Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.Geschenk versprochen, doch er verstieß sie und behielt die Heiraths- Um'S Jahr 1188 machten die Esthländer, die noch wilde Hei¬ Da liegt sie nun um uns her, die grandiose Stadt; eine kühne Geschenk versprochen, doch er verstieß sie und behielt die Heiraths- Um'S Jahr 1188 machten die Esthländer, die noch wilde Hei¬ Da liegt sie nun um uns her, die grandiose Stadt; eine kühne <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0264" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180823"/> <p xml:id="ID_610" prev="#ID_609"> Geschenk versprochen, doch er verstieß sie und behielt die Heiraths-<lb/> gäbe zurück. Nun legte ein Zauberweib den Fluch darauf: die Gold¬<lb/> kette solle der Tod des mächtigsten Ynglingers werden. Und sie wurde<lb/> es, denn Skjalf war eine kühne Frau. Agne hatte beim Graböl zu<lb/> viel getrunken, und als er sich im Zelt zum Schlafen niederlegte, da<lb/> sagte Skjalf: er möge die Kette wohl hüten, daß er sie nicht ver¬<lb/> liere, und schlang sie ihm fest um den Hals. Bald hüllten Rausch<lb/> und Schlaf des Königs Sinne ein, da stand seine Gemahlin auf,<lb/> schlang ein Seil durch die Kette und über die Aeste eines Baumes.<lb/> Sie rief leise ihre Finnen herbei; diese halsen ihr den König Agne<lb/> emporziehen, und sie erhängte ihn dort. Dann schlichen sie alle zu<lb/> den Schiffen und segelten in die Heimath zurück.<lb/> ^ Seit dieser Zeit hieß die Landspitze, auf der dies stattgefunden,<lb/> Agnefit. Sturlason erzählt den Vorfall, und er gäbe keinen üblen<lb/> Stoff zu einer Franenemancipationsnovclle, weshalb wir ihn hiermit<lb/> unseren Tendenz-Schriftstellerinnen bestens empfehlen wollen.</p><lb/> <p xml:id="ID_611"> Um'S Jahr 1188 machten die Esthländer, die noch wilde Hei¬<lb/> den waren, einen Raubzug durch den Mälar und zerstörten Sigtune.<lb/> Die vertriebenen Bewohner des Ortes füllten einen hohlen Stock mit<lb/> Gold, warfen ihn in die See und folgten ihm. Er blieb haften an<lb/> einem Holm, deshalb ließen sie sich dort nieder und nannten die<lb/> Ansiedelung „Stockholm". Birger Jarl, der treffliche Fürst, erkannte<lb/> mit klugem Auge die Bedeutung des Platzes, er umbaute ihn also<lb/> mit Mauern und Thürmen und wählte ihn zu seiner Residenz. Die<lb/> Wikinger wurden verjagt, und Stockholm blühte nach und nach zu<lb/> seiner jetzigen Macht und Größe empor.</p><lb/> <p xml:id="ID_612"> Da liegt sie nun um uns her, die grandiose Stadt; eine kühne<lb/> Zusammenstellung von Felsgebirgen, Residenz und Meer. Bergauf,<lb/> bergab klettern die Straßen; unten bespült das Wasser die Hafen¬<lb/> damme; Brücken führen zum anderen Stadttheile hinüber, und noch<lb/> weiter drüben zeigt sich der Thiergarten, dieser weite Naturpark mit<lb/> seinen Granitblöcken und Eichen, zwischen denen die Sommerhäuser<lb/> der Stockholmer liegen. Frisches nordisches Grün blickt überhaupt<lb/> von allen Seiten herein, streckt und reckt sich aus allen Winkeln und<lb/> Ecken hervor. Das macht, man hat die Natur hier nicht vertilgt,<lb/> um eine Stadt anlegen zu können, sondern Stockholm ist so recht<lb/> in'S Freie hineingebaut.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0264]
Geschenk versprochen, doch er verstieß sie und behielt die Heiraths-
gäbe zurück. Nun legte ein Zauberweib den Fluch darauf: die Gold¬
kette solle der Tod des mächtigsten Ynglingers werden. Und sie wurde
es, denn Skjalf war eine kühne Frau. Agne hatte beim Graböl zu
viel getrunken, und als er sich im Zelt zum Schlafen niederlegte, da
sagte Skjalf: er möge die Kette wohl hüten, daß er sie nicht ver¬
liere, und schlang sie ihm fest um den Hals. Bald hüllten Rausch
und Schlaf des Königs Sinne ein, da stand seine Gemahlin auf,
schlang ein Seil durch die Kette und über die Aeste eines Baumes.
Sie rief leise ihre Finnen herbei; diese halsen ihr den König Agne
emporziehen, und sie erhängte ihn dort. Dann schlichen sie alle zu
den Schiffen und segelten in die Heimath zurück.
^ Seit dieser Zeit hieß die Landspitze, auf der dies stattgefunden,
Agnefit. Sturlason erzählt den Vorfall, und er gäbe keinen üblen
Stoff zu einer Franenemancipationsnovclle, weshalb wir ihn hiermit
unseren Tendenz-Schriftstellerinnen bestens empfehlen wollen.
Um'S Jahr 1188 machten die Esthländer, die noch wilde Hei¬
den waren, einen Raubzug durch den Mälar und zerstörten Sigtune.
Die vertriebenen Bewohner des Ortes füllten einen hohlen Stock mit
Gold, warfen ihn in die See und folgten ihm. Er blieb haften an
einem Holm, deshalb ließen sie sich dort nieder und nannten die
Ansiedelung „Stockholm". Birger Jarl, der treffliche Fürst, erkannte
mit klugem Auge die Bedeutung des Platzes, er umbaute ihn also
mit Mauern und Thürmen und wählte ihn zu seiner Residenz. Die
Wikinger wurden verjagt, und Stockholm blühte nach und nach zu
seiner jetzigen Macht und Größe empor.
Da liegt sie nun um uns her, die grandiose Stadt; eine kühne
Zusammenstellung von Felsgebirgen, Residenz und Meer. Bergauf,
bergab klettern die Straßen; unten bespült das Wasser die Hafen¬
damme; Brücken führen zum anderen Stadttheile hinüber, und noch
weiter drüben zeigt sich der Thiergarten, dieser weite Naturpark mit
seinen Granitblöcken und Eichen, zwischen denen die Sommerhäuser
der Stockholmer liegen. Frisches nordisches Grün blickt überhaupt
von allen Seiten herein, streckt und reckt sich aus allen Winkeln und
Ecken hervor. Das macht, man hat die Natur hier nicht vertilgt,
um eine Stadt anlegen zu können, sondern Stockholm ist so recht
in'S Freie hineingebaut.
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