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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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Aus Trieft.
(Al>S dem Briefe eines SecbadgcisteS.)

Grenzboten. -- Handelswelt und Kunstwelt. -- Das Gastspiel der Rettich. --
Halm. -- Saphir. -- Der Lloyd. -- Journale.

Wie kommt es, daß die Grenzboten, die doch so wacker über
belgische, französische und andere grenznachbarlichc Zustande berichten,
die Küstenländer des adriatischen Meeres so wenig berücksichtigen?
Auch hier verläuft sich germanisches Leben in romanisches, auch hier
gibt es Grcnzvcrhältnisse, wo Deutschland interessante Eroberungen
und Verluste durchmacht. Warum ist Triest mit seinem wichtigen
Freihafen und seiner italienisch-deutschen Bevölkerung ein Stiefkind
in der deutschen Presse, um Has sich kein Mensch kümmert? Höchstens
daß man hie und da in einem deutschen Blatte einige Auszüge aus
dem hier erscheinenden "Lloyd" zu Gesichte bekommt; Sittenschilde--
rungen, Beleuchtungen des geistigen und nationalen Lebens erinnere
ich mich kaum seit Jahren irgendwo gelesen zu haben. --

Sie werden von einem Badegäste, der hier nur seine Gesundheit
in dem lebensvollen Wasserschooße der hellen Adria stärken will und
der obendrein in der Literatur nur ein Dilettant ist, nicht verlangen,
daß er die Lücke ausfüllen soll, welche Schriftsteller vom Fach leer
lassen. Nur von einer kleinen deutschen Episode will ich Ihnen er¬
zählen, welche die hiesige deutsche Kunstwelt (!), darunter ist nämlich
jene kleine Fraction zu verstehen, welche die hiesige Handelswelt
etwa an Nichtposttagcn der Kunst zur Disposition stellt, ungefähr
durch drei Wochen beschäftigte. Ich meine das Gastspiel, welches das
Rettich'sche Ehepaar im hiesigen Theater gab, und die Borlesungen,
die Saphir hier hielt. Sie sehen, die Wiener haben es ganz darauf


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Aus Trieft.
(Al>S dem Briefe eines SecbadgcisteS.)

Grenzboten. — Handelswelt und Kunstwelt. — Das Gastspiel der Rettich. —
Halm. — Saphir. — Der Lloyd. — Journale.

Wie kommt es, daß die Grenzboten, die doch so wacker über
belgische, französische und andere grenznachbarlichc Zustande berichten,
die Küstenländer des adriatischen Meeres so wenig berücksichtigen?
Auch hier verläuft sich germanisches Leben in romanisches, auch hier
gibt es Grcnzvcrhältnisse, wo Deutschland interessante Eroberungen
und Verluste durchmacht. Warum ist Triest mit seinem wichtigen
Freihafen und seiner italienisch-deutschen Bevölkerung ein Stiefkind
in der deutschen Presse, um Has sich kein Mensch kümmert? Höchstens
daß man hie und da in einem deutschen Blatte einige Auszüge aus
dem hier erscheinenden „Lloyd" zu Gesichte bekommt; Sittenschilde--
rungen, Beleuchtungen des geistigen und nationalen Lebens erinnere
ich mich kaum seit Jahren irgendwo gelesen zu haben. —

Sie werden von einem Badegäste, der hier nur seine Gesundheit
in dem lebensvollen Wasserschooße der hellen Adria stärken will und
der obendrein in der Literatur nur ein Dilettant ist, nicht verlangen,
daß er die Lücke ausfüllen soll, welche Schriftsteller vom Fach leer
lassen. Nur von einer kleinen deutschen Episode will ich Ihnen er¬
zählen, welche die hiesige deutsche Kunstwelt (!), darunter ist nämlich
jene kleine Fraction zu verstehen, welche die hiesige Handelswelt
etwa an Nichtposttagcn der Kunst zur Disposition stellt, ungefähr
durch drei Wochen beschäftigte. Ich meine das Gastspiel, welches das
Rettich'sche Ehepaar im hiesigen Theater gab, und die Borlesungen,
die Saphir hier hielt. Sie sehen, die Wiener haben es ganz darauf


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[0330] T a g e b u es. Aus Trieft. (Al>S dem Briefe eines SecbadgcisteS.) Grenzboten. — Handelswelt und Kunstwelt. — Das Gastspiel der Rettich. — Halm. — Saphir. — Der Lloyd. — Journale. Wie kommt es, daß die Grenzboten, die doch so wacker über belgische, französische und andere grenznachbarlichc Zustande berichten, die Küstenländer des adriatischen Meeres so wenig berücksichtigen? Auch hier verläuft sich germanisches Leben in romanisches, auch hier gibt es Grcnzvcrhältnisse, wo Deutschland interessante Eroberungen und Verluste durchmacht. Warum ist Triest mit seinem wichtigen Freihafen und seiner italienisch-deutschen Bevölkerung ein Stiefkind in der deutschen Presse, um Has sich kein Mensch kümmert? Höchstens daß man hie und da in einem deutschen Blatte einige Auszüge aus dem hier erscheinenden „Lloyd" zu Gesichte bekommt; Sittenschilde-- rungen, Beleuchtungen des geistigen und nationalen Lebens erinnere ich mich kaum seit Jahren irgendwo gelesen zu haben. — Sie werden von einem Badegäste, der hier nur seine Gesundheit in dem lebensvollen Wasserschooße der hellen Adria stärken will und der obendrein in der Literatur nur ein Dilettant ist, nicht verlangen, daß er die Lücke ausfüllen soll, welche Schriftsteller vom Fach leer lassen. Nur von einer kleinen deutschen Episode will ich Ihnen er¬ zählen, welche die hiesige deutsche Kunstwelt (!), darunter ist nämlich jene kleine Fraction zu verstehen, welche die hiesige Handelswelt etwa an Nichtposttagcn der Kunst zur Disposition stellt, ungefähr durch drei Wochen beschäftigte. Ich meine das Gastspiel, welches das Rettich'sche Ehepaar im hiesigen Theater gab, und die Borlesungen, die Saphir hier hielt. Sie sehen, die Wiener haben es ganz darauf

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/330>, abgerufen am 22.12.2024.