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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band.

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von mehr alö zwanzig Minuten an dein Ende der obersten Kohlen¬
werke ankamen. Wir wollten nämlich systematisch verfahren; und da
die verschiedenen Werkstätten nach einer bestimmten Ordnung auf¬
geführt sind, so war es natürlich, mit dem Orte anzufangen, der den
Urstoff zum Betriebe des ganzen Etablissements, die Steinkohlen,
liefert.

Steht man hier auf der sanft sich erhebenden Anhöhe, wo die
mit einer Kraft von fünfhundert Pferden arbeitende Maschine täg-
lich an 500,000 Pfund Kohlen emporhebt und das stets zufließende
Wasser herauspumpt; sieht man diese ungeheuren Schornsteine von
beinahe dreihundert Fuß Höhe sich neben uns erheben; beobachtet
man die stille Gewalt des in einander greifenden Räderwerkes, den
gewaltigen Umschwung der Flugräder (vol-mes), das majestätische
Auf- und Absteigen der mehr als dreißig Fuß langen Balancir-
stange -- so kann man, von der gigantischen Große eines solchen
Werkes hingerissen, kaum zur Besinnung, vom Staunen kaum zum
ruhigen Beschauen gelangen. Dann erfährt man, daß Alles, was
man steht, von dem einfachen Ziegelsteine bis zur großen leichtge¬
wundenen und durchsichtigen Eisentreppe Produkt der Anstalt ist,
welche Alles, mit Ausnahme des rohen Eisensteines und der Baum¬
stämme, in sich selbst erzeugt -- man blickt zurück auf die Reihe der
Werkstätten, zu unsern Füßen, auf die Gluth der Hochöfen, auf den
Dampf und Rauch der Maschinen, und dann erst erkennt man, welche
ungeahnte Größe in dieser Vereinigung so vieler Fähigkeiten und
Kräfte, so vieler Hände und Intelligenzen liegt, und eine tiefe Ver¬
ehrung ergreift uns vor dem Geiste, der das so riesenhaft Erdachte
so siegreich ausgeführt.

Eine sanftgeneigte Eisenbahn führt die Produkte der beiden
Kohlenwerke durch deren eigne Schwere mit Schnelligkeit zu den
Koakofcn, die mit ihrem dunkelrothen Feuer die Steinkohlen zu wei¬
ten" Gebrauche zurichten. Dicht dabei stehen die sogenannten
Wärmeöfen, wo der Eisenstein durch vorläufiges Glühen zum Schmel¬
zen vorbereitet wird. Bis zu diesen Oefen hin macht auch der dem
Etablissement zugehörige Kanal, welcher Eisensteine und Holz herbei¬
führt und die fertigen Produkte auf Schiffen oder gar die auf dem
großen, an seiner Seite liegenden Zimmerplatze construirten Dampf¬
schiffe selbst in die Maas und von dort in den Rhein:c. wegführt.


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von mehr alö zwanzig Minuten an dein Ende der obersten Kohlen¬
werke ankamen. Wir wollten nämlich systematisch verfahren; und da
die verschiedenen Werkstätten nach einer bestimmten Ordnung auf¬
geführt sind, so war es natürlich, mit dem Orte anzufangen, der den
Urstoff zum Betriebe des ganzen Etablissements, die Steinkohlen,
liefert.

Steht man hier auf der sanft sich erhebenden Anhöhe, wo die
mit einer Kraft von fünfhundert Pferden arbeitende Maschine täg-
lich an 500,000 Pfund Kohlen emporhebt und das stets zufließende
Wasser herauspumpt; sieht man diese ungeheuren Schornsteine von
beinahe dreihundert Fuß Höhe sich neben uns erheben; beobachtet
man die stille Gewalt des in einander greifenden Räderwerkes, den
gewaltigen Umschwung der Flugräder (vol-mes), das majestätische
Auf- und Absteigen der mehr als dreißig Fuß langen Balancir-
stange — so kann man, von der gigantischen Große eines solchen
Werkes hingerissen, kaum zur Besinnung, vom Staunen kaum zum
ruhigen Beschauen gelangen. Dann erfährt man, daß Alles, was
man steht, von dem einfachen Ziegelsteine bis zur großen leichtge¬
wundenen und durchsichtigen Eisentreppe Produkt der Anstalt ist,
welche Alles, mit Ausnahme des rohen Eisensteines und der Baum¬
stämme, in sich selbst erzeugt — man blickt zurück auf die Reihe der
Werkstätten, zu unsern Füßen, auf die Gluth der Hochöfen, auf den
Dampf und Rauch der Maschinen, und dann erst erkennt man, welche
ungeahnte Größe in dieser Vereinigung so vieler Fähigkeiten und
Kräfte, so vieler Hände und Intelligenzen liegt, und eine tiefe Ver¬
ehrung ergreift uns vor dem Geiste, der das so riesenhaft Erdachte
so siegreich ausgeführt.

