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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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Laune in Vollzug zu setzen, und das Ausland baute und manöuv-
ritte mit unserm Gelde, während wir .....

Aber sie sprachen nicht weiter, denn eine glücklichere Stunde
hatte für Oesterreichs Finanz-Bank und Mercantilwesen geschlagen,
wenn gleich ihre ersten Töne ernst erklangen, und manchem unrett-
bar Verlornen zum Grabgeläute wurden.




Der Freiherr von Kübeck, dessen äußere Persönlichkeit sich bereits
im eingangserwähnten Aufsatz skizzirt findet, war im Staatsdienste
ergraut und hatte in mancher stürmevollcn Zeit mit am Ruder ge-
sessen. Wie der erfahrne Steuermann am scheinbar heiteren Himmel
das aufsteigende unheilvolle Wetter wahrnimmt, so konnte auch sei¬
nem Scharfblick das Gefahrvolle der geschilderten trüglichen, unhalt¬
baren Verhältnisse nicht entgehen. Als hoher Staatsbeamter war
Freiherr von Kübeck schon seit mehr als einem Viertel-Jahrhundert
rühmlich bekannt gewesen, ob er aber als Financier der jetzigen kri¬
tischen Lage gewachsen sei, darüber wechselten Hoffnungen und Be¬
sorgnisse. Nur ein Ruf ging von Mund zu Mund: "Da kömmt
einmal ein grundehrlicher Mann ans Ruder." Aber die
weitere Zeitfolge sollte noch etwas mehr an Freiherrn von Kübeck
erweisen.

Zur strengsten Rechtlichkeit gesellten sich bei Freiherrn von Kü¬
beck noch drei andere Eigenschaften, in seiner so schwierigen Stellung
von unschätzbarem Werthe, Scharfblick, Muth und Energie.
Er hatte das Uebel in seiner ganzen Tiefe entdeckt und erkannt, daß
man mit Pflaster und Salbe hier nicht ausreiche, sondern frisch
und herzhaft, aber besonnen zugleich schneiden müsse, unbekümmert
des wilden Fleisches, das bei der Operation wegzuschaffen sei. Nun
kümmerte ihn nicht mehr irgend ein Geschrei, kam es aus den Höhen
oder Niederungen; unaufhaltsam verfolgte er sein Ziel, das zunächst
auf Wiederherstellung des blosgestellten Bankkredits gerichtet ward,
und es ist zu bekannt, aufweiche siegreiche Weise er dasselbe erreichte,
um wieder auf's Neue darauf zurückzukommen,'zumal die Bankver¬
hältnisse in neuester Zeit späterhin noch einmal berührt werden.

Weniger besprochen als die Restriktionen des Bankcredits der


52-5

Laune in Vollzug zu setzen, und das Ausland baute und manöuv-
ritte mit unserm Gelde, während wir .....

Aber sie sprachen nicht weiter, denn eine glücklichere Stunde
hatte für Oesterreichs Finanz-Bank und Mercantilwesen geschlagen,
wenn gleich ihre ersten Töne ernst erklangen, und manchem unrett-
bar Verlornen zum Grabgeläute wurden.




Der Freiherr von Kübeck, dessen äußere Persönlichkeit sich bereits
im eingangserwähnten Aufsatz skizzirt findet, war im Staatsdienste
ergraut und hatte in mancher stürmevollcn Zeit mit am Ruder ge-
sessen. Wie der erfahrne Steuermann am scheinbar heiteren Himmel
das aufsteigende unheilvolle Wetter wahrnimmt, so konnte auch sei¬
nem Scharfblick das Gefahrvolle der geschilderten trüglichen, unhalt¬
baren Verhältnisse nicht entgehen. Als hoher Staatsbeamter war
Freiherr von Kübeck schon seit mehr als einem Viertel-Jahrhundert
rühmlich bekannt gewesen, ob er aber als Financier der jetzigen kri¬
tischen Lage gewachsen sei, darüber wechselten Hoffnungen und Be¬
sorgnisse. Nur ein Ruf ging von Mund zu Mund: „Da kömmt
einmal ein grundehrlicher Mann ans Ruder." Aber die
weitere Zeitfolge sollte noch etwas mehr an Freiherrn von Kübeck
erweisen.

