Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

lassen worden, meist nach eigenen Plänen ausführen ließ. Der Con¬
trast in der Bestimmung dieses Palastes, der einst die französische
Lebenseleganz beherbergte, die Prinz Eugen von Savoyen aus Pa¬
ris nach Wien gebracht, und der die mit dem Fürsten de Ligne wieder
ausgestorben ist, und der jetzt die staubigen Acten bewahrt, auf denen
geschrieben steht, daß Oesterreich weit mehr ausgegeben hat, als es
einnimmt, scheint im Grunde doch nicht gar so grell und unverein¬
bar; denn schon Montecuculli that den gewiß wahren Ausspruch,
daß zum Kriegführen drei Dinge erforderlich seien: erstens Geld,
zweitens wieder Geld, und drittens abermals Geld. Mag darum
einst in diesen weiten Prunkgemächern, in denen jetzt blasse Bureau¬
kraten gebückt an Schreibtischen hocken, der klirrende Sporn der be¬
rathend auf- und niederschreitenden Generale ertönt sein; mögen
zwischen diesen schweigsamen Mauern jene kriegerischen Entwürfe
entstanden sein, durch welche die Monarchie geworden, was sie ist,
indeß man jetzt hier mit den Herren Rothschild, Sina und Eskeles
Staatsanleihen abschließt und um die Provisionsprocente feilscht:
der Unterschied ist nicht ganz so groß, als er scheint, denn hat
man damals über die Ausführung der That unterhandelt, so
unterhandelt man nun wegen der Möglichkeit derselben, und
jedenfalls muß heute beim Ausbruch eines Krieges der Gedanke
der Staatsmänner früher der Bank zufliegen, als den Regimentern.
Deshalb ist die Ironie nicht so treffend, als sie dem thatenlustigen
Offizier erscheint, wenn das Finanz- und Kriegsministerium sich beide
in den Nachlaß des glücklichen Feldherrn getheilt und ihr Zelt in
den Hallen aufgeschlagen haben, in denen der letzte Angreifer des
österreichischen Heeres gewaltet.

In früheren Zeiten besaß jede einzelne Provinz ihre eigene Hof¬
kammer, welche die finanzielle Seite der Verwaltung besorgte und
sich namentlich der Administration der Staatsgüter und der Bewa-
chung der Regalien widmete, aus welchen der österreichische Schatz
noch immer ein sehr bedeutendes Einkommen zieht, indem das Salz¬
regal allein jährlich zwischen achtzehn und neunzehn Millionen Gul¬
den abwirft. Diese Vereinzelung entsprach so ganz der Entstehungs¬
weise des Staates selbst, der sich auch nur durch allmälige Erwer¬
bung vordem selbständiger Länder gebildet hat, daß sie noch lange
Zeit fortbestand, als die Monarchie bereits jenen Grad der Vollstän--


lassen worden, meist nach eigenen Plänen ausführen ließ. Der Con¬
trast in der Bestimmung dieses Palastes, der einst die französische
Lebenseleganz beherbergte, die Prinz Eugen von Savoyen aus Pa¬
ris nach Wien gebracht, und der die mit dem Fürsten de Ligne wieder
ausgestorben ist, und der jetzt die staubigen Acten bewahrt, auf denen
geschrieben steht, daß Oesterreich weit mehr ausgegeben hat, als es
einnimmt, scheint im Grunde doch nicht gar so grell und unverein¬
bar; denn schon Montecuculli that den gewiß wahren Ausspruch,
daß zum Kriegführen drei Dinge erforderlich seien: erstens Geld,
zweitens wieder Geld, und drittens abermals Geld. Mag darum
einst in diesen weiten Prunkgemächern, in denen jetzt blasse Bureau¬
kraten gebückt an Schreibtischen hocken, der klirrende Sporn der be¬
rathend auf- und niederschreitenden Generale ertönt sein; mögen
zwischen diesen schweigsamen Mauern jene kriegerischen Entwürfe
entstanden sein, durch welche die Monarchie geworden, was sie ist,
indeß man jetzt hier mit den Herren Rothschild, Sina und Eskeles
Staatsanleihen abschließt und um die Provisionsprocente feilscht:
der Unterschied ist nicht ganz so groß, als er scheint, denn hat
man damals über die Ausführung der That unterhandelt, so
unterhandelt man nun wegen der Möglichkeit derselben, und
jedenfalls muß heute beim Ausbruch eines Krieges der Gedanke
der Staatsmänner früher der Bank zufliegen, als den Regimentern.
Deshalb ist die Ironie nicht so treffend, als sie dem thatenlustigen
Offizier erscheint, wenn das Finanz- und Kriegsministerium sich beide
in den Nachlaß des glücklichen Feldherrn getheilt und ihr Zelt in
den Hallen aufgeschlagen haben, in denen der letzte Angreifer des
österreichischen Heeres gewaltet.

