Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Cin Ausflug "ach Skandinavien.
Bon
Eduard B o a S.



IV.
Gräfin Hahn über Schweden.

"Denn der Regen, der regnet jeglichen Tag."


"Thome friert!"
König Lear.

Ein Jahr vor mir hatte Gräfin Jda Hahn-Hahn Schweden
besucht, und die Frucht der Reise war -- wie es bei dieser Dame
unausbleiblich ist -- ein Buch. Man las dasselbe in Stockholm,
und ich fand die Leute höchlich erzürnt über den Unsinn und die
Entstellungen, welche es enthält. Kommt ein Deutscher nach Schwe¬
den, so nehmen ihn die Stammverwandten als Bruder auf, und ihre
herzliche Wärme macht einen doppelt wohlthuenden Eindruck, wenn
man bedenkt, wie wichtig in unseren Tagen das gegenseitige Ver¬
trauen der Völker zu einander ist. Treten nun Unberufene hervor
und machen den perfiden Versuch, eine befreundete Nation durch
Spott und Schimpfreden zu erbittern, dann hat alle Schonung ein
Ende, dann ist es Pflicht, und geschliffenen Worten drein zu schlagen.
Man muß den Schweden zeigen, wie in Deutschland solches Ge¬
schreibsel gewürdigt wird, sonst halten sie uns drüben für ganz ent¬
artet und glauben, wir fänden unsere Lust an dem noblen Ricaniren.

Zuvörderst will ich erklären: das Werk der Hahn-Hahn ist
durchaus kein Original, sondern eine matte Nachahmung des be¬
rüchtigten Buches von Gustav Nicolai'6: "Italien, wie es wirklich
ist." Gleich diesem Autor rafft auch die Gräfin alle Schattenseiten
Schwedens mühsam zusammen, übertreibt sie bis in's Aeußerste und


Cin Ausflug «ach Skandinavien.
Bon
Eduard B o a S.



IV.
Gräfin Hahn über Schweden.

„Denn der Regen, der regnet jeglichen Tag."


„Thome friert!"
König Lear.

Ein Jahr vor mir hatte Gräfin Jda Hahn-Hahn Schweden
besucht, und die Frucht der Reise war — wie es bei dieser Dame
unausbleiblich ist — ein Buch. Man las dasselbe in Stockholm,
und ich fand die Leute höchlich erzürnt über den Unsinn und die
Entstellungen, welche es enthält. Kommt ein Deutscher nach Schwe¬
den, so nehmen ihn die Stammverwandten als Bruder auf, und ihre
herzliche Wärme macht einen doppelt wohlthuenden Eindruck, wenn
man bedenkt, wie wichtig in unseren Tagen das gegenseitige Ver¬
trauen der Völker zu einander ist. Treten nun Unberufene hervor
und machen den perfiden Versuch, eine befreundete Nation durch
Spott und Schimpfreden zu erbittern, dann hat alle Schonung ein
Ende, dann ist es Pflicht, und geschliffenen Worten drein zu schlagen.
Man muß den Schweden zeigen, wie in Deutschland solches Ge¬
schreibsel gewürdigt wird, sonst halten sie uns drüben für ganz ent¬
artet und glauben, wir fänden unsere Lust an dem noblen Ricaniren.

Zuvörderst will ich erklären: das Werk der Hahn-Hahn ist
durchaus kein Original, sondern eine matte Nachahmung des be¬
rüchtigten Buches von Gustav Nicolai'6: „Italien, wie es wirklich
ist." Gleich diesem Autor rafft auch die Gräfin alle Schattenseiten
Schwedens mühsam zusammen, übertreibt sie bis in's Aeußerste und


