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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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men direct von der Bank auf; was freilich mit der ursprünglichen
Tendenz jenes Instituts in einigem Widerspruch zu stehen schien,
allein selbst bei dem niedrigen Zinsfuß, der siedet zu Grunde
lag, das Banlerträgniß immerhin vermehrte. Nur fehlte auch hier
der rothwangigen Frucht der Wurmstich nicht, und das -in^ins j"
t>erbit fällt unwillkürlich bei. Denn es kam, daß, während die
Masse der emittirten Banknoten durch das auf die unerhörte Höhe
von achtunddreißig Millionen Gulden angewachsene Portefeuille, dann
durch die verschiedenen directen und indirecten Anlehen an den Staat
sich sehr bedeutend vergrößert hatte, die dagegen zur theilweisen
Deckung aufbewahrten Silbervorräthe in umgekehrtem Verhältnisse,
nämlich auf den Belauf von siebzehn Millionen Gulden, geschmolzen
waren, und, obschon der politische Horizont sich wolkenlos zeigte,
lediglich durch die Operationen des Auslandes täglich mehr zu
schmelzen drohten,. Auch unterdrückten die patriotisch gesinnten und
in langjährigen Erfahrungen ergrauten Geschäftsmänner ihre Besorg¬
nisse hierüber keineswegs. Ja Einer oder der Andere derselben ging
wohl darin so weit, daß er Silbervorräthe in seinem eigenen Hause
sicherer verwahrt erachtere, als in den festen Gewölben der Bank, und
sein ganzes bewegliches Vermögen, gerade so, als ob der Feind vor
den Thoren Wiens stände, auf solche unproductive Weise umsetzte:
gewiß eben nur, um dem Gemeinbesten desto eilfertiger zur Hand
sein zu können.

Das Handels- und Merccmtilwesen, in so weit es in
der Hauptstadt centralistrt erschien, war zu jener Zeit wohl auch im
großen Flor, wenn der Lurus bei Banquiers, Kaufleuten und Fa¬
brikanten nicht etwa als taube Blüthe zu betrachten war. Man mag
sich einen Begriff davon machen, wenn man erfährt, daß der jähr¬
liche Haushalt des Banquiers G... keinen geringeren jährlichen Auf¬
wand als von Zweimalhundert Tausend Gulden Con-
vennonsmünze in Anspruch nahm, was sich auf verschiedene
Weise commentiren läßt. So kostete z. B. jeder Winterball dieses
Banquiers -- und er gab deren mehrere im Jahre -- zwölf bis
fünfzehn Tausend Gulden, während die Ananaszucht in seinen Som¬
merhäusern ungefähr eben so viel erheischte. Allerdings läßt sich
nicht behaupten, daß hiemit das Verfahren der gesammten Finanz-


Grcnzbotcn II.

men direct von der Bank auf; was freilich mit der ursprünglichen
Tendenz jenes Instituts in einigem Widerspruch zu stehen schien,
allein selbst bei dem niedrigen Zinsfuß, der siedet zu Grunde
lag, das Banlerträgniß immerhin vermehrte. Nur fehlte auch hier
der rothwangigen Frucht der Wurmstich nicht, und das -in^ins j„
t>erbit fällt unwillkürlich bei. Denn es kam, daß, während die
Masse der emittirten Banknoten durch das auf die unerhörte Höhe
von achtunddreißig Millionen Gulden angewachsene Portefeuille, dann
durch die verschiedenen directen und indirecten Anlehen an den Staat
sich sehr bedeutend vergrößert hatte, die dagegen zur theilweisen
Deckung aufbewahrten Silbervorräthe in umgekehrtem Verhältnisse,
nämlich auf den Belauf von siebzehn Millionen Gulden, geschmolzen
waren, und, obschon der politische Horizont sich wolkenlos zeigte,
lediglich durch die Operationen des Auslandes täglich mehr zu
schmelzen drohten,. Auch unterdrückten die patriotisch gesinnten und
in langjährigen Erfahrungen ergrauten Geschäftsmänner ihre Besorg¬
nisse hierüber keineswegs. Ja Einer oder der Andere derselben ging
wohl darin so weit, daß er Silbervorräthe in seinem eigenen Hause
sicherer verwahrt erachtere, als in den festen Gewölben der Bank, und
sein ganzes bewegliches Vermögen, gerade so, als ob der Feind vor
den Thoren Wiens stände, auf solche unproductive Weise umsetzte:
gewiß eben nur, um dem Gemeinbesten desto eilfertiger zur Hand
sein zu können.

