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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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Menzel ist ergötzlich, wenn er schimpft und flucht, aber fürch¬
terlich, wenn er bewundert. Im Cotta'schen Literaturblatt (Nro.
bei der Besprechung eines Gedichtes von Bernhard Hirzel, preist
er diesen "berühmten Pfarrer", der bekanntlich in der Septcmber-
revolution 1839, den Karabiner in der Hand, -- ein echter Priester!
--- die Bauern nach Zürich führte, um die "gottvergessene Regierung zu
stürzen." Ein orthodoxer Pastor, der hat freilich bei dem konservativen Men¬
zel das Privilegium, ein Bischen Revolution und Anarchiezu treiben; er
nimmt auch keinen Anstand, den fanatischen Straußfrcsser mit den alten
Propheten zu vergleichen. "Ein verführtes Volk, Buben seine Leiter, aufge-
legte Ruchlosigkeit, alles Heilige mit Füßen getreten -- so fanden die
alten Propheten ihre Zeit und so fand der fromme Sänger auch hier
wieder die seinige." Wir wünschten nur einmal auch den alten Men¬
zel, Flinte oder Heugabel in der Hand, an der Spitze schwäbischer
Bauern gegen das jüngste Deutschland ausrücken zu sehen.

-- Ein neues Buch von Karl Beck, welches in Berlin erschei¬
nen sollte (einundzwanzig Bogen stark), ist von der Polizei in
ganzer Auflage sogleich nach Ueberreichung des Eensureremplars con-
fiscire worden. Der Autor hat an's Obercensurgericht appellirt, doch
will man ihm wenig Hoffnung machen. Die voreiligen Verdammungs¬
urtheile einiger Philister über die Tendenz von Beck's neuestem Ge¬
dicht haben also doch etwas gefruchtet und das Vorurtheil der Polizei
bei Zeiten geweckt. Wahrscheinlich werden jetzt die bewußten Herrn
in Wien und Dresden rufen: Seht Jhr's, die Berliner Polizei ist
auch unserer Meinung; wir haben Recht gehabt. -- Und die Polizei
ist ja unstreitig der beste Kritiker!

-- Fallmerayer sucht (in der Augsburger Allgemeinen) noch im¬
mer zu beweisen, daß die griechische Revolution gegen die Türken ein
Unrecht war; die Türken seien viel gerechter, politisch fähiger und der
Herrschaft würdiger als die "Graten". Was will der Mann aber
jetzt, er, der vor dem lar .recvm^ki so tiefen Respect hat? Er will
beweisen, daß die wahre Bestimmung Griechenlands und der Türkei
nur eine russische sein könne. Seine Griechenfresserei ist eine Maske
für seine Russenliebe.

-- Heine befindet sich wieder in Hamburg auf Besuch bei sei¬
ner alten, erkrankten Mutter. Dies scheint das einzige Band zu sein,
das ihn nach Deutschland zieht. Oder ist es die Furcht anderer Bande,
was, ihn fernhält?




Wcrlag von Fr. Ludw. Herbig. -- Redacteur I. Kuranda.
Druck von Friedrich Andrä.

Menzel ist ergötzlich, wenn er schimpft und flucht, aber fürch¬
terlich, wenn er bewundert. Im Cotta'schen Literaturblatt (Nro.
bei der Besprechung eines Gedichtes von Bernhard Hirzel, preist
er diesen „berühmten Pfarrer", der bekanntlich in der Septcmber-
revolution 1839, den Karabiner in der Hand, — ein echter Priester!
-— die Bauern nach Zürich führte, um die „gottvergessene Regierung zu
stürzen." Ein orthodoxer Pastor, der hat freilich bei dem konservativen Men¬
zel das Privilegium, ein Bischen Revolution und Anarchiezu treiben; er
nimmt auch keinen Anstand, den fanatischen Straußfrcsser mit den alten
Propheten zu vergleichen. „Ein verführtes Volk, Buben seine Leiter, aufge-
legte Ruchlosigkeit, alles Heilige mit Füßen getreten — so fanden die
alten Propheten ihre Zeit und so fand der fromme Sänger auch hier
wieder die seinige." Wir wünschten nur einmal auch den alten Men¬
zel, Flinte oder Heugabel in der Hand, an der Spitze schwäbischer
Bauern gegen das jüngste Deutschland ausrücken zu sehen.

