Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

letzend strahlt; ungeheure Zangen reißen die glühenden Klumpen auf
den mächtigen Amboß, dessen gewichtiger Hammer dieselben zusam¬
mendrückt wie einen feurigen Schwamm, daß die glänzenden Fluthen
der Schlacken sich rundum ergießen, bis ein wiederholtes Glühen und
Auspressen das Eisen rein und geschmeidig erscheinen läßt zum vor¬
gesetzten Gebrauch.

Nun wird es von Neuem geglüht, die für jede Schiene nöthige
Masse vereinigt und nach vorläufiger Zurichtung zwischen zwei mäch¬
tigen Walzen, von denen die untere fast flach, die obere nach der
Durchschnittsansicht der Schiene eingefurcht ist, mit unwiderstehlicher
Gewalt zur eigentlichen Schiene geformt; nur widerstrebend gibt die
gewaltige Masse nach, und Funken sprühen ringsumher auf den Bo¬
den hin und zwingen den sorglos Zuschauenden zu schleuniger
Flucht.

In der ganzen Eisenindustrie gibt es wohl keine schönere Er¬
findung als die Anwendung der Walzen, zur Bereitung der Schie¬
nen sowohl, als auch des Schmiedeeisens überhaupt. Jedermann
weiß, daß der durch bloßes Schmelzen und Wiederschmelzen des
Eisensteins gewonnene Stoff, das sogenannte Gußeisen zu dem ge¬
wöhnlichen Schmiedegebrauche untauglich ist; dazu wird es gewöhn¬
lich in den Eisenhütten durch wiederholtes Wcißglühen und Häm¬
mern zugerichtet.

Aber welche Mühe, aus einem rohen Klumpen eine überall
gleich dicke Stange oder gar ein dünnes Blech zu bereiten, wie viele
Hammerschläge, wie viele Aufmerksamkeit und Geschicklichkeit wird
dazu nicht erfordert! Nun denke man sich zwei aus dem festesten
Eisen bereitete, durch Dampfkraft, mit kraftverstärkendem Flugrade,
in Bewegung gesetzte Walzen; in der obern befinden sich mehrere
Rinnen, von denen die zweite stets enger ist als die erste. In der
breitesten dieser Rinnen wird die durch den Amboß von den Schlak-
ken gereinigte Masse nur ein wenig gestreckt, aber von den Arbei¬
tern augenblicklich zurückgezogen und in die zweite Rinne gedrängt;
und dies wird so lange fortgesetzt, bis eine Eisenstange von gewünschter
Dicke und Länge gewonnen ist. Auf ähnliche Weise wird das Eisen¬
blech verfertigt, nur daß statt der Rinnen hier die größere und ge¬
ringere Entfernung der Walzen von einander die Dicke des Eisens
bestimmt.


letzend strahlt; ungeheure Zangen reißen die glühenden Klumpen auf
den mächtigen Amboß, dessen gewichtiger Hammer dieselben zusam¬
mendrückt wie einen feurigen Schwamm, daß die glänzenden Fluthen
der Schlacken sich rundum ergießen, bis ein wiederholtes Glühen und
Auspressen das Eisen rein und geschmeidig erscheinen läßt zum vor¬
gesetzten Gebrauch.

Nun wird es von Neuem geglüht, die für jede Schiene nöthige
Masse vereinigt und nach vorläufiger Zurichtung zwischen zwei mäch¬
tigen Walzen, von denen die untere fast flach, die obere nach der
Durchschnittsansicht der Schiene eingefurcht ist, mit unwiderstehlicher
Gewalt zur eigentlichen Schiene geformt; nur widerstrebend gibt die
gewaltige Masse nach, und Funken sprühen ringsumher auf den Bo¬
den hin und zwingen den sorglos Zuschauenden zu schleuniger
Flucht.

