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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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von gemeinen Soldaten hinsichtlich der Bildung dem Bombardiercorps
an die Seite gesetzt werden könne. Auf diese wissenschaftliche Aus¬
bildung des gemeinen Soldaten, nicht aber des Offiziercorps, gründet
sich der europäische Ruf der österreichischen Artillerie hinsichtlich ihrer
Intelligenz, aber eben in dieser szientifischen Ausbildung des gemei¬
nen Soldaten liegt auch der Grund der allgemeinen Unzufriedenheit
und des herrschenden Mißmuths. Ein Bombardier, der im Durch¬
schnitt fünfJahre im Regiments gedient hat, und zweimal avancirt ist,
bleibt nach einem vollendeten siebenjährigen Curs im Bombardiercorps
noch immer ein Gemeiner und oft mehrere Jahre, ja sehr oft für
immer ein Gemeiner, -- er ist verpflichtet, sogar den Fuhrwesens-
Korporal, der doch nur immer ein verkleideter Fuhrknecht ist, als sei¬
nen Vorgesetzten zu ehren,- er muß es geduldig tragen, wenn ein Kor¬
poral vom Regiment als Feuerwerker sein unmittelbarer Vorgesetzter wird,
der erst das lernen soll, was er zu vergessen anfängt, -er wird prak¬
tischer Bombardier, mithin zu allen Diensten und resp. Arbeiten verwen¬
det, von denen er als Freauentant entwöhnt war; ersieht, daß Viele, die
Nichts gelernt haben und sich im Regimente verwenden ließen, auf
indirectem Wege Offiziere geworden und derselbe noch immer ein
"Er" ist! -- Dies Alles macht die Meisten mißmuthig, verleitet selbe
zur Insubordination, und das Resultat ist, daß mittelmäßige Schüler
und Protectivnskinder zu Offiziersstellen gelangen, während die Gc-
schicktesten unter fortwährenden Disziplinarstrafen veralten und ent¬
weder als beständige Köche im Bombardicrcorps verderben, oder nach
vieljährigen getäuschten Hoffnungen den vor zehn Jahren verschmäh¬
ten Korporalstock als den Lohn ihres Fleißes und ihrer erworbenen
Kenntnisse zu erhalten suchen; damit sie im Alter, als Invaliden mit
täglich zwölf Kreuzer betheilt, nicht betteln dürfen.

Warum die in allen fünf Regimentern bestehenden tausend Un¬
teroffiziersstellen nicht durchgehends mit absolvirten Bombardiercorps-
Jndividuen completirt und die abgängigen Chargen des Bombar-
dier-Corps mit jenen der Regimenter ersetzt werden ist unbe¬
greiflich; denn außerdem, daß die Regimenter mit lauter tüch¬
tigen Unteroffizieren versehen wären, würde den Bombardier-Corps-
Jndividucn ein Avancement eröffnet, und die Wartzeit auf eine erle¬
digte Feuerwerkersstelle durch bessere Subsistenz, durch Gewinnung
an Ansehen gemildert werden. Die Inkonsequenz und unnatürliche


von gemeinen Soldaten hinsichtlich der Bildung dem Bombardiercorps
an die Seite gesetzt werden könne. Auf diese wissenschaftliche Aus¬
bildung des gemeinen Soldaten, nicht aber des Offiziercorps, gründet
sich der europäische Ruf der österreichischen Artillerie hinsichtlich ihrer
Intelligenz, aber eben in dieser szientifischen Ausbildung des gemei¬
nen Soldaten liegt auch der Grund der allgemeinen Unzufriedenheit
und des herrschenden Mißmuths. Ein Bombardier, der im Durch¬
schnitt fünfJahre im Regiments gedient hat, und zweimal avancirt ist,
bleibt nach einem vollendeten siebenjährigen Curs im Bombardiercorps
noch immer ein Gemeiner und oft mehrere Jahre, ja sehr oft für
immer ein Gemeiner, — er ist verpflichtet, sogar den Fuhrwesens-
Korporal, der doch nur immer ein verkleideter Fuhrknecht ist, als sei¬
nen Vorgesetzten zu ehren,- er muß es geduldig tragen, wenn ein Kor¬
poral vom Regiment als Feuerwerker sein unmittelbarer Vorgesetzter wird,
der erst das lernen soll, was er zu vergessen anfängt, -er wird prak¬
tischer Bombardier, mithin zu allen Diensten und resp. Arbeiten verwen¬
det, von denen er als Freauentant entwöhnt war; ersieht, daß Viele, die
Nichts gelernt haben und sich im Regimente verwenden ließen, auf
indirectem Wege Offiziere geworden und derselbe noch immer ein
„Er" ist! — Dies Alles macht die Meisten mißmuthig, verleitet selbe
zur Insubordination, und das Resultat ist, daß mittelmäßige Schüler
und Protectivnskinder zu Offiziersstellen gelangen, während die Gc-
schicktesten unter fortwährenden Disziplinarstrafen veralten und ent¬
weder als beständige Köche im Bombardicrcorps verderben, oder nach
vieljährigen getäuschten Hoffnungen den vor zehn Jahren verschmäh¬
ten Korporalstock als den Lohn ihres Fleißes und ihrer erworbenen
Kenntnisse zu erhalten suchen; damit sie im Alter, als Invaliden mit
täglich zwölf Kreuzer betheilt, nicht betteln dürfen.