Das Handels- und Merccmtilwesen, in so weit es in
der Hauptstadt centralistrt erschien, war zu jener Zeit wohl auch im
großen Flor, wenn der Lurus bei Banquiers, Kaufleuten und Fa¬
brikanten nicht etwa als taube Blüthe zu betrachten war. Man mag
sich einen Begriff davon machen, wenn man erfährt, daß der jähr¬
liche Haushalt des Banquiers G... keinen geringeren jährlichen Auf¬
wand als von Zweimalhundert Tausend Gulden Con-
vennonsmünze in Anspruch nahm, was sich auf verschiedene
Weise commentiren läßt. So kostete z. B. jeder Winterball dieses
Banquiers — und er gab deren mehrere im Jahre — zwölf bis
fünfzehn Tausend Gulden, während die Ananaszucht in seinen Som¬
merhäusern ungefähr eben so viel erheischte. Allerdings läßt sich
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[0417] men direct von der Bank auf; was freilich mit der ursprünglichen Tendenz jenes Instituts in einigem Widerspruch zu stehen schien, allein selbst bei dem niedrigen Zinsfuß, der siedet zu Grunde lag, das Banlerträgniß immerhin vermehrte. Nur fehlte auch hier der rothwangigen Frucht der Wurmstich nicht, und das -in^ins j„ t>erbit fällt unwillkürlich bei. Denn es kam, daß, während die Masse der emittirten Banknoten durch das auf die unerhörte Höhe von achtunddreißig Millionen Gulden angewachsene Portefeuille, dann durch die verschiedenen directen und indirecten Anlehen an den Staat sich sehr bedeutend vergrößert hatte, die dagegen zur theilweisen Deckung aufbewahrten Silbervorräthe in umgekehrtem Verhältnisse, nämlich auf den Belauf von siebzehn Millionen Gulden, geschmolzen waren, und, obschon der politische Horizont sich wolkenlos zeigte, lediglich durch die Operationen des Auslandes täglich mehr zu schmelzen drohten,. Auch unterdrückten die patriotisch gesinnten und in langjährigen Erfahrungen ergrauten Geschäftsmänner ihre Besorg¬ nisse hierüber keineswegs. Ja Einer oder der Andere derselben ging wohl darin so weit, daß er Silbervorräthe in seinem eigenen Hause sicherer verwahrt erachtere, als in den festen Gewölben der Bank, und sein ganzes bewegliches Vermögen, gerade so, als ob der Feind vor den Thoren Wiens stände, auf solche unproductive Weise umsetzte: gewiß eben nur, um dem Gemeinbesten desto eilfertiger zur Hand sein zu können. Das Handels- und Merccmtilwesen, in so weit es in der Hauptstadt centralistrt erschien, war zu jener Zeit wohl auch im großen Flor, wenn der Lurus bei Banquiers, Kaufleuten und Fa¬ brikanten nicht etwa als taube Blüthe zu betrachten war. Man mag sich einen Begriff davon machen, wenn man erfährt, daß der jähr¬ liche Haushalt des Banquiers G... keinen geringeren jährlichen Auf¬ wand als von Zweimalhundert Tausend Gulden Con- vennonsmünze in Anspruch nahm, was sich auf verschiedene Weise commentiren läßt. So kostete z. B. jeder Winterball dieses Banquiers — und er gab deren mehrere im Jahre — zwölf bis fünfzehn Tausend Gulden, während die Ananaszucht in seinen Som¬ merhäusern ungefähr eben so viel erheischte. Allerdings läßt sich nicht behaupten, daß hiemit das Verfahren der gesammten Finanz- Grcnzbotcn II.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/417>, abgerufen am 23.07.2024.