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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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nicht eine Revolution, doch stets nur ein solches eclarantes Ereigniß
lieferte. Wovon sollte man sonst in Deutschland leben? --
"

-- Bei Besprechung der "hohen Braut von Heinrich König,
macht Robert Heller in den "Rosen" auf einen andern König, der
auch etwas für'ö Volk gethan, den von Osterode nämlich, aufmerk¬
sam, welcher wegen seiner Anklage des Ministeriums Münster in
Celle gefangen gewesen. Diese Art, selbst in rein literarischen Artikeln
die Freuden und Leiden der politischen Welt nicht zu vergessen, ist
für die heutige Journalistik bezeichnend, aber man kann sich diese Ab¬
schweifungen gefallen lassen, wenn sie in solchem Sinn und zu sol¬
chem Zweck geschehen. "Dr. König", sagt Heller, "hat nach der
Abbüßung seiner Strafe Nichts zurück erhalten, als seine auf einen
gewissen Aufenthaltsort beschränkte Freiheit. Er ist in zerrüttete
Verhältnisse versetzt worden, von seiner juristischen Fähigkeit kann er
nur noch als Schriftsteller Gebrauch machen, und auch in dieser Be¬
ziehung scheint ihm nur der alte Thüringer Freund treu geblieben zu
sein, der ehemalige "Reichsanzeiger", die jetzige "Nationalzeitung der
Deutschen" . . . ,,J" einer Zeit, wo man den Männern, die ihrer
Gesinnung wegen mit ihrer bürgerlichen Stellung verfallen sind, glän¬
zende Aufnahmen, Feste und Sammlungen bereitet, O'Concil's-Renten
gewährt für Jordan's Familie, für Hach, für Jahr, sogar für einen
Breslauer Professor, der ohne Familienverpflichtungen lebt und durch
die Entziehung seiner Professur in keine schlimmere Lage gerathen ist,
als in die, sich seinen Erwerb durch schriftstellerische Thätigkeit zusichern, in
einer solchen Zeit ist es wohl statthaften einen so schwer geprüften Mann
zu erinnern, wie der Osteroder König. Allerdings kann er die deutschen
Gauen nicht bereisen und sich persönlich vorstellen in Berlin und Leip¬
zig, in Köln und in dem Frankfurt, wo der Bundestag sitzt." -- --
Heller berührt damit eine schwache Seite unserer politischen Wohlthä¬
tigkeit. Wir sprechen oft sehr vornehm über den eitlen, theatralischen
Patriotismus der Franzosen ab; sind wir aber besser? Muß uns das
Unglück nicht auch erst in die Ohren schreien und Gelegenheit zu bril¬
lanten Demonstrationen geben? Mußte Jordan nicht erst ein ruinir-
ter Mann sein, bevor man seiner dachte? Als König, ein bejahrter,
kränklicher Mann, in dem feuchten Kerker von Celle saß und die harte
Behandlung ihn zu tödten drohte, kamen einige ärmliche Spenden
zusammen; seitdem ist er vergessen. König ist nicht nur Patriot, son¬
dern auch ein kenntnißreicher Publizist und arbeitet unter schmerzlichen
Entbehrungen an einem umfassenderen Werke. Es gibt ja so viele
liberale Buchhändler in Deutschland, die in "Zeitgeschäften" sich ein
kleines Vermögen gesammelt haben. Warum bietet Keiner dem Dr.
König eine helfende Hand ? Wenn das nicht geschieht, sollte man das
Publicum zu Subscriptionen auffordern.


nicht eine Revolution, doch stets nur ein solches eclarantes Ereigniß
lieferte. Wovon sollte man sonst in Deutschland leben? —
"

— Bei Besprechung der „hohen Braut von Heinrich König,
macht Robert Heller in den „Rosen" auf einen andern König, der
auch etwas für'ö Volk gethan, den von Osterode nämlich, aufmerk¬
sam, welcher wegen seiner Anklage des Ministeriums Münster in
Celle gefangen gewesen. Diese Art, selbst in rein literarischen Artikeln
die Freuden und Leiden der politischen Welt nicht zu vergessen, ist
für die heutige Journalistik bezeichnend, aber man kann sich diese Ab¬
schweifungen gefallen lassen, wenn sie in solchem Sinn und zu sol¬
chem Zweck geschehen. „Dr. König", sagt Heller, „hat nach der
Abbüßung seiner Strafe Nichts zurück erhalten, als seine auf einen
gewissen Aufenthaltsort beschränkte Freiheit. Er ist in zerrüttete
Verhältnisse versetzt worden, von seiner juristischen Fähigkeit kann er
nur noch als Schriftsteller Gebrauch machen, und auch in dieser Be¬
ziehung scheint ihm nur der alte Thüringer Freund treu geblieben zu
sein, der ehemalige „Reichsanzeiger", die jetzige „Nationalzeitung der
Deutschen" . . . ,,J» einer Zeit, wo man den Männern, die ihrer
Gesinnung wegen mit ihrer bürgerlichen Stellung verfallen sind, glän¬
zende Aufnahmen, Feste und Sammlungen bereitet, O'Concil's-Renten
gewährt für Jordan's Familie, für Hach, für Jahr, sogar für einen
Breslauer Professor, der ohne Familienverpflichtungen lebt und durch
die Entziehung seiner Professur in keine schlimmere Lage gerathen ist,
als in die, sich seinen Erwerb durch schriftstellerische Thätigkeit zusichern, in
einer solchen Zeit ist es wohl statthaften einen so schwer geprüften Mann
zu erinnern, wie der Osteroder König. Allerdings kann er die deutschen
Gauen nicht bereisen und sich persönlich vorstellen in Berlin und Leip¬
zig, in Köln und in dem Frankfurt, wo der Bundestag sitzt." — —
Heller berührt damit eine schwache Seite unserer politischen Wohlthä¬
tigkeit. Wir sprechen oft sehr vornehm über den eitlen, theatralischen
Patriotismus der Franzosen ab; sind wir aber besser? Muß uns das
Unglück nicht auch erst in die Ohren schreien und Gelegenheit zu bril¬
lanten Demonstrationen geben? Mußte Jordan nicht erst ein ruinir-
ter Mann sein, bevor man seiner dachte? Als König, ein bejahrter,
kränklicher Mann, in dem feuchten Kerker von Celle saß und die harte
Behandlung ihn zu tödten drohte, kamen einige ärmliche Spenden
zusammen; seitdem ist er vergessen. König ist nicht nur Patriot, son¬
dern auch ein kenntnißreicher Publizist und arbeitet unter schmerzlichen
Entbehrungen an einem umfassenderen Werke. Es gibt ja so viele
liberale Buchhändler in Deutschland, die in „Zeitgeschäften" sich ein
kleines Vermögen gesammelt haben. Warum bietet Keiner dem Dr.
König eine helfende Hand ? Wenn das nicht geschieht, sollte man das
Publicum zu Subscriptionen auffordern.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/247>, abgerufen am 23.12.2024.