In früheren Zeiten besaß jede einzelne Provinz ihre eigene Hof¬
kammer, welche die finanzielle Seite der Verwaltung besorgte und
sich namentlich der Administration der Staatsgüter und der Bewa-
chung der Regalien widmete, aus welchen der österreichische Schatz
noch immer ein sehr bedeutendes Einkommen zieht, indem das Salz¬
regal allein jährlich zwischen achtzehn und neunzehn Millionen Gul¬
den abwirft. Diese Vereinzelung entsprach so ganz der Entstehungs¬
weise des Staates selbst, der sich auch nur durch allmälige Erwer¬
bung vordem selbständiger Länder gebildet hat, daß sie noch lange
Zeit fortbestand, als die Monarchie bereits jenen Grad der Vollstän--


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0164" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180723"/>
          <p xml:id="ID_379" prev="#ID_378"> lassen worden, meist nach eigenen Plänen ausführen ließ. Der Con¬<lb/>
trast in der Bestimmung dieses Palastes, der einst die französische<lb/>
Lebenseleganz beherbergte, die Prinz Eugen von Savoyen aus Pa¬<lb/>
ris nach Wien gebracht, und der die mit dem Fürsten de Ligne wieder<lb/>
ausgestorben ist, und der jetzt die staubigen Acten bewahrt, auf denen<lb/>
geschrieben steht, daß Oesterreich weit mehr ausgegeben hat, als es<lb/>
einnimmt, scheint im Grunde doch nicht gar so grell und unverein¬<lb/>
bar; denn schon Montecuculli that den gewiß wahren Ausspruch,<lb/>
daß zum Kriegführen drei Dinge erforderlich seien: erstens Geld,<lb/>
zweitens wieder Geld, und drittens abermals Geld. Mag darum<lb/>
einst in diesen weiten Prunkgemächern, in denen jetzt blasse Bureau¬<lb/>
kraten gebückt an Schreibtischen hocken, der klirrende Sporn der be¬<lb/>
rathend auf- und niederschreitenden Generale ertönt sein; mögen<lb/>
zwischen diesen schweigsamen Mauern jene kriegerischen Entwürfe<lb/>
entstanden sein, durch welche die Monarchie geworden, was sie ist,<lb/>
indeß man jetzt hier mit den Herren Rothschild, Sina und Eskeles<lb/>
Staatsanleihen abschließt und um die Provisionsprocente feilscht:<lb/>
der Unterschied ist nicht ganz so groß, als er scheint, denn hat<lb/>
man damals über die Ausführung der That unterhandelt, so<lb/>
unterhandelt man nun wegen der Möglichkeit derselben, und<lb/>
jedenfalls muß heute beim Ausbruch eines Krieges der Gedanke<lb/>
der Staatsmänner früher der Bank zufliegen, als den Regimentern.<lb/>
Deshalb ist die Ironie nicht so treffend, als sie dem thatenlustigen<lb/>
Offizier erscheint, wenn das Finanz- und Kriegsministerium sich beide<lb/>
in den Nachlaß des glücklichen Feldherrn getheilt und ihr Zelt in<lb/>
den Hallen aufgeschlagen haben, in denen der letzte Angreifer des<lb/>
österreichischen Heeres gewaltet.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_380" next="#ID_381"> In früheren Zeiten besaß jede einzelne Provinz ihre eigene Hof¬<lb/>
kammer, welche die finanzielle Seite der Verwaltung besorgte und<lb/>
sich namentlich der Administration der Staatsgüter und der Bewa-<lb/>
chung der Regalien widmete, aus welchen der österreichische Schatz<lb/>
