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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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der meinigen, überlassen kann, das Wirken jenes Mannes seinem
ganzen Umfange nach darzustellen, wenn gleich keine in lauterer Ab¬
sicht ergriffen worden ist.
Mir elbt war es nur willkommen, einen Anlaß unden

,um
meine lang im Stillen gehegte hohe Verehrung für ein so seltenes
Wirken an den Tag zu legen. Aber ich glaube dieselbe nur in ei¬
nem gesteigerten Grade darzustellen, wenn ich zum Schlüsse kurz und
unverhüllt auch des vernommenen leisen Tadels erwähne, wofür ich
in meiner eigenen Beschränktheit und Kurzsichtigkeit nicht gleich die
entsprechende Entgegnung zur Hand fand. Dahin gehört z. B. die
Behandlung der älteren Staatsgläubiger, der Besitzer sowohl der so¬
genannten Domestical- als Aerarialvcrschreibungen; erstere sind noch
immer nicht vollständig in die ihnen unzweideutig gebührenden Rechte
eingesetzt, letztere, wie es heißt, dadurch beeinträchtigt, daß die ver¬
möge Patents vom Jahre 1818 zugesicherten Ankäufe seit einigen
Jahren fast gänzlich unterblieben, und dafür die herbeizuschaffenden
Stücke von anderweitigen Fonds genommen werden, wiewohl ein
solches Verfahren höchstens in erceptionellcr Weise einen Anhalts¬
punkt in den Bestimmungen jenes Patents fände. Dahin gehörte
z. B. ferner die Frage hinsichtlich des Fortbestehens der Frohnen in
Böhmen, welche mit einer Verbesserung der Lage des Ackerbauers
und aller auf Arbeit und Taglohn hingcwiesenen Classen kaum ver¬
einbar scheinen. Dahin gehörte endlich die Lösung des Problems,
wie in einem Staate, der sich in mancher Hinsicht der europäischen
Civilisation voranstellt und in keiner gänzlich zurückzubleiben gedenken
dürfte, sogenannte Judensteuern, auf das Bekenntniß und die
Ausübung einer förmlich geduldeten Religion gesetzt, fortbestehen kön¬
nen. Endlich fielen in gegenwärtigem Zeitpunkt des Wiedcraufblühens
der österreichischen Finanzen die gedachten Mißbräuche um so mehr
auf, als sich mehr als Ein Acquival.ut für die durch deren Abstel¬
lung verursachten Lücken sowohl durch Zuwachs der Einkünfte als
durch Ersparung in den Ausgaben ergeben haben müßte, und, um
nur eines Theils der ersteren zu gedenken, die indirecten Steuern al¬
lein seit fünfzehn Jahren, wie es mehrfach bekannt gemacht worden
ist, einen jährlichen Mehrertrag von sechsunddreißig Millionen aus¬
weisen. Vielleicht geht man zu weit, wenn man die Macht, solche
Anomalien abzustellen, dem Ressort der Finanzverwaltung zuschreibt,
Grcnzbot-" II.


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der meinigen, überlassen kann, das Wirken jenes Mannes seinem
ganzen Umfange nach darzustellen, wenn gleich keine in lauterer Ab¬
sicht ergriffen worden ist.
Mir elbt war es nur willkommen, einen Anlaß unden

