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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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des Fisches mit den Worten: Koma caput oncle"i"v! der Protestant
das Mittelstück, indem er sagte: In meijio virtus! endlich nahm der
Presbyterianer den Schwanz und rief: k'mis c"ron"t opus! -- Da
Lord Rochester bemerkte, daß diese Theilung, des Himmels zugleich
eine Theilung des Fisches und für ihn Nichts mehr übrig war, so
nahm er den Napf mit der Sauce, besprengte die drei geistlichen
Herren und rief ganz ernsthaft: In nomine ovalen eZo bitptiz-v
V08! --

-- Aus dem Altpreußischen wird uns geschrieben: Der in Dan-'
zig gegründete Gustav-Adolph-Verein, welcher übrigens auf den Dan-
ziger Regierungsbezirk sich beschränken will, nimmtauch nichtevange¬
lische Mitglieder auf, indem man der Meinung ist, daß zu einem
"wohlthätigen Zweck" Zeder, abgesehen von seiner Confession, die Hand
bieten dürfe. Man spreche heutzutage so viel von der Nothwendig¬
keit religiöser Toleranz, und doch seien die Meisten noch so intolerant,
daß sie Andersglaubenden weder Wohlthaten erweisen, noch von ihnen
annehmen wollten. -- Es dürfte aber noch die Frage sein, ob der Gu¬
stav-Adolph-Verein blos wohlthätige Zwecke habe und haben solle. --
Derselbe Correspondent meldet uns, als einen Beweis seltener Duld¬
samkeit: Den 20. und 21. Juni hielten zwei katholische Geistliche
aus der heiligen Linde in dem ostpreußischen Städtchen Lyk, unfern
der polnischen Grenze, den katholischen Gottesdienst ab, wozu von
evangelischer Seite die dortige evangelische Kirche eingeräumt wurde,
wie dieses alljährlich geschieht. Gehören solche Beispiele zu den Sel¬
tenheiten? Wir erinnern uns, ähnliche Beispiele protestantischer (selten
katholischer) Toleranz aus Leipzig und selbst aus Rheinbaiern in Zei¬
tungen gelesen zu haben. Die Unduldsamkeit muß freilich noch sehr
allgemein und craß sein, wenn dergleichen "Ereignisse" der Veröffent¬
lichung werth gehalten werden.

-- Dem talentvollen Rank, der das schöne, frische Buch: "Aus
dem Böhmerwald" geschrieben, ist leider etwas -- Oesterreichisches
passirt; er, der Deutschland zuerst die schönsten Grüße von einem in
Waldeinsamkeit vergessenen kerndeutschen Volksstamm brachte, sitzt jetzt
im Prager Polizeigefängniß, blos weil er einen Besuch in Leipzig ma¬
chen wollte, wozu er den nöthigen Gubernialpaß nicht hatte bekommen
können. In Oesterreich hat nicht Jedermann so viel persönliche Frei- '
heit, daß er mit Sicherheit auf einen solchen Paß rechnen könnte.
Wer, wie Rank, vom Lande ist, hängt darin außerdem von der Will¬
kür der Unterbeamten seiner Landstadt ab, bei denen er das Gesuch
einreicht, und die es bei der Regierung zu bevorworten haben. Rank
wollte die kleine Tour ohne Paß machen, wurde, wahrscheinlich noch
vor der Grenze, ergriffen und wie ein gemeiner Verbrecher nach Prag


des Fisches mit den Worten: Koma caput oncle«i»v! der Protestant
das Mittelstück, indem er sagte: In meijio virtus! endlich nahm der
Presbyterianer den Schwanz und rief: k'mis c»ron»t opus! — Da
Lord Rochester bemerkte, daß diese Theilung, des Himmels zugleich
eine Theilung des Fisches und für ihn Nichts mehr übrig war, so
nahm er den Napf mit der Sauce, besprengte die drei geistlichen
Herren und rief ganz ernsthaft: In nomine ovalen eZo bitptiz-v
V08! —

— Aus dem Altpreußischen wird uns geschrieben: Der in Dan-'
zig gegründete Gustav-Adolph-Verein, welcher übrigens auf den Dan-
ziger Regierungsbezirk sich beschränken will, nimmtauch nichtevange¬
lische Mitglieder auf, indem man der Meinung ist, daß zu einem
„wohlthätigen Zweck" Zeder, abgesehen von seiner Confession, die Hand
bieten dürfe. Man spreche heutzutage so viel von der Nothwendig¬
keit religiöser Toleranz, und doch seien die Meisten noch so intolerant,
daß sie Andersglaubenden weder Wohlthaten erweisen, noch von ihnen
annehmen wollten. — Es dürfte aber noch die Frage sein, ob der Gu¬
stav-Adolph-Verein blos wohlthätige Zwecke habe und haben solle. —
Derselbe Correspondent meldet uns, als einen Beweis seltener Duld¬
samkeit: Den 20. und 21. Juni hielten zwei katholische Geistliche
aus der heiligen Linde in dem ostpreußischen Städtchen Lyk, unfern
der polnischen Grenze, den katholischen Gottesdienst ab, wozu von
evangelischer Seite die dortige evangelische Kirche eingeräumt wurde,
wie dieses alljährlich geschieht. Gehören solche Beispiele zu den Sel¬
tenheiten? Wir erinnern uns, ähnliche Beispiele protestantischer (selten
katholischer) Toleranz aus Leipzig und selbst aus Rheinbaiern in Zei¬
tungen gelesen zu haben. Die Unduldsamkeit muß freilich noch sehr
allgemein und craß sein, wenn dergleichen „Ereignisse" der Veröffent¬
lichung werth gehalten werden.

— Dem talentvollen Rank, der das schöne, frische Buch: „Aus
dem Böhmerwald" geschrieben, ist leider etwas — Oesterreichisches
passirt; er, der Deutschland zuerst die schönsten Grüße von einem in
Waldeinsamkeit vergessenen kerndeutschen Volksstamm brachte, sitzt jetzt
im Prager Polizeigefängniß, blos weil er einen Besuch in Leipzig ma¬
chen wollte, wozu er den nöthigen Gubernialpaß nicht hatte bekommen
können. In Oesterreich hat nicht Jedermann so viel persönliche Frei- '
heit, daß er mit Sicherheit auf einen solchen Paß rechnen könnte.
Wer, wie Rank, vom Lande ist, hängt darin außerdem von der Will¬
kür der Unterbeamten seiner Landstadt ab, bei denen er das Gesuch
einreicht, und die es bei der Regierung zu bevorworten haben. Rank
wollte die kleine Tour ohne Paß machen, wurde, wahrscheinlich noch
vor der Grenze, ergriffen und wie ein gemeiner Verbrecher nach Prag


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/342>, abgerufen am 23.12.2024.