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0314" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180873"/>
            </div>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Cin Ausflug «ach Skandinavien.<lb/><note type="byline"> Bon<lb/>
Eduard B o a S.</note></head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <div n="2">
            <head> IV.<lb/>
Gräfin Hahn über Schweden.</head><lb/>
            <quote type="epigraph"> &#x201E;Denn der Regen, der regnet jeglichen Tag."</quote><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
            <quote type="epigraph"> &#x201E;Thome friert!"</quote><lb/>
            <note type="bibl"> König Lear.</note><lb/>
            <p xml:id="ID_761"> Ein Jahr vor mir hatte Gräfin Jda Hahn-Hahn Schweden<lb/>
besucht, und die Frucht der Reise war &#x2014; wie es bei dieser Dame<lb/>
unausbleiblich ist &#x2014; ein Buch. Man las dasselbe in Stockholm,<lb/>
und ich fand die Leute höchlich erzürnt über den Unsinn und die<lb/>
Entstellungen, welche es enthält. Kommt ein Deutscher nach Schwe¬<lb/>
den, so nehmen ihn die Stammverwandten als Bruder auf, und ihre<lb/>
herzliche Wärme macht einen doppelt wohlthuenden Eindruck, wenn<lb/>
man bedenkt, wie wichtig in unseren Tagen das gegenseitige Ver¬<lb/>
trauen der Völker zu einander ist. Treten nun Unberufene hervor<lb/>
und machen den perfiden Versuch, eine befreundete Nation durch<lb/>
Spott und Schimpfreden zu erbittern, dann hat alle Schonung ein<lb/>
Ende, dann ist es Pflicht, und geschliffenen Worten drein zu schlagen.<lb/>
Man muß den Schweden zeigen, wie in Deutschland solches Ge¬<lb/>
schreibsel gewürdigt wird, sonst halten sie uns drüben für ganz ent¬<lb/>
artet und glauben, wir fänden unsere Lust an dem noblen Ricaniren.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_762" next="#ID_763"> Zuvörderst will ich erklären: das Werk der Hahn-Hahn ist<lb/>
durchaus kein Original, sondern eine matte Nachahmung des be¬<lb/>
rüchtigten Buches von Gustav Nicolai'6: &#x201E;Italien, wie es wirklich<lb/>
ist." Gleich diesem Autor rafft auch die Gräfin alle Schattenseiten<lb/>
Schwedens mühsam zusammen, übertreibt sie bis in's Aeußerste und</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0314] Cin Ausflug «ach Skandinavien. Bon Eduard B o a S. IV. Gräfin Hahn über Schweden. „Denn der Regen, der regnet jeglichen Tag." „Thome friert!" König Lear. Ein Jahr vor mir hatte Gräfin Jda Hahn-Hahn Schweden besucht, und die Frucht der Reise war — wie es bei dieser Dame unausbleiblich ist — ein Buch. Man las dasselbe in Stockholm, und ich fand die Leute höchlich erzürnt über den Unsinn und die Entstellungen, welche es enthält. Kommt ein Deutscher nach Schwe¬ den, so nehmen ihn die Stammverwandten als Bruder auf, und ihre herzliche Wärme macht einen doppelt wohlthuenden Eindruck, wenn man bedenkt, wie wichtig in unseren Tagen das gegenseitige Ver¬ trauen der Völker zu einander ist. Treten nun Unberufene hervor und machen den perfiden Versuch, eine befreundete Nation durch Spott und Schimpfreden zu erbittern, dann hat alle Schonung ein Ende, dann ist es Pflicht, und geschliffenen Worten drein zu schlagen. Man muß den Schweden zeigen, wie in Deutschland solches Ge¬ schreibsel gewürdigt wird, sonst halten sie uns drüben für ganz ent¬ artet und glauben, wir fänden unsere Lust an dem noblen Ricaniren. Zuvörderst will ich erklären: das Werk der Hahn-Hahn ist durchaus kein Original, sondern eine matte Nachahmung des be¬ rüchtigten Buches von Gustav Nicolai'6: „Italien, wie es wirklich ist." Gleich diesem Autor rafft auch die Gräfin alle Schattenseiten Schwedens mühsam zusammen, übertreibt sie bis in's Aeußerste und

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/314
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/314>, abgerufen am 22.12.2024.