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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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e von Moritz Hartmann. Gedicht



Wie Drei.
j
Im Ungarland, bei einem Pustawirthe,
Da sitzen drei in Sturm und Nacht Verirrte,
Im Ungarlande, wo des Zufalls Wind
Zusammentreibt verschied'ner Länder Kind.
Ihr Augenlicht -- verschied'ner Flammen Gluthen,
Ihr Lockenhaar -- verschied'ner Ströme Fluchen,
Doch ihre Herzen, ihre wunden Herzen
Die Thränenurnen fast derselben Schmerzen.,
Der Eine ruft: Ihr schweigsamen Gesellen,
Soll kein Toast der Zecher Trinklust schwellen?
Ich bring' es Euch -- dem Vaterland! wohlan!
Es lebe frei und groß -- Stoßt an! Stoßt an!
Dem Vaterland! Ich aber selbst bin Einer,
Der sein's nicht kennt, denn ich bin ein Zigeuner,
Mein Vaterland liegt in der Sagenwelt,
Im Geigenton, von Schmerz und Sturm geschwellt.
Ich ziehe schwärmend über Haid' und Puste
Und denke nach dem schmerzlichen Verluste,
Doch bin ich längst der Heimathluft entwöhnt
Und denk' Egyptens, wenn das Cymbal tönt.

53-"-
e von Moritz Hartmann. Gedicht



Wie Drei.
j
Im Ungarland, bei einem Pustawirthe,
Da sitzen drei in Sturm und Nacht Verirrte,
Im Ungarlande, wo des Zufalls Wind
Zusammentreibt verschied'ner Länder Kind.
Ihr Augenlicht — verschied'ner Flammen Gluthen,
Ihr Lockenhaar — verschied'ner Ströme Fluchen,
Doch ihre Herzen, ihre wunden Herzen
Die Thränenurnen fast derselben Schmerzen.,
Der Eine ruft: Ihr schweigsamen Gesellen,
Soll kein Toast der Zecher Trinklust schwellen?
Ich bring' es Euch — dem Vaterland! wohlan!
Es lebe frei und groß — Stoßt an! Stoßt an!
Dem Vaterland! Ich aber selbst bin Einer,
Der sein's nicht kennt, denn ich bin ein Zigeuner,
Mein Vaterland liegt in der Sagenwelt,
Im Geigenton, von Schmerz und Sturm geschwellt.
Ich ziehe schwärmend über Haid' und Puste
Und denke nach dem schmerzlichen Verluste,
Doch bin ich längst der Heimathluft entwöhnt
Und denk' Egyptens, wenn das Cymbal tönt.

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[0427] e von Moritz Hartmann. Gedicht Wie Drei. j Im Ungarland, bei einem Pustawirthe, Da sitzen drei in Sturm und Nacht Verirrte, Im Ungarlande, wo des Zufalls Wind Zusammentreibt verschied'ner Länder Kind. Ihr Augenlicht — verschied'ner Flammen Gluthen, Ihr Lockenhaar — verschied'ner Ströme Fluchen, Doch ihre Herzen, ihre wunden Herzen Die Thränenurnen fast derselben Schmerzen., Der Eine ruft: Ihr schweigsamen Gesellen, Soll kein Toast der Zecher Trinklust schwellen? Ich bring' es Euch — dem Vaterland! wohlan! Es lebe frei und groß — Stoßt an! Stoßt an! Dem Vaterland! Ich aber selbst bin Einer, Der sein's nicht kennt, denn ich bin ein Zigeuner, Mein Vaterland liegt in der Sagenwelt, Im Geigenton, von Schmerz und Sturm geschwellt. Ich ziehe schwärmend über Haid' und Puste Und denke nach dem schmerzlichen Verluste, Doch bin ich längst der Heimathluft entwöhnt Und denk' Egyptens, wenn das Cymbal tönt. 53-«-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/427>, abgerufen am 23.07.2024.