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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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frappante Aehnlichkeit hatte und höchst wahrscheinlich auch von den
gewöhnlichen Compagnie-Ersparnissen herrührte. Unter einem großen
Spiegel, der nur vor fremden Personen entschleiert zu werden pflegte,
jedoch zum Hausgebräuche niemals diente, stand ein bunt gefärbtes
Kanapee. Die Frau Postocommandantin hatte dieses Möbel, sobald
sie die Ankunft des visitirenden Commandanten erfuhr, aus ihrem
Sitzzimmer in jenes des hohen Gastes übertragen lassen, und da
selbes von vielem Gebrauch etwas abgenützt war, so verfiel sie auf
die Idee, den Ueberzug zu renovircn. Sie benutzte hiezu ihre aus
der Mode gekommenen seidenen Schürzen. Sie wählte unter diesen
nur die Hauptfarben aus, so daß der Ueberzug wie ein schöner Re¬
genbogen aussah. Neben diesem Kanapee standen zu beiden Seiten
zwei mit rothem Artillerietuch überzogene Stühle, vor denselben stand
ein Schreibtisch, auf welchem die gesammelten Notizen auf der Vi¬
sitationsreise zu Papier gebracht, geordnet, corrigirt und recorrigirt
und endlich in eine Relation übergingen, die an die hohe Artillerie-
Stelle nach Wien zur Benützung des Beamtenpersonals jederzeit ein¬
gesendet werden muß. Ein schöner polirter Schubladkasten, auf wel¬
chem ein Jesuskindlein unter einem gläsernen Sturze schelmisch lä¬
chelte, und worauf die prahlende Hausfrau ihre Porzellanschalen und
geschliffenen Gläser symmetrisch geordnet hatte, stand dem Schreib¬
tisch gegenüber und lehnte sich an das sür den hohen Gast bereitete
Bett. Es war mit einer schneeweißen Mousselindecke, welche hin und
her in künstliche Falten gelegt, mit kunstreichen Stickereien versehen
und deren Rand mit einer geschmackvollen Einfassung versehen war,
belegt. Es war, wie die Frau Postocommandantin ihren Gast mit
einer blassen Schamröthe versicherte, ihr eigenes Brautbett, in welchem
außer ihr noch Niemand gelegen hatte, und sie bat daher ihren Stell¬
vertreter, indem sie ihm mit ihrem rechten Zeigefinger scherzend drohte,
mit einem geheimnißvollen Lächeln, mittelst welches sie den Abgang
einiger Vorderzähne offenbarte, ihr Brautbettchen nicht etwa durch
einige schlimme Gedanken zu entheiligen, welche Bitte der sechzigjäh^
rige Gast gleichfalls scherzend und dabei verdrießlich schmunzelnd als
eine reine Unmöglichkeit ablehnte. Das eine Klafter und drei Schuh
hohe und fünf Schuh breite Fenster war mit zwei blaurothen Vor¬
hängen versehen, welche bei Tage rechts und links hinter den in
der Mauer eingeschlagenen Vorhängringe" gefaltet herabhingen. Diese