Warum die in allen fünf Regimentern bestehenden tausend Un¬
teroffiziersstellen nicht durchgehends mit absolvirten Bombardiercorps-
Jndividuen completirt und die abgängigen Chargen des Bombar-
dier-Corps mit jenen der Regimenter ersetzt werden ist unbe¬
greiflich; denn außerdem, daß die Regimenter mit lauter tüch¬
tigen Unteroffizieren versehen wären, würde den Bombardier-Corps-
Jndividucn ein Avancement eröffnet, und die Wartzeit auf eine erle¬
digte Feuerwerkersstelle durch bessere Subsistenz, durch Gewinnung
an Ansehen gemildert werden. Die Inkonsequenz und unnatürliche


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[0023] von gemeinen Soldaten hinsichtlich der Bildung dem Bombardiercorps an die Seite gesetzt werden könne. Auf diese wissenschaftliche Aus¬ bildung des gemeinen Soldaten, nicht aber des Offiziercorps, gründet sich der europäische Ruf der österreichischen Artillerie hinsichtlich ihrer Intelligenz, aber eben in dieser szientifischen Ausbildung des gemei¬ nen Soldaten liegt auch der Grund der allgemeinen Unzufriedenheit und des herrschenden Mißmuths. Ein Bombardier, der im Durch¬ schnitt fünfJahre im Regiments gedient hat, und zweimal avancirt ist, bleibt nach einem vollendeten siebenjährigen Curs im Bombardiercorps noch immer ein Gemeiner und oft mehrere Jahre, ja sehr oft für immer ein Gemeiner, — er ist verpflichtet, sogar den Fuhrwesens- Korporal, der doch nur immer ein verkleideter Fuhrknecht ist, als sei¬ nen Vorgesetzten zu ehren,- er muß es geduldig tragen, wenn ein Kor¬ poral vom Regiment als Feuerwerker sein unmittelbarer Vorgesetzter wird, der erst das lernen soll, was er zu vergessen anfängt, -er wird prak¬ tischer Bombardier, mithin zu allen Diensten und resp. Arbeiten verwen¬ det, von denen er als Freauentant entwöhnt war; ersieht, daß Viele, die Nichts gelernt haben und sich im Regimente verwenden ließen, auf indirectem Wege Offiziere geworden und derselbe noch immer ein „Er" ist! — Dies Alles macht die Meisten mißmuthig, verleitet selbe zur Insubordination, und das Resultat ist, daß mittelmäßige Schüler und Protectivnskinder zu Offiziersstellen gelangen, während die Gc- schicktesten unter fortwährenden Disziplinarstrafen veralten und ent¬ weder als beständige Köche im Bombardicrcorps verderben, oder nach vieljährigen getäuschten Hoffnungen den vor zehn Jahren verschmäh¬ ten Korporalstock als den Lohn ihres Fleißes und ihrer erworbenen Kenntnisse zu erhalten suchen; damit sie im Alter, als Invaliden mit täglich zwölf Kreuzer betheilt, nicht betteln dürfen. Warum die in allen fünf Regimentern bestehenden tausend Un¬ teroffiziersstellen nicht durchgehends mit absolvirten Bombardiercorps- Jndividuen completirt und die abgängigen Chargen des Bombar- dier-Corps mit jenen der Regimenter ersetzt werden ist unbe¬ greiflich; denn außerdem, daß die Regimenter mit lauter tüch¬ tigen Unteroffizieren versehen wären, würde den Bombardier-Corps- Jndividucn ein Avancement eröffnet, und die Wartzeit auf eine erle¬ digte Feuerwerkersstelle durch bessere Subsistenz, durch Gewinnung an Ansehen gemildert werden. Die Inkonsequenz und unnatürliche

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/23>, abgerufen am 23.12.2024.