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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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die dem Fürsten Thomas ein so großes Vermögen zugebracht, sollten
-- wenn er uns auch alle tyrannisirt, am wenigsten vor ihm zittern.
Nur über den kleinsten Theil Ihrer Einkünfte zu unsern Gunsten dis-
ponirt, und die Ettstenz der holden Elise sowohl, als die Ihres
dankbaren Sohnes wäre gesichert. -- Sie reden, wie es Unverstand
und Leidenschaft Ihnen eingeben. Ich habe über Nichts frei zu dis-
pontren in der Art und setzte mit einer Fürsprache in solcher Sache
nur meine eigene. Ruhe aus's Spiel, die so schon oft in diesem Pa¬
last gefährdet worden. In der That, es wird mir Nichts anders
übrig bleiben, als Elisabeth wiener nach Nußland zu schicken, wenn
sie ihre Stellung hier so verkennt und Sie zu Thorheiten verleitet!

-- Ich beschwöre Sie, Mutter! nur Elisen keinen Vorwurf! Erst
seit Kurzem hat sich ihr mein Gefühl entdeckt, und wenn sie mich
auch ahnen ließ, daß sie nicht kalt dagegen ist, hat sie doch auch
geschworen, ohne Ihre Einwilligung mir nicht das Mindeste zu ge¬
währen !

Da trat zum dritten Mal der Mohr ein und meldete die Her¬
zogin von Castiglione, die Gemahlin des ersten Stiefsohns der Für¬
stin, welche gern angenommen wurde, denn die erregte Dame war
froh, nur vorerst von dieser peinlichen Unterredung loszukommen.
Don> Thomas" aber sagte aufspringend in bitterem Ton: Ja, die
Lieferantentochter, sie ist willig aufgenommen in dem fürstlichen Ge¬
schlecht der Mantinis, weil ihr Vater ungerechte Reichthümer zusam¬
mengescharrt, die auch sogar ihre galante Lebensweise zu Ehren brin¬
gen müssen; ich würde mich schämen an meines Bruders Stelle! --
Das überlassen! Sie ihm! entgegnete die Fürstin trocken; wollen Sie
aber Rang und Stand verläugnen, finden Sie Armuth einladend,
gut, steigen Sie in das Schäferleben hinab; wo nicht, so beugen Sie
sich vor der noch größeren Aristokratie des Geldes, ohne welches sich
selbst das adeligste Geschlecht in seinen Prätensionen nur lächerlich
macht.

Die Fürstin war gereizt durch den Ausfall Thomaso's auf die
Mißheirathen und entließ ihn kalt, der seinerseits wiederum eben so
die Herzogin, seine Schwägerin, grüßte, die in der brillantesten Toi¬
lette eintrat, als er eben der Thüre zuschritt, um das Zimmer zu
verlassen; die galante Dame war jedoch eine zu warme Verehrerin
der Schönheit, als daß sie dem stattlichen Mann, unbeschadet seiner


die dem Fürsten Thomas ein so großes Vermögen zugebracht, sollten
— wenn er uns auch alle tyrannisirt, am wenigsten vor ihm zittern.
Nur über den kleinsten Theil Ihrer Einkünfte zu unsern Gunsten dis-
ponirt, und die Ettstenz der holden Elise sowohl, als die Ihres
dankbaren Sohnes wäre gesichert. — Sie reden, wie es Unverstand
und Leidenschaft Ihnen eingeben. Ich habe über Nichts frei zu dis-
pontren in der Art und setzte mit einer Fürsprache in solcher Sache
nur meine eigene. Ruhe aus's Spiel, die so schon oft in diesem Pa¬
last gefährdet worden. In der That, es wird mir Nichts anders
übrig bleiben, als Elisabeth wiener nach Nußland zu schicken, wenn
sie ihre Stellung hier so verkennt und Sie zu Thorheiten verleitet!

— Ich beschwöre Sie, Mutter! nur Elisen keinen Vorwurf! Erst
seit Kurzem hat sich ihr mein Gefühl entdeckt, und wenn sie mich
auch ahnen ließ, daß sie nicht kalt dagegen ist, hat sie doch auch
geschworen, ohne Ihre Einwilligung mir nicht das Mindeste zu ge¬
währen !