Grenzboten !844. II. gz

frappante Aehnlichkeit hatte und höchst wahrscheinlich auch von den
gewöhnlichen Compagnie-Ersparnissen herrührte. Unter einem großen
Spiegel, der nur vor fremden Personen entschleiert zu werden pflegte,
jedoch zum Hausgebräuche niemals diente, stand ein bunt gefärbtes
Kanapee. Die Frau Postocommandantin hatte dieses Möbel, sobald
sie die Ankunft des visitirenden Commandanten erfuhr, aus ihrem
Sitzzimmer in jenes des hohen Gastes übertragen lassen, und da
selbes von vielem Gebrauch etwas abgenützt war, so verfiel sie auf
die Idee, den Ueberzug zu renovircn. Sie benutzte hiezu ihre aus
der Mode gekommenen seidenen Schürzen. Sie wählte unter diesen
nur die Hauptfarben aus, so daß der Ueberzug wie ein schöner Re¬
genbogen aussah. Neben diesem Kanapee standen zu beiden Seiten
zwei mit rothem Artillerietuch überzogene Stühle, vor denselben stand
ein Schreibtisch, auf welchem die gesammelten Notizen auf der Vi¬
sitationsreise zu Papier gebracht, geordnet, corrigirt und recorrigirt
und endlich in eine Relation übergingen, die an die hohe Artillerie-
Stelle nach Wien zur Benützung des Beamtenpersonals jederzeit ein¬
gesendet werden muß. Ein schöner polirter Schubladkasten, auf wel¬
chem ein Jesuskindlein unter einem gläsernen Sturze schelmisch lä¬
chelte, und worauf die prahlende Hausfrau ihre Porzellanschalen und
geschliffenen Gläser symmetrisch geordnet hatte, stand dem Schreib¬
tisch gegenüber und lehnte sich an das sür den hohen Gast bereitete
Bett. Es war mit einer schneeweißen Mousselindecke, welche hin und
her in künstliche Falten gelegt, mit kunstreichen Stickereien versehen
und deren Rand mit einer geschmackvollen Einfassung versehen war,
belegt. Es war, wie die Frau Postocommandantin ihren Gast mit
einer blassen Schamröthe versicherte, ihr eigenes Brautbett, in welchem
außer ihr noch Niemand gelegen hatte, und sie bat daher ihren Stell¬
vertreter, indem sie ihm mit ihrem rechten Zeigefinger scherzend drohte,
mit einem geheimnißvollen Lächeln, mittelst welches sie den Abgang
einiger Vorderzähne offenbarte, ihr Brautbettchen nicht etwa durch
einige schlimme Gedanken zu entheiligen, welche Bitte der sechzigjäh^
rige Gast gleichfalls scherzend und dabei verdrießlich schmunzelnd als
eine reine Unmöglichkeit ablehnte. Das eine Klafter und drei Schuh
hohe und fünf Schuh breite Fenster war mit zwei blaurothen Vor¬
hängen versehen, welche bei Tage rechts und links hinter den in
der Mauer eingeschlagenen Vorhängringe» gefaltet herabhingen. Diese


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[0505] frappante Aehnlichkeit hatte und höchst wahrscheinlich auch von den gewöhnlichen Compagnie-Ersparnissen herrührte. Unter einem großen Spiegel, der nur vor fremden Personen entschleiert zu werden pflegte, jedoch zum Hausgebräuche niemals diente, stand ein bunt gefärbtes Kanapee. Die Frau Postocommandantin hatte dieses Möbel, sobald sie die Ankunft des visitirenden Commandanten erfuhr, aus ihrem Sitzzimmer in jenes des hohen Gastes übertragen lassen, und da selbes von vielem Gebrauch etwas abgenützt war, so verfiel sie auf die Idee, den Ueberzug zu renovircn. Sie benutzte hiezu ihre aus der Mode gekommenen seidenen Schürzen. Sie wählte unter diesen nur die Hauptfarben aus, so daß der Ueberzug wie ein schöner Re¬ genbogen aussah. Neben diesem Kanapee standen zu beiden Seiten zwei mit rothem Artillerietuch überzogene Stühle, vor denselben stand ein Schreibtisch, auf welchem die gesammelten Notizen auf der Vi¬ sitationsreise zu Papier gebracht, geordnet, corrigirt und recorrigirt und endlich in eine Relation übergingen, die an die hohe Artillerie- Stelle nach Wien zur Benützung des Beamtenpersonals jederzeit ein¬ gesendet werden muß. Ein schöner polirter Schubladkasten, auf wel¬ chem ein Jesuskindlein unter einem gläsernen Sturze schelmisch lä¬ chelte, und worauf die prahlende Hausfrau ihre Porzellanschalen und geschliffenen Gläser symmetrisch geordnet hatte, stand dem Schreib¬ tisch gegenüber und lehnte sich an das sür den hohen Gast bereitete Bett. Es war mit einer schneeweißen Mousselindecke, welche hin und her in künstliche Falten gelegt, mit kunstreichen Stickereien versehen und deren Rand mit einer geschmackvollen Einfassung versehen war, belegt. Es war, wie die Frau Postocommandantin ihren Gast mit einer blassen Schamröthe versicherte, ihr eigenes Brautbett, in welchem außer ihr noch Niemand gelegen hatte, und sie bat daher ihren Stell¬ vertreter, indem sie ihm mit ihrem rechten Zeigefinger scherzend drohte, mit einem geheimnißvollen Lächeln, mittelst welches sie den Abgang einiger Vorderzähne offenbarte, ihr Brautbettchen nicht etwa durch einige schlimme Gedanken zu entheiligen, welche Bitte der sechzigjäh^ rige Gast gleichfalls scherzend und dabei verdrießlich schmunzelnd als eine reine Unmöglichkeit ablehnte. Das eine Klafter und drei Schuh hohe und fünf Schuh breite Fenster war mit zwei blaurothen Vor¬ hängen versehen, welche bei Tage rechts und links hinter den in der Mauer eingeschlagenen Vorhängringe» gefaltet herabhingen. Diese Grenzboten !844. II. gz

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/505>, abgerufen am 23.12.2024.