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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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Jrrlichtertanz kreisen die Sterne seines Schicksals; ich fürchte sehr, sie
werden in den Abgrund taumeln.


Se. Just. Du bist zag, Robespierre! Hat der Convent Dich
eingeschüchtert? O wir wollen morgen diesen weisen Ephoren ihr
Weisheitömonopol in's Gesicht werfen, daß sie dasitzen sollen wie die
Schuljungen.
Couthon. Na, na, na! Die Opposition ist nicht zu verach¬
ten. --
Coffinhal. Sie ist zu verachten, denn sie ist charakterlos
und ephemer.
Se. Just. Sie ist aus den buntesten Fetzen zusammengeflickt,
wie eine Narrenjacke. Wir wollen sie ihnen ausklopfen, daß ihnen
die Watte in's Gesicht stiebt.
Robespierre. Ich weiß nicht, wie's kommt -- ich bin heute
so traurig. Selbst nicht der Jubel meiner Jacobiner könnte mich
trösten. Ewig der alte Kampf erneuert! Die athemlose Furie der
Verwüstung rast durch dies Land -- und der Schrecken nimmt kein
Ende. Die Menschheit muß sich schwer versündigt haben, daß so
viel tausend Opfer ihre Schuld nicht sühnen.
Se. Just. Das ist das blutige Morgenroth des neuen Tages!
Verzweifle nicht, Robespierre! Wir sind noch lange nicht quitt mit
den Scheiterhaufen der Inquisition.
Cone hon. Und mit den Bluthochzeiten der Könige und
Pfaffen.
Robespierre. Wohlan denn, wir wollen sie zu Ende träu¬
men, die heilige Bartholomäusnacht der Freiheit.
Coinhal. Vergiß unseren Antrag nicht, Robespierre.
acobiner. Vergiß ihn nicht!
Robespierre. Der morgende Tag liegt vor dem Gedanken,
wie ein schwerer Riegel! -- Mir ist oft, als hörte ich den Sturm
der Geschichte, wie er das welke Herbstlaub schüttelt von den Bäu¬
men. -- Auch unser Frühling ist längst vorüber. Ich bin ein mor¬
scher Baum, weshalb wollt Ihr mich mit den Trophäen des Sieges
behängen? Neue Geschlechter erstehen in Jugendkraft. Wir werden
verabschiedet vom Schicksal! -- Legt mir die Kränze auf den Sarg
statt sie mir um's Haupt zu schlingen!
Se. Just. Du bist heute kleinmüthig!
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Jrrlichtertanz kreisen die Sterne seines Schicksals; ich fürchte sehr, sie
werden in den Abgrund taumeln.


Se. Just. Du bist zag, Robespierre! Hat der Convent Dich
eingeschüchtert? O wir wollen morgen diesen weisen Ephoren ihr
Weisheitömonopol in's Gesicht werfen, daß sie dasitzen sollen wie die
Schuljungen.
Couthon. Na, na, na! Die Opposition ist nicht zu verach¬
ten. —
Coffinhal. Sie ist zu verachten, denn sie ist charakterlos
und ephemer.
Se. Just. Sie ist aus den buntesten Fetzen zusammengeflickt,
wie eine Narrenjacke. Wir wollen sie ihnen ausklopfen, daß ihnen
die Watte in's Gesicht stiebt.
Robespierre. Ich weiß nicht, wie's kommt — ich bin heute
so traurig. Selbst nicht der Jubel meiner Jacobiner könnte mich
trösten. Ewig der alte Kampf erneuert! Die athemlose Furie der
Verwüstung rast durch dies Land — und der Schrecken nimmt kein
Ende. Die Menschheit muß sich schwer versündigt haben, daß so
viel tausend Opfer ihre Schuld nicht sühnen.
Se. Just. Das ist das blutige Morgenroth des neuen Tages!
Verzweifle nicht, Robespierre! Wir sind noch lange nicht quitt mit
den Scheiterhaufen der Inquisition.
Cone hon. Und mit den Bluthochzeiten der Könige und
Pfaffen.
Robespierre. Wohlan denn, wir wollen sie zu Ende träu¬
men, die heilige Bartholomäusnacht der Freiheit.
Coinhal. Vergiß unseren Antrag nicht, Robespierre.
acobiner. Vergiß ihn nicht!
Robespierre. Der morgende Tag liegt vor dem Gedanken,
wie ein schwerer Riegel! — Mir ist oft, als hörte ich den Sturm
der Geschichte, wie er das welke Herbstlaub schüttelt von den Bäu¬
men. — Auch unser Frühling ist längst vorüber. Ich bin ein mor¬
scher Baum, weshalb wollt Ihr mich mit den Trophäen des Sieges
behängen? Neue Geschlechter erstehen in Jugendkraft. Wir werden
verabschiedet vom Schicksal! — Legt mir die Kränze auf den Sarg
statt sie mir um's Haupt zu schlingen!
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[0451] Jrrlichtertanz kreisen die Sterne seines Schicksals; ich fürchte sehr, sie werden in den Abgrund taumeln. Se. Just. Du bist zag, Robespierre! Hat der Convent Dich eingeschüchtert? O wir wollen morgen diesen weisen Ephoren ihr Weisheitömonopol in's Gesicht werfen, daß sie dasitzen sollen wie die Schuljungen. Couthon. Na, na, na! Die Opposition ist nicht zu verach¬ ten. — Coffinhal. Sie ist zu verachten, denn sie ist charakterlos und ephemer. Se. Just. Sie ist aus den buntesten Fetzen zusammengeflickt, wie eine Narrenjacke. Wir wollen sie ihnen ausklopfen, daß ihnen die Watte in's Gesicht stiebt. Robespierre. Ich weiß nicht, wie's kommt — ich bin heute so traurig. Selbst nicht der Jubel meiner Jacobiner könnte mich trösten. Ewig der alte Kampf erneuert! Die athemlose Furie der Verwüstung rast durch dies Land — und der Schrecken nimmt kein Ende. Die Menschheit muß sich schwer versündigt haben, daß so viel tausend Opfer ihre Schuld nicht sühnen. Se. Just. Das ist das blutige Morgenroth des neuen Tages! Verzweifle nicht, Robespierre! Wir sind noch lange nicht quitt mit den Scheiterhaufen der Inquisition. Cone hon. Und mit den Bluthochzeiten der Könige und Pfaffen. Robespierre. Wohlan denn, wir wollen sie zu Ende träu¬ men, die heilige Bartholomäusnacht der Freiheit. Coinhal. Vergiß unseren Antrag nicht, Robespierre. acobiner. Vergiß ihn nicht! Robespierre. Der morgende Tag liegt vor dem Gedanken, wie ein schwerer Riegel! — Mir ist oft, als hörte ich den Sturm der Geschichte, wie er das welke Herbstlaub schüttelt von den Bäu¬ men. — Auch unser Frühling ist längst vorüber. Ich bin ein mor¬ scher Baum, weshalb wollt Ihr mich mit den Trophäen des Sieges behängen? Neue Geschlechter erstehen in Jugendkraft. Wir werden verabschiedet vom Schicksal! — Legt mir die Kränze auf den Sarg statt sie mir um's Haupt zu schlingen! Se. Just. Du bist heute kleinmüthig! 5K»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/451>, abgerufen am 23.07.2024.