Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.Als wir das Haus auf das Genaueste durchforscht hatten, be¬ Der Saal liegt hoch und gewährt ringsum eine prachtvolle Aus¬ Da befand ich mich nun ganz allein in dem großen Audito¬ I^i"ii->,"-!>, Iiorvillis, Du jedem Naturfreunde heilig! -- In einer Da sah ich plötzlich auf dem Pfade, der von dem Hause in Als wir das Haus auf das Genaueste durchforscht hatten, be¬ Der Saal liegt hoch und gewährt ringsum eine prachtvolle Aus¬ Da befand ich mich nun ganz allein in dem großen Audito¬ I^i»ii->,«-!>, Iiorvillis, Du jedem Naturfreunde heilig! — In einer Da sah ich plötzlich auf dem Pfade, der von dem Hause in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0376" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180935"/> <p xml:id="ID_894"> Als wir das Haus auf das Genaueste durchforscht hatten, be¬<lb/> gaben wir uns in den Garten und zwar den Berg hinauf, wo Lin-<lb/> nv's Auditorium ist, ein einfacher, großer Gartensaal, von hohen<lb/> Tannen umkränzt. Auch hier steht noch jetzt Alles so, wie zu seinen<lb/> Lebzeiten, das Katheder und die Zuhörerbänke; im Sommer las er<lb/> bei vorgerückterem Alter hier seine Collegia, und Upsala's natureifrige<lb/> Jugend strömte aus der Stadt eine Meile weit täglich hierher.</p><lb/> <p xml:id="ID_895"> Der Saal liegt hoch und gewährt ringsum eine prachtvolle Aus¬<lb/> sicht. Um so weniger mochte ich mich schnell von ihm trennen und<lb/> lehnte daher einen weiteren Spaziergang in das angrenzende Tan¬<lb/> nenwäldchen höflichst ab, zumal die Sonne noch heiß brannte.<lb/> Aber meine Gefährten ließen sich vom Spaziergange nicht abbringen<lb/> und schlugen mit den Damen den Weg nach dem Wäldchen ein,<lb/> indem sie versprachen, bald wieder zurückzukehren.</p><lb/> <p xml:id="ID_896"> Da befand ich mich nun ganz allein in dem großen Audito¬<lb/> rium, betrat Linnv's Katheder und setzte mich auf seinen hohen Lehn¬<lb/> stuhl. Es eröffnete sich vor meinen Blicken die schöne Aussicht nach<lb/> den riesenhaften Grabhügeln der drei alten Götter des Nordens, die<lb/> ich Vormittag besucht hatte, neben welchen rechtshin der Kirchthurm<lb/> von Alt-Upsala sein ehrwürdiges Haupt gen Himmel erhob. Ich zog<lb/> die schöne Linnäa noch einmal hervor, die ich aufFreya's Grab ge¬<lb/> pflückt hatte, um sie zu vergleichen mit der Linnäa, welche ich vor<lb/> mir auf dem an der Wand hängenden Bilde erblickte.</p><lb/> <p xml:id="ID_897"> I^i»ii->,«-!>, Iiorvillis, Du jedem Naturfreunde heilig! — In einer<lb/> schönen Symbolik stellt sie das ganze, reiche, der Naturbetrachtung<lb/> geweihte Leben Linnv's dar! — Still und mühevoll windet sich der<lb/> Stengel, reich an kleinen herzförmigen Blättchen durch das grünende<lb/> Kräutervolk der Wälder, sie verweilt oft, gleichsam sinnend, bei denen,<lb/> welchen sie auf dem Wege begegnet; endlich erhebt sie fröhlich ihr<lb/> zartes Blüthenglöckchen, womit sie alle zu einer Gemeinde ruft. —<lb/> So errang Linnv unter tausendfachen Mühen die Würde eines Ober¬<lb/> priesters der Natur und öffnete Tausenden die Hallen des Natur¬<lb/> tempels. —</p><lb/> <p xml:id="ID_898" next="#ID_899"> Da sah ich plötzlich auf dem Pfade, der von dem Hause in<lb/> den Garten führt, eine ehrwürdige Gestalt wandeln. — Sie ver¬<lb/> schwand zwar ein paar Mal hinter dem Buchengebüsch, zeigte sich<lb/> dann aber wieder und schien dem Auditorium zu nahen. — Nun</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0376]
Als wir das Haus auf das Genaueste durchforscht hatten, be¬
gaben wir uns in den Garten und zwar den Berg hinauf, wo Lin-
nv's Auditorium ist, ein einfacher, großer Gartensaal, von hohen
Tannen umkränzt. Auch hier steht noch jetzt Alles so, wie zu seinen
Lebzeiten, das Katheder und die Zuhörerbänke; im Sommer las er
bei vorgerückterem Alter hier seine Collegia, und Upsala's natureifrige
Jugend strömte aus der Stadt eine Meile weit täglich hierher.
Der Saal liegt hoch und gewährt ringsum eine prachtvolle Aus¬
sicht. Um so weniger mochte ich mich schnell von ihm trennen und
lehnte daher einen weiteren Spaziergang in das angrenzende Tan¬
nenwäldchen höflichst ab, zumal die Sonne noch heiß brannte.
Aber meine Gefährten ließen sich vom Spaziergange nicht abbringen
und schlugen mit den Damen den Weg nach dem Wäldchen ein,
indem sie versprachen, bald wieder zurückzukehren.
Da befand ich mich nun ganz allein in dem großen Audito¬
rium, betrat Linnv's Katheder und setzte mich auf seinen hohen Lehn¬
stuhl. Es eröffnete sich vor meinen Blicken die schöne Aussicht nach
den riesenhaften Grabhügeln der drei alten Götter des Nordens, die
ich Vormittag besucht hatte, neben welchen rechtshin der Kirchthurm
von Alt-Upsala sein ehrwürdiges Haupt gen Himmel erhob. Ich zog
die schöne Linnäa noch einmal hervor, die ich aufFreya's Grab ge¬
pflückt hatte, um sie zu vergleichen mit der Linnäa, welche ich vor
mir auf dem an der Wand hängenden Bilde erblickte.
I^i»ii->,«-!>, Iiorvillis, Du jedem Naturfreunde heilig! — In einer
schönen Symbolik stellt sie das ganze, reiche, der Naturbetrachtung
geweihte Leben Linnv's dar! — Still und mühevoll windet sich der
Stengel, reich an kleinen herzförmigen Blättchen durch das grünende
Kräutervolk der Wälder, sie verweilt oft, gleichsam sinnend, bei denen,
welchen sie auf dem Wege begegnet; endlich erhebt sie fröhlich ihr
zartes Blüthenglöckchen, womit sie alle zu einer Gemeinde ruft. —
So errang Linnv unter tausendfachen Mühen die Würde eines Ober¬
priesters der Natur und öffnete Tausenden die Hallen des Natur¬
tempels. —
Da sah ich plötzlich auf dem Pfade, der von dem Hause in
den Garten führt, eine ehrwürdige Gestalt wandeln. — Sie ver¬
schwand zwar ein paar Mal hinter dem Buchengebüsch, zeigte sich
dann aber wieder und schien dem Auditorium zu nahen. — Nun
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