In der ganzen Eisenindustrie gibt es wohl keine schönere Er¬
findung als die Anwendung der Walzen, zur Bereitung der Schie¬
nen sowohl, als auch des Schmiedeeisens überhaupt. Jedermann
weiß, daß der durch bloßes Schmelzen und Wiederschmelzen des
Eisensteins gewonnene Stoff, das sogenannte Gußeisen zu dem ge¬
wöhnlichen Schmiedegebrauche untauglich ist; dazu wird es gewöhn¬
lich in den Eisenhütten durch wiederholtes Wcißglühen und Häm¬
mern zugerichtet.

Aber welche Mühe, aus einem rohen Klumpen eine überall
gleich dicke Stange oder gar ein dünnes Blech zu bereiten, wie viele
Hammerschläge, wie viele Aufmerksamkeit und Geschicklichkeit wird
dazu nicht erfordert! Nun denke man sich zwei aus dem festesten
Eisen bereitete, durch Dampfkraft, mit kraftverstärkendem Flugrade,
in Bewegung gesetzte Walzen; in der obern befinden sich mehrere
Rinnen, von denen die zweite stets enger ist als die erste. In der
breitesten dieser Rinnen wird die durch den Amboß von den Schlak-
ken gereinigte Masse nur ein wenig gestreckt, aber von den Arbei¬
tern augenblicklich zurückgezogen und in die zweite Rinne gedrängt;
und dies wird so lange fortgesetzt, bis eine Eisenstange von gewünschter
Dicke und Länge gewonnen ist. Auf ähnliche Weise wird das Eisen¬
blech verfertigt, nur daß statt der Rinnen hier die größere und ge¬
ringere Entfernung der Walzen von einander die Dicke des Eisens
bestimmt.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0157" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180716"/>
          <p xml:id="ID_352" prev="#ID_351"> letzend strahlt; ungeheure Zangen reißen die glühenden Klumpen auf<lb/>
den mächtigen Amboß, dessen gewichtiger Hammer dieselben zusam¬<lb/>
mendrückt wie einen feurigen Schwamm, daß die glänzenden Fluthen<lb/>
der Schlacken sich rundum ergießen, bis ein wiederholtes Glühen und<lb/>
Auspressen das Eisen rein und geschmeidig erscheinen läßt zum vor¬<lb/>
gesetzten Gebrauch.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_353"> Nun wird es von Neuem geglüht, die für jede Schiene nöthige<lb/>
Masse vereinigt und nach vorläufiger Zurichtung zwischen zwei mäch¬<lb/>
tigen Walzen, von denen die untere fast flach, die obere nach der<lb/>
Durchschnittsansicht der Schiene eingefurcht ist, mit unwiderstehlicher<lb/>
Gewalt zur eigentlichen Schiene geformt; nur widerstrebend gibt die<lb/>
gewaltige Masse nach, und Funken sprühen ringsumher auf den Bo¬<lb/>
den hin und zwingen den sorglos Zuschauenden zu schleuniger<lb/>
Flucht.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_354"> In der ganzen Eisenindustrie gibt es wohl keine schönere Er¬<lb/>
findung als die Anwendung der Walzen, zur Bereitung der Schie¬<lb/>
nen sowohl, als auch des Schmiedeeisens überhaupt. Jedermann<lb/>
weiß, daß der durch bloßes Schmelzen und Wiederschmelzen des<lb/>
Eisensteins gewonnene Stoff, das sogenannte Gußeisen zu dem ge¬<lb/>
wöhnlichen Schmiedegebrauche untauglich ist; dazu wird es gewöhn¬<lb/>
lich in den Eisenhütten durch wiederholtes Wcißglühen und Häm¬<lb/>
mern zugerichtet.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_355"> Aber welche Mühe, aus einem rohen Klumpen eine überall<lb/>
gleich dicke Stange oder gar ein dünnes Blech zu bereiten, wie viele<lb/>
