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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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wir stürzten uns hinunter in den Strom, rief da Marianna leiden--
schaftlich und fast mit lauter Stimme.

-- Don Thomaso! leihen Sie mir doch gefälligst Ihren Arm,
um durch das Gewühl bis an die jenseitige Balustrade zu kommen!
ließ sich in diesem Augenblick die halb lockende, halb gebieterische
Stimme der Marquise Garcia hinter dem Rücken der Freundinnen
vernehmen. Sie sahen sich um. Da stand daS Brüderpaar, offen¬
bar zu ihnen hinstrebend, der Eine aber von der Spanierin attaauirt,
während den Andern die schöne Oesterreicherin in Anspruch nahm,
die in Italien den ihr prädestinirten Prinzen Pi suchte, indem sie
ihn um seine Lorgnette bat, da sie die ihre vergessen habe.

-- Die abscheulichen Weiber! sprach Elisa erbittert, als sie sah,
wie der Geliebte ihr entführt wurde. Lorenzo aber, nachdem er den
Augen der schönen Bittstellerin die gewünschte Verstärkung artig ge-
währt, trat zu Marianna heran und sagte: Ich bin in Verzweiflung,
Geliebte! Auch nicht die Fürbitte des Großherzogs hat den Fels er¬
weicht. Don Heri sagte mir, daß sie mit der größten Huld für uns
heute Abend erfolgt sei. Aber auch hier nur die alte verhöhnende
Antwort: Mein Sohn ist durchaus nicht gehemmt in seiner Wahl;
nur bin ich leider unfähig, ihn im Mindesten zu unterstützen. -- Was
die arme Marianna erwiederte, so wie das klagende und zärtliche
Geflüster der Liebenden, welches nun nachfolgte, überhaupt, verhallte
in dem sie umgebenden Lärm, bis bald darauf Marianna sowohl
als Elisa abgerufen wurden, um die Rückfahrt nach Haus
anzutreten.




Die Abreise der Fürstin Martini nach Rußland war nun de¬
finitiv beschlossen. Die Nothwendigkeit erheischte sie, und so mußte
man denn all die damit verbundenen Odiosa muthig in's Auge fas¬
sen. Der Debatten über die Einrichtung des Ganzen waren viele
gewesen. Anfangs hegte der alte Fürst sogar den Plan, seine Ge¬
mahlin selbst zu chaperonnircn, dann sollte einer der jüngeren Söhne
mit, von denen Lorenzo aber nicht Lust hatte, und Thomaso von der
Fürstin abgelehnt ward, bis endlich, auch um die Kosten so viel als
möglich zu sparen, die Dame sich entschloß, in Begleitung Elisa's


wir stürzten uns hinunter in den Strom, rief da Marianna leiden--
schaftlich und fast mit lauter Stimme.

— Don Thomaso! leihen Sie mir doch gefälligst Ihren Arm,
um durch das Gewühl bis an die jenseitige Balustrade zu kommen!
ließ sich in diesem Augenblick die halb lockende, halb gebieterische
Stimme der Marquise Garcia hinter dem Rücken der Freundinnen
vernehmen. Sie sahen sich um. Da stand daS Brüderpaar, offen¬
bar zu ihnen hinstrebend, der Eine aber von der Spanierin attaauirt,
während den Andern die schöne Oesterreicherin in Anspruch nahm,
die in Italien den ihr prädestinirten Prinzen Pi suchte, indem sie
ihn um seine Lorgnette bat, da sie die ihre vergessen habe.

