Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.einen Berliner Friseur, den ich auf dem Dampfschiffe antraf und der Fragt man sich nun: weshalb mußte Jda Hahn-Hahn über Jda Hahn-Hahn sagt gleich auf der ersten Seite ihrer Schrift: Da nun aber Jda Hahn-Hahn in Bezug auf Schweden "ganz einen Berliner Friseur, den ich auf dem Dampfschiffe antraf und der Fragt man sich nun: weshalb mußte Jda Hahn-Hahn über Jda Hahn-Hahn sagt gleich auf der ersten Seite ihrer Schrift: Da nun aber Jda Hahn-Hahn in Bezug auf Schweden „ganz <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0319" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180878"/> <p xml:id="ID_776" prev="#ID_775"> einen Berliner Friseur, den ich auf dem Dampfschiffe antraf und der<lb/> zu mir sagte: Die schwedische Sprache is doch man eijentlich weiter<lb/> Nichts, als ein gebildetes Plattdeutsch!</p><lb/> <p xml:id="ID_777"> Fragt man sich nun: weshalb mußte Jda Hahn-Hahn über<lb/> ein Land, worin sie ein Paar Wochen umherrciste, ohne die Leute zu<lb/> verstehen, und wo ihr Alles durchaus mißfiel, gleich ein dickes Buch<lb/> schreiben? So lautet die Antwort: ihr vorgeblicher Drang zur Schrift-<lb/> stellerei ist erkünstelt, sonst hätte sie sich gar nicht weiter mit dem<lb/> langweiligen Schweden befaßt. Drittehalbhundert Seiten quält sie<lb/> sich darüber ab; ein einziger Tag muß oft an die zwanzig Seiten<lb/> liefern, denn das Reisen kostet Geld, und Honorar ist nicht zu ver¬<lb/> achten. — Wenn ich die Gräfin hier der „Buchmacherei" beschuldige,<lb/> so fühle ich wohl, daß eine solche Anklage mit genügenderem Beweise<lb/> belegt werden muß, und ich bin bereit, ihn zu geben.</p><lb/> <p xml:id="ID_778"> Jda Hahn-Hahn sagt gleich auf der ersten Seite ihrer Schrift:<lb/> „Ich bin ganz unwissend über Schweden, weiß Nichts von dessen<lb/> Sprache, wenig von der Geschichte, und von der Literatur Dürftiges<lb/> durch ein Paar Uebersesungen." Es würde sich für einen Bürgerli¬<lb/> chen nicht geziemen, die Selbstbekenntnisse einer Gräfin in Zweifel zu<lb/> ziehen, und ich bin also von ihrer erklärten Unwissenheit vollständig<lb/> überzeugt. Nichts desto weniger theilt die Schreiben» im Verlaufe<lb/> dieses Buches eine Masse von Geschichtscreignissen und Jahrözahlen<lb/> mit, z. B.: König Magnus Ladulas hat von 1279—1230 regiert;<lb/> Erik's, des Heiligen, Geschlecht ist 125,0 ausgestorben; Erik IV. er¬<lb/> mordete am°24. Mai 1567 den Nils Strue und starb den 26.<lb/> Februar 1577 an Gift. Sie weiß auch, daß Louis de Geer, ein<lb/> Holländer, die Minen von Dannemora im Jahre 1627 dem Staate<lb/> abpachtete, aber Linne's Geburth- und Todesjahr weiß sie nicht, ob¬<lb/> gleich sie's ihrem Klärchen gern schreiben möchte. Wenn das nicht<lb/> bloße Renommage ist, so muß man der Gräfin rathen, sich das Kon¬<lb/> versationslexikon anzuschaffen, um bei ihrer Schriftstellerlaufbahn künf¬<lb/> tig ähnlichen Unbequemlichkeiten zu entgehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_779" next="#ID_780"> Da nun aber Jda Hahn-Hahn in Bezug auf Schweden „ganz<lb/> unwissend" ist, so wird man natürlich zu der Frage geführt: woher<lb/> sie alle die historischen Notizen genommen habe? Es läßt sich nur<lb/> erwiedern: Dieselben werden wohl aus Neisewegwcisem, oder derglei¬<lb/> chen, abgeschrieben sein, und in der Wiederkäuung solcher Dinge liegt</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0319]
einen Berliner Friseur, den ich auf dem Dampfschiffe antraf und der
zu mir sagte: Die schwedische Sprache is doch man eijentlich weiter
Nichts, als ein gebildetes Plattdeutsch!
Fragt man sich nun: weshalb mußte Jda Hahn-Hahn über
ein Land, worin sie ein Paar Wochen umherrciste, ohne die Leute zu
verstehen, und wo ihr Alles durchaus mißfiel, gleich ein dickes Buch
schreiben? So lautet die Antwort: ihr vorgeblicher Drang zur Schrift-
stellerei ist erkünstelt, sonst hätte sie sich gar nicht weiter mit dem
langweiligen Schweden befaßt. Drittehalbhundert Seiten quält sie
sich darüber ab; ein einziger Tag muß oft an die zwanzig Seiten
liefern, denn das Reisen kostet Geld, und Honorar ist nicht zu ver¬
achten. — Wenn ich die Gräfin hier der „Buchmacherei" beschuldige,
so fühle ich wohl, daß eine solche Anklage mit genügenderem Beweise
belegt werden muß, und ich bin bereit, ihn zu geben.
Jda Hahn-Hahn sagt gleich auf der ersten Seite ihrer Schrift:
„Ich bin ganz unwissend über Schweden, weiß Nichts von dessen
Sprache, wenig von der Geschichte, und von der Literatur Dürftiges
durch ein Paar Uebersesungen." Es würde sich für einen Bürgerli¬
chen nicht geziemen, die Selbstbekenntnisse einer Gräfin in Zweifel zu
ziehen, und ich bin also von ihrer erklärten Unwissenheit vollständig
überzeugt. Nichts desto weniger theilt die Schreiben» im Verlaufe
dieses Buches eine Masse von Geschichtscreignissen und Jahrözahlen
mit, z. B.: König Magnus Ladulas hat von 1279—1230 regiert;
Erik's, des Heiligen, Geschlecht ist 125,0 ausgestorben; Erik IV. er¬
mordete am°24. Mai 1567 den Nils Strue und starb den 26.
Februar 1577 an Gift. Sie weiß auch, daß Louis de Geer, ein
Holländer, die Minen von Dannemora im Jahre 1627 dem Staate
abpachtete, aber Linne's Geburth- und Todesjahr weiß sie nicht, ob¬
gleich sie's ihrem Klärchen gern schreiben möchte. Wenn das nicht
bloße Renommage ist, so muß man der Gräfin rathen, sich das Kon¬
versationslexikon anzuschaffen, um bei ihrer Schriftstellerlaufbahn künf¬
tig ähnlichen Unbequemlichkeiten zu entgehen.
Da nun aber Jda Hahn-Hahn in Bezug auf Schweden „ganz
unwissend" ist, so wird man natürlich zu der Frage geführt: woher
sie alle die historischen Notizen genommen habe? Es läßt sich nur
erwiedern: Dieselben werden wohl aus Neisewegwcisem, oder derglei¬
chen, abgeschrieben sein, und in der Wiederkäuung solcher Dinge liegt
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