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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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und sehr gut bezahlt, und in Mantua und Venedig sind diese
Vcrmiethungen eine schöne Hilfsquelle für die dortigen Commandanten.

Um den Soldaten einen billigen Trunk zu verschaffen, ist es
von höheren Orten gestattet worden, daß in den Kasernen der Aus¬
schau! der Getränke, mit Ausnahme des Ausschankö über die Gasse,
Militärpersonen überlassen werden darf. Daher sind auch jene Indi¬
viduen, welche sich mit der Marketendern befassen, von allen Abga¬
ben, denen die Wirthe unterliegen, befreit, und es wäre gewiß eine
nicht kleine Wohlthat für den Soldaten, wenn diese wohlmeinende
Absicht der hohen Vorgesetzten in ihrer Reinheit und ungetrübt erfüllt
würde. So lange das bsno des Auöschankeö einem mit Familie
belasteten Unteroffizier oder Gemeinen ohne Steuer und ohne Entgelt
überlassen wurde, fand der Soldat um billigen Preis einen guten
Trunk und um etliche Kreuzer etwas Warmes zum Essen, er durfte
nicht, vom Ererciren und von andern Fatiguen abgemattet, eine Vier¬
tel-Stunde vor die Kaserne laufen, um sich eine kleine Erfrischung
zu kaufen. Er rastete aus, brachte weniger Geld an, blieb mehr in
der Kaserne unter den Augen der Vorgesetzten und beging viele Aus¬
schweifungen und Excesse nicht, wozu ihn außer der Kaserne häu¬
figere Gelegenheit verführt und ihm barbarische Züchtigungen zuzieht.
-- Was geschieht jetzt? -- Nachdem sich einige arme Teufel von
Unteroffiziers und Gemeinen durch kleinen Gewinn ein Bischen auf¬
geholfen haben, wurde selben Anfangs unter irgend einem Verwände,
z. B. zur Beleuchtung der Kaserne eine kleine Auflage aufgebürdet,
hernach erwachte der Neid unter den Kameraden selbst, -- es mußte
alle Jahre gewechselt werden, damit sich ein Einziger nicht zu sehr
bereichere. Dieses ging noch Alles an, obschon der Wechsel selbst
zu fernern Mißbräuchen den Grund legte. Nun stand es dem Com¬
mandanten frei, das Recht des Ausschanks an seine Günstlinge zu
vergeben, und wenn man noch keinen Zins wie jetzt zu fordern
wagte, wurden doch leicht Mittel gefunden, diese einträgliche Befug-
niß demjenigen zu ertheilen, der der Klügste unter den Kompetenten
war, -- der nämlich am besten zu schmieren verstand.

Nachdem endlich der Gebrauch geheiligt und es kein Geheimniß
mehr war, daß die Befugniß des Ausschankcs beim Commandanten
erschlichen und zugleich auch erkauft werden müsse, so wagten es viele
Commandanten, um allen Parteilichkeiten ein Ende zu machen, den


und sehr gut bezahlt, und in Mantua und Venedig sind diese
Vcrmiethungen eine schöne Hilfsquelle für die dortigen Commandanten.

Um den Soldaten einen billigen Trunk zu verschaffen, ist es
von höheren Orten gestattet worden, daß in den Kasernen der Aus¬
schau! der Getränke, mit Ausnahme des Ausschankö über die Gasse,
Militärpersonen überlassen werden darf. Daher sind auch jene Indi¬
viduen, welche sich mit der Marketendern befassen, von allen Abga¬
ben, denen die Wirthe unterliegen, befreit, und es wäre gewiß eine
nicht kleine Wohlthat für den Soldaten, wenn diese wohlmeinende
Absicht der hohen Vorgesetzten in ihrer Reinheit und ungetrübt erfüllt
würde. So lange das bsno des Auöschankeö einem mit Familie
belasteten Unteroffizier oder Gemeinen ohne Steuer und ohne Entgelt
überlassen wurde, fand der Soldat um billigen Preis einen guten
Trunk und um etliche Kreuzer etwas Warmes zum Essen, er durfte
nicht, vom Ererciren und von andern Fatiguen abgemattet, eine Vier¬
tel-Stunde vor die Kaserne laufen, um sich eine kleine Erfrischung
zu kaufen. Er rastete aus, brachte weniger Geld an, blieb mehr in
der Kaserne unter den Augen der Vorgesetzten und beging viele Aus¬
schweifungen und Excesse nicht, wozu ihn außer der Kaserne häu¬
figere Gelegenheit verführt und ihm barbarische Züchtigungen zuzieht.
— Was geschieht jetzt? — Nachdem sich einige arme Teufel von
Unteroffiziers und Gemeinen durch kleinen Gewinn ein Bischen auf¬
geholfen haben, wurde selben Anfangs unter irgend einem Verwände,
z. B. zur Beleuchtung der Kaserne eine kleine Auflage aufgebürdet,
hernach erwachte der Neid unter den Kameraden selbst, — es mußte
alle Jahre gewechselt werden, damit sich ein Einziger nicht zu sehr
bereichere. Dieses ging noch Alles an, obschon der Wechsel selbst
zu fernern Mißbräuchen den Grund legte. Nun stand es dem Com¬
mandanten frei, das Recht des Ausschanks an seine Günstlinge zu
vergeben, und wenn man noch keinen Zins wie jetzt zu fordern
wagte, wurden doch leicht Mittel gefunden, diese einträgliche Befug-
niß demjenigen zu ertheilen, der der Klügste unter den Kompetenten
war, — der nämlich am besten zu schmieren verstand.

