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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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Meyer zeigt den Einfluß Robert's noch mehr, denn es geht selbst in
sein Genre hinein, aber der Einfluß ist ein günstiger, weil Robert
vielleicht der bedeutendste Maler des Jahrhunderts war. -- Die
Lauscherin von E. Meicrheim ist in der überaus delicaten Ma¬
nier dieses Malers, die ihn zum Liebling des Publicums macht. Hier
ist sie wirklich an ihrer Stelle und das Bild eines seiner schönsten.
Unter den Landschaften, Mariner und Prospekten ist einiges Verdienst¬
volle, aber auch Einiges, was seiner furchtbaren Schlechtigkeit wegen
gesehen zu werden verdient. Agricola's Ansicht von Capri hat
die glückliche Farbe, die ihm stets eigen ist; aber die Stimmung ist
nicht so durchgehend, wie wir sie sonst von ihm gewohnt sind. -
Der Abend auf dem Riesengebirge von Behrendsen hat
dagegen sein größtes Verdienst in der Stimmung und in der kecken,
dreisten Ausführung. Das eigentliche Pcädicat Bild können wir ihm
jedoch nicht zugestehen. Es ist eine höchst glückliche Studie, die frei¬
lich besser ist, als manches Bild. -- Die Abendlandschaft von
Wegener ist ein Bild, denn das ist keine Ansicht, keine Studie. . .
sondern eine Composition. Nimmt man dazu, daß die schönste abend¬
liche Stimmung den Beschauer auch nicht einen Augenblick frei laßt,
so erkenntman in diesem kleinen Bilde einen der besten Ankäufe des Vereins.

Wir kommen jetzt zu einem Maler, der uns seit Jahren, so
lange er nämlich in Berlin ist, mit einer Masse von Bildern beehrt
hat, deren durchgehender Gedanke in einem einzigen hinreichend aus¬
zusprechen ist, und der sich somit in allen wiederholt. Wir meinen
Eichhorn. Wenn wir Gedanke s>gen, so ist das eigentlich ungerecht,
denn wir können diesem Maler durchaus keinen Gedanken zugestehen.
Er malt italienische und griechische Porträtlandschaften, den'Tempel
des Jupiter, die Villa d'Este, hier den Se. Peter in Rom, aber Al¬
les aus einem Topf, in einer und derselben Stimmung, in einer und
derselben nichtssagenden. Die Palette Eichhorns ist feststehend, seine
Farbenscala ist so zur Manier geworden, daß wir uns wundern,
warum er nicht schon ein Buch über das Colorit geschrieben hat, wo¬
rin es heißt: Den Himmel malt man so; eine Säule wird unbedingt
diese Farbe bekommen. -- Dennoch müssen wir gestehen, daß sein
heutiges Bild: Ansicht des Se. Peter in Rom zu den besseren
gehört. Wir können nicht umhin, Eichhorn statt jeder ferneren Be¬
sprechung an einen Vorgänger zu erinnern, der ihm ein besseres Bei¬
spiel sein sollte: Canaletto. Einen noch unbedingterer Tadel ha¬
ben wir, obgleich es uns leid thut, über zwei Andere auszusprechen.
Hoguet gibt ebenfalls seit Jahren Mariner, deren eine der anderen
auf's Haar in ihrer Schlechtigkeit gleicht. Hoguet kam aus Paris
und brachte le Poitevin's und Jsabcy's Untugenden mit, ohne ihrer
Eigenthümlichkeit theilhaftig geworden zu sein. Wir läugnen nicht,
daß sein erstes Bild durch seine colossale Schmiererei Einen über den Hau-


Meyer zeigt den Einfluß Robert's noch mehr, denn es geht selbst in
sein Genre hinein, aber der Einfluß ist ein günstiger, weil Robert
vielleicht der bedeutendste Maler des Jahrhunderts war. — Die
Lauscherin von E. Meicrheim ist in der überaus delicaten Ma¬
nier dieses Malers, die ihn zum Liebling des Publicums macht. Hier
ist sie wirklich an ihrer Stelle und das Bild eines seiner schönsten.
Unter den Landschaften, Mariner und Prospekten ist einiges Verdienst¬
volle, aber auch Einiges, was seiner furchtbaren Schlechtigkeit wegen
gesehen zu werden verdient. Agricola's Ansicht von Capri hat
die glückliche Farbe, die ihm stets eigen ist; aber die Stimmung ist
nicht so durchgehend, wie wir sie sonst von ihm gewohnt sind. -
Der Abend auf dem Riesengebirge von Behrendsen hat
dagegen sein größtes Verdienst in der Stimmung und in der kecken,
dreisten Ausführung. Das eigentliche Pcädicat Bild können wir ihm
jedoch nicht zugestehen. Es ist eine höchst glückliche Studie, die frei¬
lich besser ist, als manches Bild. — Die Abendlandschaft von
Wegener ist ein Bild, denn das ist keine Ansicht, keine Studie. . .
sondern eine Composition. Nimmt man dazu, daß die schönste abend¬
liche Stimmung den Beschauer auch nicht einen Augenblick frei laßt,
so erkenntman in diesem kleinen Bilde einen der besten Ankäufe des Vereins.

