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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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Dieser Kanal ist wieder einer von den Hauptknoten, die uns
auf die Gesammtheit des Wirkens dieser Anstalt' hinweisen; dieser
Kanal, auf dem die rothen Eisensteine und rohen Balken den statt¬
lichen Dampfschiffen und zierlichen Lokomotiven, begegnen, wo der
Stoff bescheiden das Produkt grüßt, dem er gleich zu werden trach¬
tet, um stolz und glänzend diesen Ort zu verlassen, wo er unschein¬
bar und verachtet eingezogen.

Wie gesagt, man erwarte keine ängstliche Beschreibung von mir;
nur das hervorstechend Merkwürdige, das am meisten in die Augen
allende will i berühren.

Dazu gehören ohnstreitig die beiden ungeheuren Hochofen in
der Form zweier oben verbundenen Pyramiden, jede von einem gro¬
ßen eisernen Cylinder überragt, über welche die weißen und hellgel¬
ben Flammen hoch emporschlagen und eine düstere Rauchwolke ver¬
breiten, so oft eine neue Ladung Koak und Eisenstein, durch Dampf¬
kraft gehoben, hineingeworfen wird. Unten aber ergießen sich,
so oft der Zapfen ausgestoßen wird, die feuerbraunen Wogen, schad¬
los in die mannigfaltigen Sandformen geleitet und in ihrer Ver¬
kühlung als gröbstes Eisen erscheinend. Nur für wenigen Gebrauch
jedoch genügt diese erste Bildung; eine Menge kleiner Schmelzöfen
dient dazu, die erste rohe Masse abermals und abermals umzuschmel-
zen, bis tüchtiges, solides Gußeisen zum Vorschein kommt und in
weiter unten befindlichen Werkstätten beHauen, abgeschliffen und ge¬
glättet wird.

Andere Massen des mehr oder weniger ungeschmolzenen Roh¬
eisens gehen in das Atelier der Eisenhämmer (litminoir) und theil¬
weise in die Schienenfabrik über.

Die Größe und Zweckmäßigkeit der Einrichtungen machte es
dieser Anstalt bei der Wohlfeilheit der Urstoffe möglich, in den Eisen¬
bahnschienen mit den größten Fabriken Deutschlands und selbst Eng¬
lands zu concurriren, so daß im vergangenen Sommer eine Be¬
stellung von sieben Millionen Kilogramm dieses Productes für die
Construction der ba irischen Eisenbahnen abgeliefert wurde. Die
Fabrikation dieser Schienen ist vielleicht das Großartigste und Jnte¬
ressanteste, was die ganze Anstalt aufzuweisen hat. Man betrachte
diese ungeheuern Massen des zum Weißglühen, ja fast zur Schmelz¬
hitze gebrachten Eisens, dessen Glanz in der Tageshelle äugender-


Dieser Kanal ist wieder einer von den Hauptknoten, die uns
auf die Gesammtheit des Wirkens dieser Anstalt' hinweisen; dieser
Kanal, auf dem die rothen Eisensteine und rohen Balken den statt¬
lichen Dampfschiffen und zierlichen Lokomotiven, begegnen, wo der
Stoff bescheiden das Produkt grüßt, dem er gleich zu werden trach¬
tet, um stolz und glänzend diesen Ort zu verlassen, wo er unschein¬
bar und verachtet eingezogen.

Wie gesagt, man erwarte keine ängstliche Beschreibung von mir;
nur das hervorstechend Merkwürdige, das am meisten in die Augen
allende will i berühren.

Dazu gehören ohnstreitig die beiden ungeheuren Hochofen in
der Form zweier oben verbundenen Pyramiden, jede von einem gro¬
ßen eisernen Cylinder überragt, über welche die weißen und hellgel¬
ben Flammen hoch emporschlagen und eine düstere Rauchwolke ver¬
breiten, so oft eine neue Ladung Koak und Eisenstein, durch Dampf¬
kraft gehoben, hineingeworfen wird. Unten aber ergießen sich,
so oft der Zapfen ausgestoßen wird, die feuerbraunen Wogen, schad¬
los in die mannigfaltigen Sandformen geleitet und in ihrer Ver¬
kühlung als gröbstes Eisen erscheinend. Nur für wenigen Gebrauch
jedoch genügt diese erste Bildung; eine Menge kleiner Schmelzöfen
dient dazu, die erste rohe Masse abermals und abermals umzuschmel-
zen, bis tüchtiges, solides Gußeisen zum Vorschein kommt und in
weiter unten befindlichen Werkstätten beHauen, abgeschliffen und ge¬
glättet wird.