,um
meine lang im Stillen gehegte hohe Verehrung für ein so seltenes
Wirken an den Tag zu legen. Aber ich glaube dieselbe nur in ei¬
nem gesteigerten Grade darzustellen, wenn ich zum Schlüsse kurz und
unverhüllt auch des vernommenen leisen Tadels erwähne, wofür ich
in meiner eigenen Beschränktheit und Kurzsichtigkeit nicht gleich die
entsprechende Entgegnung zur Hand fand. Dahin gehört z. B. die
Behandlung der älteren Staatsgläubiger, der Besitzer sowohl der so¬
genannten Domestical- als Aerarialvcrschreibungen; erstere sind noch
immer nicht vollständig in die ihnen unzweideutig gebührenden Rechte
eingesetzt, letztere, wie es heißt, dadurch beeinträchtigt, daß die ver¬
möge Patents vom Jahre 1818 zugesicherten Ankäufe seit einigen
Jahren fast gänzlich unterblieben, und dafür die herbeizuschaffenden
Stücke von anderweitigen Fonds genommen werden, wiewohl ein
solches Verfahren höchstens in erceptionellcr Weise einen Anhalts¬
punkt in den Bestimmungen jenes Patents fände. Dahin gehörte
z. B. ferner die Frage hinsichtlich des Fortbestehens der Frohnen in
Böhmen, welche mit einer Verbesserung der Lage des Ackerbauers
und aller auf Arbeit und Taglohn hingcwiesenen Classen kaum ver¬
einbar scheinen. Dahin gehörte endlich die Lösung des Problems,
wie in einem Staate, der sich in mancher Hinsicht der europäischen
Civilisation voranstellt und in keiner gänzlich zurückzubleiben gedenken
dürfte, sogenannte Judensteuern, auf das Bekenntniß und die
Ausübung einer förmlich geduldeten Religion gesetzt, fortbestehen kön¬
nen. Endlich fielen in gegenwärtigem Zeitpunkt des Wiedcraufblühens
der österreichischen Finanzen die gedachten Mißbräuche um so mehr
auf, als sich mehr als Ein Acquival.ut für die durch deren Abstel¬
lung verursachten Lücken sowohl durch Zuwachs der Einkünfte als
durch Ersparung in den Ausgaben ergeben haben müßte, und, um
nur eines Theils der ersteren zu gedenken, die indirecten Steuern al¬
lein seit fünfzehn Jahren, wie es mehrfach bekannt gemacht worden
ist, einen jährlichen Mehrertrag von sechsunddreißig Millionen aus¬
weisen. Vielleicht geht man zu weit, wenn man die Macht, solche
Anomalien abzustellen, dem Ressort der Finanzverwaltung zuschreibt,
Grcnzbot-» II.


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[0425] der meinigen, überlassen kann, das Wirken jenes Mannes seinem ganzen Umfange nach darzustellen, wenn gleich keine in lauterer Ab¬ sicht ergriffen worden ist. Mir elbt war es nur willkommen, einen Anlaß unden ,um meine lang im Stillen gehegte hohe Verehrung für ein so seltenes Wirken an den Tag zu legen. Aber ich glaube dieselbe nur in ei¬ nem gesteigerten Grade darzustellen, wenn ich zum Schlüsse kurz und unverhüllt auch des vernommenen leisen Tadels erwähne, wofür ich in meiner eigenen Beschränktheit und Kurzsichtigkeit nicht gleich die entsprechende Entgegnung zur Hand fand. Dahin gehört z. B. die Behandlung der älteren Staatsgläubiger, der Besitzer sowohl der so¬ genannten Domestical- als Aerarialvcrschreibungen; erstere sind noch immer nicht vollständig in die ihnen unzweideutig gebührenden Rechte eingesetzt, letztere, wie es heißt, dadurch beeinträchtigt, daß die ver¬ möge Patents vom Jahre 1818 zugesicherten Ankäufe seit einigen Jahren fast gänzlich unterblieben, und dafür die herbeizuschaffenden Stücke von anderweitigen Fonds genommen werden, wiewohl ein solches Verfahren höchstens in erceptionellcr Weise einen Anhalts¬ punkt in den Bestimmungen jenes Patents fände. Dahin gehörte z. B. ferner die Frage hinsichtlich des Fortbestehens der Frohnen in Böhmen, welche mit einer Verbesserung der Lage des Ackerbauers und aller auf Arbeit und Taglohn hingcwiesenen Classen kaum ver¬ einbar scheinen. Dahin gehörte endlich die Lösung des Problems, wie in einem Staate, der sich in mancher Hinsicht der europäischen Civilisation voranstellt und in keiner gänzlich zurückzubleiben gedenken dürfte, sogenannte Judensteuern, auf das Bekenntniß und die Ausübung einer förmlich geduldeten Religion gesetzt, fortbestehen kön¬ nen. Endlich fielen in gegenwärtigem Zeitpunkt des Wiedcraufblühens der österreichischen Finanzen die gedachten Mißbräuche um so mehr auf, als sich mehr als Ein Acquival.ut für die durch deren Abstel¬ lung verursachten Lücken sowohl durch Zuwachs der Einkünfte als durch Ersparung in den Ausgaben ergeben haben müßte, und, um nur eines Theils der ersteren zu gedenken, die indirecten Steuern al¬ lein seit fünfzehn Jahren, wie es mehrfach bekannt gemacht worden ist, einen jährlichen Mehrertrag von sechsunddreißig Millionen aus¬ weisen. Vielleicht geht man zu weit, wenn man die Macht, solche Anomalien abzustellen, dem Ressort der Finanzverwaltung zuschreibt, Grcnzbot-» II. HZ

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/425>, abgerufen am 23.07.2024.