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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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die Funken von den Walzen umher, dort schneiden in ruhiger Kraft
ungeheuere Scheeren Eisenstangen von der Breite eines halben Fu¬
ßes und der Dicke eines Zolles in fußlange Stücke zur weiteren Be¬
arbeitung.

Was die Aufmerksamkeit des Beschauers dieser Anstalt zunächst
in Anspruch nimmt und ihn zur Bewunderung hinreißt, ist, wie in
dem Vorhergehenden angedeutet worden, diese ungeheuere Kraft, die
der Mensch es verstanden, sich dienstbar zu machen, wodurch er, blos
mit leitender Hand hinzutretend, die einzelnen Elemente sich gegen¬
seitig bekämpfen und nach seinem Willen formen läßt. Eine Ma¬
schine, von der Kraft des in Dampf verwandelten Wassers getrieben,
hebt mit der Kraft von dreitausend Menschen die Erzeugnisse der
Erde aus ihrem Innern an die Oberfläche; und eben diese Erzeug¬
nisse, die Steinkohlen, sind es, die den Eisenstein in flüssiges Me¬
tall verwandeln und im Verein mit den schweren eisernen Hämmern
und Walzen in eine Form (Eisenstangen und Eisenblech) verwandeln,
die die fernere Umgestaltung mehr und mehr erleichtert.

Je weiter wir uns übrigens von dem Ausgangspunkte entfer¬
nen, um so mehr finden wir diese früher blos einfach geleitete Kraft
mit dem menschlichen Geiste vereinigt, wir kommen nun in Werk¬
stätten, wo die durch eine außerhalb befindliche Dampfkraft getriebe-
denen Maschinen neben ihrer, die menschliche bei Weitem überstei¬
genden Kraft von menschlicher Einsicht belebt und wirklich beseelt schei¬
nen. Hier dreht sich ein ungeheurer künftiger Dampfcylinder von
Gußeisen um einen langsam, aber unermüdlich arbeitenden stähleinen
Meißel, und die liniendicken Stücke des spröden Metalles weichen der
ruhigen Gewalt, dort werden andere auf ähnliche Weise im Innern
glänzend polirt, und zu der Kraft fügt sich mathematische Genauig¬
keit; hier werden durch einfaches Vor- und Zurückschieben schwere
Stangen des härtesten Eisens glatt gehobelt, daß die durch Reibung
und Kraft fast zum Glühen erhitzten Spähne sich krümmen und dre¬
hen, wie die hölzernen aus dem Hobel des Tischlers, dort dringen
mit unwiderstehlicher Gewalt Bohrer in die dicksten Eisenstücke und
bringen in wenigen Secunden Höhlungen und Löcher hervor, an
denen ein Arbeiter mir seinen Werkzeugen sich stundenlang abgemüht
haben würde.

Unablässig, aber ruhig fahren alle diese Maschinen in ihren


die Funken von den Walzen umher, dort schneiden in ruhiger Kraft
ungeheuere Scheeren Eisenstangen von der Breite eines halben Fu¬
ßes und der Dicke eines Zolles in fußlange Stücke zur weiteren Be¬
arbeitung.

Was die Aufmerksamkeit des Beschauers dieser Anstalt zunächst
in Anspruch nimmt und ihn zur Bewunderung hinreißt, ist, wie in
dem Vorhergehenden angedeutet worden, diese ungeheuere Kraft, die
der Mensch es verstanden, sich dienstbar zu machen, wodurch er, blos
mit leitender Hand hinzutretend, die einzelnen Elemente sich gegen¬
seitig bekämpfen und nach seinem Willen formen läßt. Eine Ma¬
schine, von der Kraft des in Dampf verwandelten Wassers getrieben,
hebt mit der Kraft von dreitausend Menschen die Erzeugnisse der
Erde aus ihrem Innern an die Oberfläche; und eben diese Erzeug¬
nisse, die Steinkohlen, sind es, die den Eisenstein in flüssiges Me¬
tall verwandeln und im Verein mit den schweren eisernen Hämmern
und Walzen in eine Form (Eisenstangen und Eisenblech) verwandeln,
die die fernere Umgestaltung mehr und mehr erleichtert.