Wir kommen jetzt zu einem Maler, der uns seit Jahren, so
lange er nämlich in Berlin ist, mit einer Masse von Bildern beehrt
hat, deren durchgehender Gedanke in einem einzigen hinreichend aus¬
zusprechen ist, und der sich somit in allen wiederholt. Wir meinen
Eichhorn. Wenn wir Gedanke s>gen, so ist das eigentlich ungerecht,
denn wir können diesem Maler durchaus keinen Gedanken zugestehen.
Er malt italienische und griechische Porträtlandschaften, den'Tempel
des Jupiter, die Villa d'Este, hier den Se. Peter in Rom, aber Al¬
les aus einem Topf, in einer und derselben Stimmung, in einer und
derselben nichtssagenden. Die Palette Eichhorns ist feststehend, seine
Farbenscala ist so zur Manier geworden, daß wir uns wundern,
warum er nicht schon ein Buch über das Colorit geschrieben hat, wo¬
rin es heißt: Den Himmel malt man so; eine Säule wird unbedingt
diese Farbe bekommen. — Dennoch müssen wir gestehen, daß sein
heutiges Bild: Ansicht des Se. Peter in Rom zu den besseren
gehört. Wir können nicht umhin, Eichhorn statt jeder ferneren Be¬
sprechung an einen Vorgänger zu erinnern, der ihm ein besseres Bei¬
spiel sein sollte: Canaletto. Einen noch unbedingterer Tadel ha¬
ben wir, obgleich es uns leid thut, über zwei Andere auszusprechen.
Hoguet gibt ebenfalls seit Jahren Mariner, deren eine der anderen
auf's Haar in ihrer Schlechtigkeit gleicht. Hoguet kam aus Paris
und brachte le Poitevin's und Jsabcy's Untugenden mit, ohne ihrer
Eigenthümlichkeit theilhaftig geworden zu sein. Wir läugnen nicht,
daß sein erstes Bild durch seine colossale Schmiererei Einen über den Hau-


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[0239] Meyer zeigt den Einfluß Robert's noch mehr, denn es geht selbst in sein Genre hinein, aber der Einfluß ist ein günstiger, weil Robert vielleicht der bedeutendste Maler des Jahrhunderts war. — Die Lauscherin von E. Meicrheim ist in der überaus delicaten Ma¬ nier dieses Malers, die ihn zum Liebling des Publicums macht. Hier ist sie wirklich an ihrer Stelle und das Bild eines seiner schönsten. Unter den Landschaften, Mariner und Prospekten ist einiges Verdienst¬ volle, aber auch Einiges, was seiner furchtbaren Schlechtigkeit wegen gesehen zu werden verdient. Agricola's Ansicht von Capri hat die glückliche Farbe, die ihm stets eigen ist; aber die Stimmung ist nicht so durchgehend, wie wir sie sonst von ihm gewohnt sind. - Der Abend auf dem Riesengebirge von Behrendsen hat dagegen sein größtes Verdienst in der Stimmung und in der kecken, dreisten Ausführung. Das eigentliche Pcädicat Bild können wir ihm jedoch nicht zugestehen. Es ist eine höchst glückliche Studie, die frei¬ lich besser ist, als manches Bild. — Die Abendlandschaft von Wegener ist ein Bild, denn das ist keine Ansicht, keine Studie. . . sondern eine Composition. Nimmt man dazu, daß die schönste abend¬ liche Stimmung den Beschauer auch nicht einen Augenblick frei laßt, so erkenntman in diesem kleinen Bilde einen der besten Ankäufe des Vereins. Wir kommen jetzt zu einem Maler, der uns seit Jahren, so lange er nämlich in Berlin ist, mit einer Masse von Bildern beehrt hat, deren durchgehender Gedanke in einem einzigen hinreichend aus¬ zusprechen ist, und der sich somit in allen wiederholt. Wir meinen Eichhorn. Wenn wir Gedanke s>gen, so ist das eigentlich ungerecht, denn wir können diesem Maler durchaus keinen Gedanken zugestehen. Er malt italienische und griechische Porträtlandschaften, den'Tempel des Jupiter, die Villa d'Este, hier den Se. Peter in Rom, aber Al¬ les aus einem Topf, in einer und derselben Stimmung, in einer und derselben nichtssagenden. Die Palette Eichhorns ist feststehend, seine Farbenscala ist so zur Manier geworden, daß wir uns wundern, warum er nicht schon ein Buch über das Colorit geschrieben hat, wo¬ rin es heißt: Den Himmel malt man so; eine Säule wird unbedingt diese Farbe bekommen. — Dennoch müssen wir gestehen, daß sein heutiges Bild: Ansicht des Se. Peter in Rom zu den besseren gehört. Wir können nicht umhin, Eichhorn statt jeder ferneren Be¬ sprechung an einen Vorgänger zu erinnern, der ihm ein besseres Bei¬ spiel sein sollte: Canaletto. Einen noch unbedingterer Tadel ha¬ ben wir, obgleich es uns leid thut, über zwei Andere auszusprechen. Hoguet gibt ebenfalls seit Jahren Mariner, deren eine der anderen auf's Haar in ihrer Schlechtigkeit gleicht. Hoguet kam aus Paris und brachte le Poitevin's und Jsabcy's Untugenden mit, ohne ihrer Eigenthümlichkeit theilhaftig geworden zu sein. Wir läugnen nicht, daß sein erstes Bild durch seine colossale Schmiererei Einen über den Hau-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/239>, abgerufen am 23.07.2024.