Eine sanftgeneigte Eisenbahn führt die Produkte der beiden
Kohlenwerke durch deren eigne Schwere mit Schnelligkeit zu den
Koakofcn, die mit ihrem dunkelrothen Feuer die Steinkohlen zu wei¬
ten» Gebrauche zurichten. Dicht dabei stehen die sogenannten
Wärmeöfen, wo der Eisenstein durch vorläufiges Glühen zum Schmel¬
zen vorbereitet wird. Bis zu diesen Oefen hin macht auch der dem
Etablissement zugehörige Kanal, welcher Eisensteine und Holz herbei¬
führt und die fertigen Produkte auf Schiffen oder gar die auf dem
großen, an seiner Seite liegenden Zimmerplatze construirten Dampf¬
schiffe selbst in die Maas und von dort in den Rhein:c. wegführt.


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[0155] von mehr alö zwanzig Minuten an dein Ende der obersten Kohlen¬ werke ankamen. Wir wollten nämlich systematisch verfahren; und da die verschiedenen Werkstätten nach einer bestimmten Ordnung auf¬ geführt sind, so war es natürlich, mit dem Orte anzufangen, der den Urstoff zum Betriebe des ganzen Etablissements, die Steinkohlen, liefert. Steht man hier auf der sanft sich erhebenden Anhöhe, wo die mit einer Kraft von fünfhundert Pferden arbeitende Maschine täg- lich an 500,000 Pfund Kohlen emporhebt und das stets zufließende Wasser herauspumpt; sieht man diese ungeheuren Schornsteine von beinahe dreihundert Fuß Höhe sich neben uns erheben; beobachtet man die stille Gewalt des in einander greifenden Räderwerkes, den gewaltigen Umschwung der Flugräder (vol-mes), das majestätische Auf- und Absteigen der mehr als dreißig Fuß langen Balancir- stange — so kann man, von der gigantischen Große eines solchen Werkes hingerissen, kaum zur Besinnung, vom Staunen kaum zum ruhigen Beschauen gelangen. Dann erfährt man, daß Alles, was man steht, von dem einfachen Ziegelsteine bis zur großen leichtge¬ wundenen und durchsichtigen Eisentreppe Produkt der Anstalt ist, welche Alles, mit Ausnahme des rohen Eisensteines und der Baum¬ stämme, in sich selbst erzeugt — man blickt zurück auf die Reihe der Werkstätten, zu unsern Füßen, auf die Gluth der Hochöfen, auf den Dampf und Rauch der Maschinen, und dann erst erkennt man, welche ungeahnte Größe in dieser Vereinigung so vieler Fähigkeiten und Kräfte, so vieler Hände und Intelligenzen liegt, und eine tiefe Ver¬ ehrung ergreift uns vor dem Geiste, der das so riesenhaft Erdachte so siegreich ausgeführt. Eine sanftgeneigte Eisenbahn führt die Produkte der beiden Kohlenwerke durch deren eigne Schwere mit Schnelligkeit zu den Koakofcn, die mit ihrem dunkelrothen Feuer die Steinkohlen zu wei¬ ten» Gebrauche zurichten. Dicht dabei stehen die sogenannten Wärmeöfen, wo der Eisenstein durch vorläufiges Glühen zum Schmel¬ zen vorbereitet wird. Bis zu diesen Oefen hin macht auch der dem Etablissement zugehörige Kanal, welcher Eisensteine und Holz herbei¬ führt und die fertigen Produkte auf Schiffen oder gar die auf dem großen, an seiner Seite liegenden Zimmerplatze construirten Dampf¬ schiffe selbst in die Maas und von dort in den Rhein:c. wegführt. 19-i-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_180558/155>, abgerufen am 23.12.2024.