Je weiter wir uns übrigens von dem Ausgangspunkte entfer¬
nen, um so mehr finden wir diese früher blos einfach geleitete Kraft
mit dem menschlichen Geiste vereinigt, wir kommen nun in Werk¬
stätten, wo die durch eine außerhalb befindliche Dampfkraft getriebe-
denen Maschinen neben ihrer, die menschliche bei Weitem überstei¬
genden Kraft von menschlicher Einsicht belebt und wirklich beseelt schei¬
nen. Hier dreht sich ein ungeheurer künftiger Dampfcylinder von
Gußeisen um einen langsam, aber unermüdlich arbeitenden stähleinen
Meißel, und die liniendicken Stücke des spröden Metalles weichen der
ruhigen Gewalt, dort werden andere auf ähnliche Weise im Innern
glänzend polirt, und zu der Kraft fügt sich mathematische Genauig¬
keit; hier werden durch einfaches Vor- und Zurückschieben schwere
Stangen des härtesten Eisens glatt gehobelt, daß die durch Reibung
und Kraft fast zum Glühen erhitzten Spähne sich krümmen und dre¬
hen, wie die hölzernen aus dem Hobel des Tischlers, dort dringen
mit unwiderstehlicher Gewalt Bohrer in die dicksten Eisenstücke und
bringen in wenigen Secunden Höhlungen und Löcher hervor, an
denen ein Arbeiter mir seinen Werkzeugen sich stundenlang abgemüht
haben würde.

Unablässig, aber ruhig fahren alle diese Maschinen in ihren


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[0159] die Funken von den Walzen umher, dort schneiden in ruhiger Kraft ungeheuere Scheeren Eisenstangen von der Breite eines halben Fu¬ ßes und der Dicke eines Zolles in fußlange Stücke zur weiteren Be¬ arbeitung. Was die Aufmerksamkeit des Beschauers dieser Anstalt zunächst in Anspruch nimmt und ihn zur Bewunderung hinreißt, ist, wie in dem Vorhergehenden angedeutet worden, diese ungeheuere Kraft, die der Mensch es verstanden, sich dienstbar zu machen, wodurch er, blos mit leitender Hand hinzutretend, die einzelnen Elemente sich gegen¬ seitig bekämpfen und nach seinem Willen formen läßt. Eine Ma¬ schine, von der Kraft des in Dampf verwandelten Wassers getrieben, hebt mit der Kraft von dreitausend Menschen die Erzeugnisse der Erde aus ihrem Innern an die Oberfläche; und eben diese Erzeug¬ nisse, die Steinkohlen, sind es, die den Eisenstein in flüssiges Me¬ tall verwandeln und im Verein mit den schweren eisernen Hämmern und Walzen in eine Form (Eisenstangen und Eisenblech) verwandeln, die die fernere Umgestaltung mehr und mehr erleichtert. Je weiter wir uns übrigens von dem Ausgangspunkte entfer¬ nen, um so mehr finden wir diese früher blos einfach geleitete Kraft mit dem menschlichen Geiste vereinigt, wir kommen nun in Werk¬ stätten, wo die durch eine außerhalb befindliche Dampfkraft getriebe- denen Maschinen neben ihrer, die menschliche bei Weitem überstei¬ genden Kraft von menschlicher Einsicht belebt und wirklich beseelt schei¬ nen. Hier dreht sich ein ungeheurer künftiger Dampfcylinder von Gußeisen um einen langsam, aber unermüdlich arbeitenden stähleinen Meißel, und die liniendicken Stücke des spröden Metalles weichen der ruhigen Gewalt, dort werden andere auf ähnliche Weise im Innern glänzend polirt, und zu der Kraft fügt sich mathematische Genauig¬ keit; hier werden durch einfaches Vor- und Zurückschieben schwere Stangen des härtesten Eisens glatt gehobelt, daß die durch Reibung und Kraft fast zum Glühen erhitzten Spähne sich krümmen und dre¬ hen, wie die hölzernen aus dem Hobel des Tischlers, dort dringen mit unwiderstehlicher Gewalt Bohrer in die dicksten Eisenstücke und bringen in wenigen Secunden Höhlungen und Löcher hervor, an denen ein Arbeiter mir seinen Werkzeugen sich stundenlang abgemüht haben würde. Unablässig, aber ruhig fahren alle diese Maschinen in ihren

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/159>, abgerufen am 23.07.2024.