noch immer ein sehr bedeutendes Einkommen zieht, indem das Salz¬<lb/>
regal allein jährlich zwischen achtzehn und neunzehn Millionen Gul¬<lb/>
den abwirft. Diese Vereinzelung entsprach so ganz der Entstehungs¬<lb/>
weise des Staates selbst, der sich auch nur durch allmälige Erwer¬<lb/>
bung vordem selbständiger Länder gebildet hat, daß sie noch lange<lb/>
Zeit fortbestand, als die Monarchie bereits jenen Grad der Vollstän--</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0164] lassen worden, meist nach eigenen Plänen ausführen ließ. Der Con¬ trast in der Bestimmung dieses Palastes, der einst die französische Lebenseleganz beherbergte, die Prinz Eugen von Savoyen aus Pa¬ ris nach Wien gebracht, und der die mit dem Fürsten de Ligne wieder ausgestorben ist, und der jetzt die staubigen Acten bewahrt, auf denen geschrieben steht, daß Oesterreich weit mehr ausgegeben hat, als es einnimmt, scheint im Grunde doch nicht gar so grell und unverein¬ bar; denn schon Montecuculli that den gewiß wahren Ausspruch, daß zum Kriegführen drei Dinge erforderlich seien: erstens Geld, zweitens wieder Geld, und drittens abermals Geld. Mag darum einst in diesen weiten Prunkgemächern, in denen jetzt blasse Bureau¬ kraten gebückt an Schreibtischen hocken, der klirrende Sporn der be¬ rathend auf- und niederschreitenden Generale ertönt sein; mögen zwischen diesen schweigsamen Mauern jene kriegerischen Entwürfe entstanden sein, durch welche die Monarchie geworden, was sie ist, indeß man jetzt hier mit den Herren Rothschild, Sina und Eskeles Staatsanleihen abschließt und um die Provisionsprocente feilscht: der Unterschied ist nicht ganz so groß, als er scheint, denn hat man damals über die Ausführung der That unterhandelt, so unterhandelt man nun wegen der Möglichkeit derselben, und jedenfalls muß heute beim Ausbruch eines Krieges der Gedanke der Staatsmänner früher der Bank zufliegen, als den Regimentern. Deshalb ist die Ironie nicht so treffend, als sie dem thatenlustigen Offizier erscheint, wenn das Finanz- und Kriegsministerium sich beide in den Nachlaß des glücklichen Feldherrn getheilt und ihr Zelt in den Hallen aufgeschlagen haben, in denen der letzte Angreifer des österreichischen Heeres gewaltet. In früheren Zeiten besaß jede einzelne Provinz ihre eigene Hof¬ kammer, welche die finanzielle Seite der Verwaltung besorgte und sich namentlich der Administration der Staatsgüter und der Bewa- chung der Regalien widmete, aus welchen der österreichische Schatz noch immer ein sehr bedeutendes Einkommen zieht, indem das Salz¬ regal allein jährlich zwischen achtzehn und neunzehn Millionen Gul¬ den abwirft. Diese Vereinzelung entsprach so ganz der Entstehungs¬ weise des Staates selbst, der sich auch nur durch allmälige Erwer¬ bung vordem selbständiger Länder gebildet hat, daß sie noch lange Zeit fortbestand, als die Monarchie bereits jenen Grad der Vollstän--

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/164
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/164>, abgerufen am 22.12.2024.