— Ein neues Buch von Karl Beck, welches in Berlin erschei¬
nen sollte (einundzwanzig Bogen stark), ist von der Polizei in
ganzer Auflage sogleich nach Ueberreichung des Eensureremplars con-
fiscire worden. Der Autor hat an's Obercensurgericht appellirt, doch
will man ihm wenig Hoffnung machen. Die voreiligen Verdammungs¬
urtheile einiger Philister über die Tendenz von Beck's neuestem Ge¬
dicht haben also doch etwas gefruchtet und das Vorurtheil der Polizei
bei Zeiten geweckt. Wahrscheinlich werden jetzt die bewußten Herrn
in Wien und Dresden rufen: Seht Jhr's, die Berliner Polizei ist
auch unserer Meinung; wir haben Recht gehabt. — Und die Polizei
ist ja unstreitig der beste Kritiker!

— Fallmerayer sucht (in der Augsburger Allgemeinen) noch im¬
mer zu beweisen, daß die griechische Revolution gegen die Türken ein
Unrecht war; die Türken seien viel gerechter, politisch fähiger und der
Herrschaft würdiger als die „Graten". Was will der Mann aber
jetzt, er, der vor dem lar .recvm^ki so tiefen Respect hat? Er will
beweisen, daß die wahre Bestimmung Griechenlands und der Türkei
nur eine russische sein könne. Seine Griechenfresserei ist eine Maske
für seine Russenliebe.

— Heine befindet sich wieder in Hamburg auf Besuch bei sei¬
ner alten, erkrankten Mutter. Dies scheint das einzige Band zu sein,
das ihn nach Deutschland zieht. Oder ist es die Furcht anderer Bande,
was, ihn fernhält?




Wcrlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. Kuranda.
Druck von Friedrich Andrä.
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[0296] Menzel ist ergötzlich, wenn er schimpft und flucht, aber fürch¬ terlich, wenn er bewundert. Im Cotta'schen Literaturblatt (Nro. bei der Besprechung eines Gedichtes von Bernhard Hirzel, preist er diesen „berühmten Pfarrer", der bekanntlich in der Septcmber- revolution 1839, den Karabiner in der Hand, — ein echter Priester! -— die Bauern nach Zürich führte, um die „gottvergessene Regierung zu stürzen." Ein orthodoxer Pastor, der hat freilich bei dem konservativen Men¬ zel das Privilegium, ein Bischen Revolution und Anarchiezu treiben; er nimmt auch keinen Anstand, den fanatischen Straußfrcsser mit den alten Propheten zu vergleichen. „Ein verführtes Volk, Buben seine Leiter, aufge- legte Ruchlosigkeit, alles Heilige mit Füßen getreten — so fanden die alten Propheten ihre Zeit und so fand der fromme Sänger auch hier wieder die seinige." Wir wünschten nur einmal auch den alten Men¬ zel, Flinte oder Heugabel in der Hand, an der Spitze schwäbischer Bauern gegen das jüngste Deutschland ausrücken zu sehen. — Ein neues Buch von Karl Beck, welches in Berlin erschei¬ nen sollte (einundzwanzig Bogen stark), ist von der Polizei in ganzer Auflage sogleich nach Ueberreichung des Eensureremplars con- fiscire worden. Der Autor hat an's Obercensurgericht appellirt, doch will man ihm wenig Hoffnung machen. Die voreiligen Verdammungs¬ urtheile einiger Philister über die Tendenz von Beck's neuestem Ge¬ dicht haben also doch etwas gefruchtet und das Vorurtheil der Polizei bei Zeiten geweckt. Wahrscheinlich werden jetzt die bewußten Herrn in Wien und Dresden rufen: Seht Jhr's, die Berliner Polizei ist auch unserer Meinung; wir haben Recht gehabt. — Und die Polizei ist ja unstreitig der beste Kritiker! — Fallmerayer sucht (in der Augsburger Allgemeinen) noch im¬ mer zu beweisen, daß die griechische Revolution gegen die Türken ein Unrecht war; die Türken seien viel gerechter, politisch fähiger und der Herrschaft würdiger als die „Graten". Was will der Mann aber jetzt, er, der vor dem lar .recvm^ki so tiefen Respect hat? Er will beweisen, daß die wahre Bestimmung Griechenlands und der Türkei nur eine russische sein könne. Seine Griechenfresserei ist eine Maske für seine Russenliebe. — Heine befindet sich wieder in Hamburg auf Besuch bei sei¬ ner alten, erkrankten Mutter. Dies scheint das einzige Band zu sein, das ihn nach Deutschland zieht. Oder ist es die Furcht anderer Bande, was, ihn fernhält? Wcrlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. Kuranda. Druck von Friedrich Andrä.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/296>, abgerufen am 23.12.2024.