Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.wägt, wenn man bedenkt, daß es einen Friedrich den Großen hatte, "Eben hatte ich einen Brief angefangen über die Mißbräuche "Fast nie sind die Menschen an Plätzen, die sie sich selbst wäh¬ "Die deutschen Prinzen verachten gemeiniglich die Gelehrten. mich überhaupt nicht für das Zeitalter geschaffen fühle, in dem wir Diese und andere für einen regierenden Fürsten doppelt rühm¬ Grenjboten 1844. >i.
wägt, wenn man bedenkt, daß es einen Friedrich den Großen hatte, „Eben hatte ich einen Brief angefangen über die Mißbräuche „Fast nie sind die Menschen an Plätzen, die sie sich selbst wäh¬ „Die deutschen Prinzen verachten gemeiniglich die Gelehrten. mich überhaupt nicht für das Zeitalter geschaffen fühle, in dem wir Diese und andere für einen regierenden Fürsten doppelt rühm¬ Grenjboten 1844. >i.
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wägt, wenn man bedenkt, daß es einen Friedrich den Großen hatte,
von dem hier nur folgende Aussprüche angeführt sein mögen:
„Eben hatte ich einen Brief angefangen über die Mißbräuche
der Mode und der Gewohnheit, als die Gewohnheit des Erstgeburts¬
rechts mich auf den Thron rief und mir meinen Brief wegzulegen
befahl. Gern hätte ich ihn in eine Satyre gegen diese Gewohnheit
umgeändert, wenn nicht Satyre aus dem Munde eines Fürsten ver¬
bannt sein müßte"; oder:
„Fast nie sind die Menschen an Plätzen, die sie sich selbst wäh¬
len würden; daher gibt es so viele schlechte Schuster, schlechte Prie¬
ster, schlechte Minister und schlechte Fürsten"; oder:
„Die deutschen Prinzen verachten gemeiniglich die Gelehrten.
Die unmodische Kleidung, der Bücherstaub, der diesen etwa anhängt,
und das wenige Verhältniß, das zwischen einem kenntnißreichen Kopf
und dem leeren Hirn dieser Herren stattfinden kann, machen, daß
sie sich über ihr Aeußeres aufhalten und den großen Mann ohne
Hofkleid gar nicht gewahr werden. Der Höfling hält das Urtheil
des Fürsten zu hoch, als daß er anders als Er zu denken sich ge¬
trauen sollte; sie affectiren also auch, die zu verachten, welche tau¬
sendmal mehr als sie selbst werth sind.----Ich, der ich
mich überhaupt nicht für das Zeitalter geschaffen fühle, in dem wir
leben, mag dem Beispiele meiner Herren Mitbrüder nicht nachfolgen;
ich predige ihnen unaufhörlich, daß der Gipfel der Unwissenheit
Hochmuth sei, und glaube, daß ein großer Mann, der über mir ist
auch meine Achtung verdiene."
Diese und andere für einen regierenden Fürsten doppelt rühm¬
liche Aeußerungen findet man in Friedrich's des Großen: „Oeuvres
uostlmmks", bei Herder in Auswahl und Uebersetzung in demjeni¬
gen Bande seiner Werke, welcher den Titel „Zur Philosophie und
Geschichte" trägt. Man wird allerdings erstaunt sein, auf diese Ci¬
tate in einer Correspondenz aus München unversehens zu stoßen oder
gestoßen zu werden; sie verdienen indeß angeführt zu werden, selbst
wenn man aus dem Peter- und Paulshafen in Kamtschatka oder
aus Upernamik in Grönland correspondirte. Friedrich der Große ge¬
hört auch zu den Vertretern des freieren Geistes in Deutschland, die
man mit deutscher Undankbarkeit jetzt absichtlich verkennt und welche
vergebens gepredigt und umsonst sich bemüht haben, ter stumpfen,
Grenjboten 1844. >i.
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