Hammerschläge, wie viele Aufmerksamkeit und Geschicklichkeit wird<lb/>
dazu nicht erfordert! Nun denke man sich zwei aus dem festesten<lb/>
Eisen bereitete, durch Dampfkraft, mit kraftverstärkendem Flugrade,<lb/>
in Bewegung gesetzte Walzen; in der obern befinden sich mehrere<lb/>
Rinnen, von denen die zweite stets enger ist als die erste. In der<lb/>
breitesten dieser Rinnen wird die durch den Amboß von den Schlak-<lb/>
ken gereinigte Masse nur ein wenig gestreckt, aber von den Arbei¬<lb/>
tern augenblicklich zurückgezogen und in die zweite Rinne gedrängt;<lb/>
und dies wird so lange fortgesetzt, bis eine Eisenstange von gewünschter<lb/>
Dicke und Länge gewonnen ist. Auf ähnliche Weise wird das Eisen¬<lb/>
blech verfertigt, nur daß statt der Rinnen hier die größere und ge¬<lb/>
ringere Entfernung der Walzen von einander die Dicke des Eisens<lb/>
bestimmt.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0157] letzend strahlt; ungeheure Zangen reißen die glühenden Klumpen auf den mächtigen Amboß, dessen gewichtiger Hammer dieselben zusam¬ mendrückt wie einen feurigen Schwamm, daß die glänzenden Fluthen der Schlacken sich rundum ergießen, bis ein wiederholtes Glühen und Auspressen das Eisen rein und geschmeidig erscheinen läßt zum vor¬ gesetzten Gebrauch. Nun wird es von Neuem geglüht, die für jede Schiene nöthige Masse vereinigt und nach vorläufiger Zurichtung zwischen zwei mäch¬ tigen Walzen, von denen die untere fast flach, die obere nach der Durchschnittsansicht der Schiene eingefurcht ist, mit unwiderstehlicher Gewalt zur eigentlichen Schiene geformt; nur widerstrebend gibt die gewaltige Masse nach, und Funken sprühen ringsumher auf den Bo¬ den hin und zwingen den sorglos Zuschauenden zu schleuniger Flucht. In der ganzen Eisenindustrie gibt es wohl keine schönere Er¬ findung als die Anwendung der Walzen, zur Bereitung der Schie¬ nen sowohl, als auch des Schmiedeeisens überhaupt. Jedermann weiß, daß der durch bloßes Schmelzen und Wiederschmelzen des Eisensteins gewonnene Stoff, das sogenannte Gußeisen zu dem ge¬ wöhnlichen Schmiedegebrauche untauglich ist; dazu wird es gewöhn¬ lich in den Eisenhütten durch wiederholtes Wcißglühen und Häm¬ mern zugerichtet. Aber welche Mühe, aus einem rohen Klumpen eine überall gleich dicke Stange oder gar ein dünnes Blech zu bereiten, wie viele Hammerschläge, wie viele Aufmerksamkeit und Geschicklichkeit wird dazu nicht erfordert! Nun denke man sich zwei aus dem festesten Eisen bereitete, durch Dampfkraft, mit kraftverstärkendem Flugrade, in Bewegung gesetzte Walzen; in der obern befinden sich mehrere Rinnen, von denen die zweite stets enger ist als die erste. In der breitesten dieser Rinnen wird die durch den Amboß von den Schlak- ken gereinigte Masse nur ein wenig gestreckt, aber von den Arbei¬ tern augenblicklich zurückgezogen und in die zweite Rinne gedrängt; und dies wird so lange fortgesetzt, bis eine Eisenstange von gewünschter Dicke und Länge gewonnen ist. Auf ähnliche Weise wird das Eisen¬ blech verfertigt, nur daß statt der Rinnen hier die größere und ge¬ ringere Entfernung der Walzen von einander die Dicke des Eisens bestimmt.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/157
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/157>, abgerufen am 23.12.2024.