Zur strengsten Rechtlichkeit gesellten sich bei Freiherrn von Kü¬
beck noch drei andere Eigenschaften, in seiner so schwierigen Stellung
von unschätzbarem Werthe, Scharfblick, Muth und Energie.
Er hatte das Uebel in seiner ganzen Tiefe entdeckt und erkannt, daß
man mit Pflaster und Salbe hier nicht ausreiche, sondern frisch
und herzhaft, aber besonnen zugleich schneiden müsse, unbekümmert
des wilden Fleisches, das bei der Operation wegzuschaffen sei. Nun
kümmerte ihn nicht mehr irgend ein Geschrei, kam es aus den Höhen
oder Niederungen; unaufhaltsam verfolgte er sein Ziel, das zunächst
auf Wiederherstellung des blosgestellten Bankkredits gerichtet ward,
und es ist zu bekannt, aufweiche siegreiche Weise er dasselbe erreichte,
um wieder auf's Neue darauf zurückzukommen,'zumal die Bankver¬
hältnisse in neuester Zeit späterhin noch einmal berührt werden.

Weniger besprochen als die Restriktionen des Bankcredits der


52-5
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[0419] Laune in Vollzug zu setzen, und das Ausland baute und manöuv- ritte mit unserm Gelde, während wir ..... Aber sie sprachen nicht weiter, denn eine glücklichere Stunde hatte für Oesterreichs Finanz-Bank und Mercantilwesen geschlagen, wenn gleich ihre ersten Töne ernst erklangen, und manchem unrett- bar Verlornen zum Grabgeläute wurden. Der Freiherr von Kübeck, dessen äußere Persönlichkeit sich bereits im eingangserwähnten Aufsatz skizzirt findet, war im Staatsdienste ergraut und hatte in mancher stürmevollcn Zeit mit am Ruder ge- sessen. Wie der erfahrne Steuermann am scheinbar heiteren Himmel das aufsteigende unheilvolle Wetter wahrnimmt, so konnte auch sei¬ nem Scharfblick das Gefahrvolle der geschilderten trüglichen, unhalt¬ baren Verhältnisse nicht entgehen. Als hoher Staatsbeamter war Freiherr von Kübeck schon seit mehr als einem Viertel-Jahrhundert rühmlich bekannt gewesen, ob er aber als Financier der jetzigen kri¬ tischen Lage gewachsen sei, darüber wechselten Hoffnungen und Be¬ sorgnisse. Nur ein Ruf ging von Mund zu Mund: „Da kömmt einmal ein grundehrlicher Mann ans Ruder." Aber die weitere Zeitfolge sollte noch etwas mehr an Freiherrn von Kübeck erweisen. Zur strengsten Rechtlichkeit gesellten sich bei Freiherrn von Kü¬ beck noch drei andere Eigenschaften, in seiner so schwierigen Stellung von unschätzbarem Werthe, Scharfblick, Muth und Energie. Er hatte das Uebel in seiner ganzen Tiefe entdeckt und erkannt, daß man mit Pflaster und Salbe hier nicht ausreiche, sondern frisch und herzhaft, aber besonnen zugleich schneiden müsse, unbekümmert des wilden Fleisches, das bei der Operation wegzuschaffen sei. Nun kümmerte ihn nicht mehr irgend ein Geschrei, kam es aus den Höhen oder Niederungen; unaufhaltsam verfolgte er sein Ziel, das zunächst auf Wiederherstellung des blosgestellten Bankkredits gerichtet ward, und es ist zu bekannt, aufweiche siegreiche Weise er dasselbe erreichte, um wieder auf's Neue darauf zurückzukommen,'zumal die Bankver¬ hältnisse in neuester Zeit späterhin noch einmal berührt werden. Weniger besprochen als die Restriktionen des Bankcredits der 52-5

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/419>, abgerufen am 23.12.2024.