Nachdem endlich der Gebrauch geheiligt und es kein Geheimniß
mehr war, daß die Befugniß des Ausschankcs beim Commandanten
erschlichen und zugleich auch erkauft werden müsse, so wagten es viele
Commandanten, um allen Parteilichkeiten ein Ende zu machen, den


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[0468] und sehr gut bezahlt, und in Mantua und Venedig sind diese Vcrmiethungen eine schöne Hilfsquelle für die dortigen Commandanten. Um den Soldaten einen billigen Trunk zu verschaffen, ist es von höheren Orten gestattet worden, daß in den Kasernen der Aus¬ schau! der Getränke, mit Ausnahme des Ausschankö über die Gasse, Militärpersonen überlassen werden darf. Daher sind auch jene Indi¬ viduen, welche sich mit der Marketendern befassen, von allen Abga¬ ben, denen die Wirthe unterliegen, befreit, und es wäre gewiß eine nicht kleine Wohlthat für den Soldaten, wenn diese wohlmeinende Absicht der hohen Vorgesetzten in ihrer Reinheit und ungetrübt erfüllt würde. So lange das bsno des Auöschankeö einem mit Familie belasteten Unteroffizier oder Gemeinen ohne Steuer und ohne Entgelt überlassen wurde, fand der Soldat um billigen Preis einen guten Trunk und um etliche Kreuzer etwas Warmes zum Essen, er durfte nicht, vom Ererciren und von andern Fatiguen abgemattet, eine Vier¬ tel-Stunde vor die Kaserne laufen, um sich eine kleine Erfrischung zu kaufen. Er rastete aus, brachte weniger Geld an, blieb mehr in der Kaserne unter den Augen der Vorgesetzten und beging viele Aus¬ schweifungen und Excesse nicht, wozu ihn außer der Kaserne häu¬ figere Gelegenheit verführt und ihm barbarische Züchtigungen zuzieht. — Was geschieht jetzt? — Nachdem sich einige arme Teufel von Unteroffiziers und Gemeinen durch kleinen Gewinn ein Bischen auf¬ geholfen haben, wurde selben Anfangs unter irgend einem Verwände, z. B. zur Beleuchtung der Kaserne eine kleine Auflage aufgebürdet, hernach erwachte der Neid unter den Kameraden selbst, — es mußte alle Jahre gewechselt werden, damit sich ein Einziger nicht zu sehr bereichere. Dieses ging noch Alles an, obschon der Wechsel selbst zu fernern Mißbräuchen den Grund legte. Nun stand es dem Com¬ mandanten frei, das Recht des Ausschanks an seine Günstlinge zu vergeben, und wenn man noch keinen Zins wie jetzt zu fordern wagte, wurden doch leicht Mittel gefunden, diese einträgliche Befug- niß demjenigen zu ertheilen, der der Klügste unter den Kompetenten war, — der nämlich am besten zu schmieren verstand. Nachdem endlich der Gebrauch geheiligt und es kein Geheimniß mehr war, daß die Befugniß des Ausschankcs beim Commandanten erschlichen und zugleich auch erkauft werden müsse, so wagten es viele Commandanten, um allen Parteilichkeiten ein Ende zu machen, den

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/468>, abgerufen am 25.08.2024.