Da trat zum dritten Mal der Mohr ein und meldete die Her¬
zogin von Castiglione, die Gemahlin des ersten Stiefsohns der Für¬
stin, welche gern angenommen wurde, denn die erregte Dame war
froh, nur vorerst von dieser peinlichen Unterredung loszukommen.
Don> Thomas» aber sagte aufspringend in bitterem Ton: Ja, die
Lieferantentochter, sie ist willig aufgenommen in dem fürstlichen Ge¬
schlecht der Mantinis, weil ihr Vater ungerechte Reichthümer zusam¬
mengescharrt, die auch sogar ihre galante Lebensweise zu Ehren brin¬
gen müssen; ich würde mich schämen an meines Bruders Stelle! —
Das überlassen! Sie ihm! entgegnete die Fürstin trocken; wollen Sie
aber Rang und Stand verläugnen, finden Sie Armuth einladend,
gut, steigen Sie in das Schäferleben hinab; wo nicht, so beugen Sie
sich vor der noch größeren Aristokratie des Geldes, ohne welches sich
selbst das adeligste Geschlecht in seinen Prätensionen nur lächerlich
macht.

Die Fürstin war gereizt durch den Ausfall Thomaso's auf die
Mißheirathen und entließ ihn kalt, der seinerseits wiederum eben so
die Herzogin, seine Schwägerin, grüßte, die in der brillantesten Toi¬
lette eintrat, als er eben der Thüre zuschritt, um das Zimmer zu
verlassen; die galante Dame war jedoch eine zu warme Verehrerin
der Schönheit, als daß sie dem stattlichen Mann, unbeschadet seiner


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[0253] die dem Fürsten Thomas ein so großes Vermögen zugebracht, sollten — wenn er uns auch alle tyrannisirt, am wenigsten vor ihm zittern. Nur über den kleinsten Theil Ihrer Einkünfte zu unsern Gunsten dis- ponirt, und die Ettstenz der holden Elise sowohl, als die Ihres dankbaren Sohnes wäre gesichert. — Sie reden, wie es Unverstand und Leidenschaft Ihnen eingeben. Ich habe über Nichts frei zu dis- pontren in der Art und setzte mit einer Fürsprache in solcher Sache nur meine eigene. Ruhe aus's Spiel, die so schon oft in diesem Pa¬ last gefährdet worden. In der That, es wird mir Nichts anders übrig bleiben, als Elisabeth wiener nach Nußland zu schicken, wenn sie ihre Stellung hier so verkennt und Sie zu Thorheiten verleitet! — Ich beschwöre Sie, Mutter! nur Elisen keinen Vorwurf! Erst seit Kurzem hat sich ihr mein Gefühl entdeckt, und wenn sie mich auch ahnen ließ, daß sie nicht kalt dagegen ist, hat sie doch auch geschworen, ohne Ihre Einwilligung mir nicht das Mindeste zu ge¬ währen ! Da trat zum dritten Mal der Mohr ein und meldete die Her¬ zogin von Castiglione, die Gemahlin des ersten Stiefsohns der Für¬ stin, welche gern angenommen wurde, denn die erregte Dame war froh, nur vorerst von dieser peinlichen Unterredung loszukommen. Don> Thomas» aber sagte aufspringend in bitterem Ton: Ja, die Lieferantentochter, sie ist willig aufgenommen in dem fürstlichen Ge¬ schlecht der Mantinis, weil ihr Vater ungerechte Reichthümer zusam¬ mengescharrt, die auch sogar ihre galante Lebensweise zu Ehren brin¬ gen müssen; ich würde mich schämen an meines Bruders Stelle! — Das überlassen! Sie ihm! entgegnete die Fürstin trocken; wollen Sie aber Rang und Stand verläugnen, finden Sie Armuth einladend, gut, steigen Sie in das Schäferleben hinab; wo nicht, so beugen Sie sich vor der noch größeren Aristokratie des Geldes, ohne welches sich selbst das adeligste Geschlecht in seinen Prätensionen nur lächerlich macht. Die Fürstin war gereizt durch den Ausfall Thomaso's auf die Mißheirathen und entließ ihn kalt, der seinerseits wiederum eben so die Herzogin, seine Schwägerin, grüßte, die in der brillantesten Toi¬ lette eintrat, als er eben der Thüre zuschritt, um das Zimmer zu verlassen; die galante Dame war jedoch eine zu warme Verehrerin der Schönheit, als daß sie dem stattlichen Mann, unbeschadet seiner

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/253>, abgerufen am 23.07.2024.