¬
such ab und erzählte ihm, daß sie eine große Langeweile gehabt
habe weil sie immer allein sein müsse. Es ist mir sehr leid, meine
Gnädige, sprach der Major, daß ich Ihnen immer ihren Pauli ent¬
führe und alles Gute, was Sie mir erweisen, mit Bösem vergelte.
Ihres herrlichen Weins wegen wünschte ich, ich könnte Ihnen einen
Gefallen erweisen. -- O, bester Herr Oberstwachtmeister, Sie sind
gar zu gütig, dieser Kleinigkeiten zu erwähnen, und wenn es nicht
hinsichtlich des Weines ein Kompliment ist, und derselbe Ihnen wirk¬
lich schmeckt, so werde ich Sie bitten, ein halbes Eimerchen davon mit
nach Hause zu nehmen. Ich habe ihn schon abziehen lassen und
ich hoffe, Sie werden mir diese Bitte nicht abschlagen. -- Da hat
dieser Mensch gewiß geplaudert, -- indem er auf mich zeigte, -- ich
werde ihm die Rippen einschlagen, sobald wir allein sind, sagte mein
Herr, und ich kannte ihn zu gut, als daß ich geglaubt hätte, daß es sein
Ernst sei.-- Herr Oberstwachtmeister, müssen mir schon verzeihen, daß
ich mich unterstanden habe, Ihnen diesen Antrag zu machen, Ihr
Kanonier hat zu mir nur gesagt, daß Ihnen mein Wein schmecke,
und ich mache mir ein Vergnügen daraus, wenn Sie mein Anerbieten


nach dem vorhandenen Plane vollendet hätte, woran natürlich unter
Oesterreich gar nicht mehr zu gedenken sei.

Während wir, wie die übereilten PostPferde, um die Wette
schmausten, hatte der auf vierzehntägiger Wache in diesem Fort
stehende, wie ich vernahm, sehr verschuldete Fähnrich eines italieni¬
schen Infanterieregiments, die Herr.'« sämmtlich mit Cypern- und Mal-
vasier-Wein, Rvsoglio und Gefrornem, dann mit allerhand feinen
Zuckerbäckereien, mit Brot und Schinken uno mit Obst bewirthet.

Nachdem Alles aufgezehrt war, begaben sich die Herren in die
Festungswerke und ich folgte nach. — Die Ingenieur-Offiziere be¬
stiegen, als auch die Tafel vorüber war, ihre Maulesel, die Artille¬
rie-Offiziere gingen zu Fuß. War das Hinaufsteigen beschwerlich,
so war das Hinabsteigen äußerst gefährlich, und ich mußte sogar
meinen Herrn, dem. der genossene Wein einen Schwindel verursachte,
hinabführen. Hör' er, sagte er zu mir, wenn ich ihn nicht bei mir
hätte, so müßte ich mich niederlegen und mich wie ein Faß hinab¬
wälzen, so schwindelt mir der Kopf.

Als wir zu Hause anlangten und ich meinen Herrn entklei¬
dete, stattete die Frau Posto-Commandantin ihrem Gaste einen Be¬
such ab und erzählte ihm, daß sie eine große Langeweile gehabt
habe weil sie immer allein sein müsse. Es ist mir sehr leid, meine
Gnädige, sprach der Major, daß ich Ihnen immer ihren Pauli ent¬
führe und alles Gute, was Sie mir erweisen, mit Bösem vergelte.
Ihres herrlichen Weins wegen wünschte ich, ich könnte Ihnen einen
Gefallen erweisen. — O, bester Herr Oberstwachtmeister, Sie sind
gar zu gütig, dieser Kleinigkeiten zu erwähnen, und wenn es nicht
hinsichtlich des Weines ein Kompliment ist, und derselbe Ihnen wirk¬
lich schmeckt, so werde ich Sie bitten, ein halbes Eimerchen davon mit
nach Hause zu nehmen. Ich habe ihn schon abziehen lassen und
ich hoffe, Sie werden mir diese Bitte nicht abschlagen. — Da hat
dieser Mensch gewiß geplaudert, — indem er auf mich zeigte, — ich
werde ihm die Rippen einschlagen, sobald wir allein sind, sagte mein
Herr, und ich kannte ihn zu gut, als daß ich geglaubt hätte, daß es sein
Ernst sei.— Herr Oberstwachtmeister, müssen mir schon verzeihen, daß
ich mich unterstanden habe, Ihnen diesen Antrag zu machen, Ihr
Kanonier hat zu mir nur gesagt, daß Ihnen mein Wein schmecke,
und ich mache mir ein Vergnügen daraus, wenn Sie mein Anerbieten


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[0520] nach dem vorhandenen Plane vollendet hätte, woran natürlich unter Oesterreich gar nicht mehr zu gedenken sei. Während wir, wie die übereilten PostPferde, um die Wette schmausten, hatte der auf vierzehntägiger Wache in diesem Fort stehende, wie ich vernahm, sehr verschuldete Fähnrich eines italieni¬ schen Infanterieregiments, die Herr.'« sämmtlich mit Cypern- und Mal- vasier-Wein, Rvsoglio und Gefrornem, dann mit allerhand feinen Zuckerbäckereien, mit Brot und Schinken uno mit Obst bewirthet. Nachdem Alles aufgezehrt war, begaben sich die Herren in die Festungswerke und ich folgte nach. — Die Ingenieur-Offiziere be¬ stiegen, als auch die Tafel vorüber war, ihre Maulesel, die Artille¬ rie-Offiziere gingen zu Fuß. War das Hinaufsteigen beschwerlich, so war das Hinabsteigen äußerst gefährlich, und ich mußte sogar meinen Herrn, dem. der genossene Wein einen Schwindel verursachte, hinabführen. Hör' er, sagte er zu mir, wenn ich ihn nicht bei mir hätte, so müßte ich mich niederlegen und mich wie ein Faß hinab¬ wälzen, so schwindelt mir der Kopf. Als wir zu Hause anlangten und ich meinen Herrn entklei¬ dete, stattete die Frau Posto-Commandantin ihrem Gaste einen Be¬ such ab und erzählte ihm, daß sie eine große Langeweile gehabt habe weil sie immer allein sein müsse. Es ist mir sehr leid, meine Gnädige, sprach der Major, daß ich Ihnen immer ihren Pauli ent¬ führe und alles Gute, was Sie mir erweisen, mit Bösem vergelte. Ihres herrlichen Weins wegen wünschte ich, ich könnte Ihnen einen Gefallen erweisen. — O, bester Herr Oberstwachtmeister, Sie sind gar zu gütig, dieser Kleinigkeiten zu erwähnen, und wenn es nicht hinsichtlich des Weines ein Kompliment ist, und derselbe Ihnen wirk¬ lich schmeckt, so werde ich Sie bitten, ein halbes Eimerchen davon mit nach Hause zu nehmen. Ich habe ihn schon abziehen lassen und ich hoffe, Sie werden mir diese Bitte nicht abschlagen. — Da hat dieser Mensch gewiß geplaudert, — indem er auf mich zeigte, — ich werde ihm die Rippen einschlagen, sobald wir allein sind, sagte mein Herr, und ich kannte ihn zu gut, als daß ich geglaubt hätte, daß es sein Ernst sei.— Herr Oberstwachtmeister, müssen mir schon verzeihen, daß ich mich unterstanden habe, Ihnen diesen Antrag zu machen, Ihr Kanonier hat zu mir nur gesagt, daß Ihnen mein Wein schmecke, und ich mache mir ein Vergnügen daraus, wenn Sie mein Anerbieten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/520>, abgerufen am 23.07.2024.