— Die abscheulichen Weiber! sprach Elisa erbittert, als sie sah,
wie der Geliebte ihr entführt wurde. Lorenzo aber, nachdem er den
Augen der schönen Bittstellerin die gewünschte Verstärkung artig ge-
währt, trat zu Marianna heran und sagte: Ich bin in Verzweiflung,
Geliebte! Auch nicht die Fürbitte des Großherzogs hat den Fels er¬
weicht. Don Heri sagte mir, daß sie mit der größten Huld für uns
heute Abend erfolgt sei. Aber auch hier nur die alte verhöhnende
Antwort: Mein Sohn ist durchaus nicht gehemmt in seiner Wahl;
nur bin ich leider unfähig, ihn im Mindesten zu unterstützen. — Was
die arme Marianna erwiederte, so wie das klagende und zärtliche
Geflüster der Liebenden, welches nun nachfolgte, überhaupt, verhallte
in dem sie umgebenden Lärm, bis bald darauf Marianna sowohl
als Elisa abgerufen wurden, um die Rückfahrt nach Haus
anzutreten.




Die Abreise der Fürstin Martini nach Rußland war nun de¬
finitiv beschlossen. Die Nothwendigkeit erheischte sie, und so mußte
man denn all die damit verbundenen Odiosa muthig in's Auge fas¬
sen. Der Debatten über die Einrichtung des Ganzen waren viele
gewesen. Anfangs hegte der alte Fürst sogar den Plan, seine Ge¬
mahlin selbst zu chaperonnircn, dann sollte einer der jüngeren Söhne
mit, von denen Lorenzo aber nicht Lust hatte, und Thomaso von der
Fürstin abgelehnt ward, bis endlich, auch um die Kosten so viel als
möglich zu sparen, die Dame sich entschloß, in Begleitung Elisa's


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[0306] wir stürzten uns hinunter in den Strom, rief da Marianna leiden-- schaftlich und fast mit lauter Stimme. — Don Thomaso! leihen Sie mir doch gefälligst Ihren Arm, um durch das Gewühl bis an die jenseitige Balustrade zu kommen! ließ sich in diesem Augenblick die halb lockende, halb gebieterische Stimme der Marquise Garcia hinter dem Rücken der Freundinnen vernehmen. Sie sahen sich um. Da stand daS Brüderpaar, offen¬ bar zu ihnen hinstrebend, der Eine aber von der Spanierin attaauirt, während den Andern die schöne Oesterreicherin in Anspruch nahm, die in Italien den ihr prädestinirten Prinzen Pi suchte, indem sie ihn um seine Lorgnette bat, da sie die ihre vergessen habe. — Die abscheulichen Weiber! sprach Elisa erbittert, als sie sah, wie der Geliebte ihr entführt wurde. Lorenzo aber, nachdem er den Augen der schönen Bittstellerin die gewünschte Verstärkung artig ge- währt, trat zu Marianna heran und sagte: Ich bin in Verzweiflung, Geliebte! Auch nicht die Fürbitte des Großherzogs hat den Fels er¬ weicht. Don Heri sagte mir, daß sie mit der größten Huld für uns heute Abend erfolgt sei. Aber auch hier nur die alte verhöhnende Antwort: Mein Sohn ist durchaus nicht gehemmt in seiner Wahl; nur bin ich leider unfähig, ihn im Mindesten zu unterstützen. — Was die arme Marianna erwiederte, so wie das klagende und zärtliche Geflüster der Liebenden, welches nun nachfolgte, überhaupt, verhallte in dem sie umgebenden Lärm, bis bald darauf Marianna sowohl als Elisa abgerufen wurden, um die Rückfahrt nach Haus anzutreten. Die Abreise der Fürstin Martini nach Rußland war nun de¬ finitiv beschlossen. Die Nothwendigkeit erheischte sie, und so mußte man denn all die damit verbundenen Odiosa muthig in's Auge fas¬ sen. Der Debatten über die Einrichtung des Ganzen waren viele gewesen. Anfangs hegte der alte Fürst sogar den Plan, seine Ge¬ mahlin selbst zu chaperonnircn, dann sollte einer der jüngeren Söhne mit, von denen Lorenzo aber nicht Lust hatte, und Thomaso von der Fürstin abgelehnt ward, bis endlich, auch um die Kosten so viel als möglich zu sparen, die Dame sich entschloß, in Begleitung Elisa's

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/306>, abgerufen am 03.07.2024.