Andere Massen des mehr oder weniger ungeschmolzenen Roh¬
eisens gehen in das Atelier der Eisenhämmer (litminoir) und theil¬
weise in die Schienenfabrik über.

Die Größe und Zweckmäßigkeit der Einrichtungen machte es
dieser Anstalt bei der Wohlfeilheit der Urstoffe möglich, in den Eisen¬
bahnschienen mit den größten Fabriken Deutschlands und selbst Eng¬
lands zu concurriren, so daß im vergangenen Sommer eine Be¬
stellung von sieben Millionen Kilogramm dieses Productes für die
Construction der ba irischen Eisenbahnen abgeliefert wurde. Die
Fabrikation dieser Schienen ist vielleicht das Großartigste und Jnte¬
ressanteste, was die ganze Anstalt aufzuweisen hat. Man betrachte
diese ungeheuern Massen des zum Weißglühen, ja fast zur Schmelz¬
hitze gebrachten Eisens, dessen Glanz in der Tageshelle äugender-


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[0156] Dieser Kanal ist wieder einer von den Hauptknoten, die uns auf die Gesammtheit des Wirkens dieser Anstalt' hinweisen; dieser Kanal, auf dem die rothen Eisensteine und rohen Balken den statt¬ lichen Dampfschiffen und zierlichen Lokomotiven, begegnen, wo der Stoff bescheiden das Produkt grüßt, dem er gleich zu werden trach¬ tet, um stolz und glänzend diesen Ort zu verlassen, wo er unschein¬ bar und verachtet eingezogen. Wie gesagt, man erwarte keine ängstliche Beschreibung von mir; nur das hervorstechend Merkwürdige, das am meisten in die Augen allende will i berühren. Dazu gehören ohnstreitig die beiden ungeheuren Hochofen in der Form zweier oben verbundenen Pyramiden, jede von einem gro¬ ßen eisernen Cylinder überragt, über welche die weißen und hellgel¬ ben Flammen hoch emporschlagen und eine düstere Rauchwolke ver¬ breiten, so oft eine neue Ladung Koak und Eisenstein, durch Dampf¬ kraft gehoben, hineingeworfen wird. Unten aber ergießen sich, so oft der Zapfen ausgestoßen wird, die feuerbraunen Wogen, schad¬ los in die mannigfaltigen Sandformen geleitet und in ihrer Ver¬ kühlung als gröbstes Eisen erscheinend. Nur für wenigen Gebrauch jedoch genügt diese erste Bildung; eine Menge kleiner Schmelzöfen dient dazu, die erste rohe Masse abermals und abermals umzuschmel- zen, bis tüchtiges, solides Gußeisen zum Vorschein kommt und in weiter unten befindlichen Werkstätten beHauen, abgeschliffen und ge¬ glättet wird. Andere Massen des mehr oder weniger ungeschmolzenen Roh¬ eisens gehen in das Atelier der Eisenhämmer (litminoir) und theil¬ weise in die Schienenfabrik über. Die Größe und Zweckmäßigkeit der Einrichtungen machte es dieser Anstalt bei der Wohlfeilheit der Urstoffe möglich, in den Eisen¬ bahnschienen mit den größten Fabriken Deutschlands und selbst Eng¬ lands zu concurriren, so daß im vergangenen Sommer eine Be¬ stellung von sieben Millionen Kilogramm dieses Productes für die Construction der ba irischen Eisenbahnen abgeliefert wurde. Die Fabrikation dieser Schienen ist vielleicht das Großartigste und Jnte¬ ressanteste, was die ganze Anstalt aufzuweisen hat. Man betrachte diese ungeheuern Massen des zum Weißglühen, ja fast zur Schmelz¬ hitze gebrachten Eisens, dessen Glanz in der Tageshelle äugender-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/156>, abgerufen am 23.07.2024.