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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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dazu verwendet worden. Mit Bergnügen erwähnen wir die Ver¬
dienste dieser Gesellschaft, und unsere Aufrichtigkeit wird uns spater
das Recht geben, die Uebergriffe zu bezeichnen, welche uns die Auf¬
merksamkeit der Negierung zu verdienen scheinen.

Die Lage der Schauspieler bietet im Allgemeinen mit der der
Autoren viele Analogien dar. Vor der Revolution warm die Schau,
Spieler mehr noch durch die öffentliche Meinung, als durch die Gesetze
beeinträchtigt. Die Revolution machte dieser Intoleranz ein Ende
und stellte sie allen anderen Staatsbürgern gleich; Talma wurde
unter der Restauration in einem Wahlcollegium zum Wahlzeugen
gewählt, und seit 1830 hat ein Künstler bei der O^i'ii, das Kreuz
der Ehrenlegion bekommen, und Andere sind mancherlei Auszeichnun¬
gen werth erachtet worden.

Die Zahl der Schauspieler in Frankreich ist ungefähr dreitau¬
send. Alte Documente erhöhten schätzungsweise diese Zahl auf acht¬
tausend; vielleicht begriff man aber darin die große Menge der ihr
erstes Debüt erwartenden Kandidaten der Bühne. Unter den Schau¬
spielern, welche wirklich ihre Talente ausüben, findet eine große Un¬
gleichheit ihrer respectiven Stellungen statt. Die Bedeutendsten, welche
Gehalte haben und außerdem noch durch Gastdarstellungen in den
Provinzen bedeutende Einnahmen machen, gelangen zu Reichthum;
Andere in Paris und den Provinzen können bequem leben, der größte
Theil aber hat eine erbärmliche Existenz. Die Unternehmun¬
gen in kleinen Städten und die ambulanten Truppen werfen kaun,
so viel ab, um ihre Mitglieder zu ernähren. Nach einem Leben Vol¬
ler Entbehrungen und Leiden sind ihre letzten Tage allen Qualen
der schrecklichsten Armuth ausgesetzt. Besonders in der Provinz ist
ihre Stellung ungewiß: jedes neue Jahr stellt ihre Lage, man kann
sagen, ihre Existenz wieder in Frage. -- Das Parterre richtet sie
ohne Appellation und zeigt sich häufig unerbittlich. Die Theater-
Carriere ist fast immer voller Klippen: sie reizt eine unerfahrene Ju¬
gend an und läßt den reiferen Jahren, besonders dem Alter, Nichts
als Erniedrigung und Elend.

Im Jahre 1840 ist unter den dramatischen Künstlern eine
Gesellschaft entstanden, deren Zweck die Bildung eines Unterstützungs-
fonds ist für diejenigen, welche das Unglück mit aller Strenge heim¬
sucht, und der Erfolg hat den Wünschen ihrer Urheber entsprochen.


dazu verwendet worden. Mit Bergnügen erwähnen wir die Ver¬
dienste dieser Gesellschaft, und unsere Aufrichtigkeit wird uns spater
das Recht geben, die Uebergriffe zu bezeichnen, welche uns die Auf¬
merksamkeit der Negierung zu verdienen scheinen.

Die Lage der Schauspieler bietet im Allgemeinen mit der der
Autoren viele Analogien dar. Vor der Revolution warm die Schau,
Spieler mehr noch durch die öffentliche Meinung, als durch die Gesetze
beeinträchtigt. Die Revolution machte dieser Intoleranz ein Ende
und stellte sie allen anderen Staatsbürgern gleich; Talma wurde
unter der Restauration in einem Wahlcollegium zum Wahlzeugen
gewählt, und seit 1830 hat ein Künstler bei der O^i'ii, das Kreuz
der Ehrenlegion bekommen, und Andere sind mancherlei Auszeichnun¬
gen werth erachtet worden.

Die Zahl der Schauspieler in Frankreich ist ungefähr dreitau¬
send. Alte Documente erhöhten schätzungsweise diese Zahl auf acht¬
tausend; vielleicht begriff man aber darin die große Menge der ihr
erstes Debüt erwartenden Kandidaten der Bühne. Unter den Schau¬
spielern, welche wirklich ihre Talente ausüben, findet eine große Un¬
gleichheit ihrer respectiven Stellungen statt. Die Bedeutendsten, welche
Gehalte haben und außerdem noch durch Gastdarstellungen in den
Provinzen bedeutende Einnahmen machen, gelangen zu Reichthum;
Andere in Paris und den Provinzen können bequem leben, der größte
Theil aber hat eine erbärmliche Existenz. Die Unternehmun¬
gen in kleinen Städten und die ambulanten Truppen werfen kaun,
so viel ab, um ihre Mitglieder zu ernähren. Nach einem Leben Vol¬
ler Entbehrungen und Leiden sind ihre letzten Tage allen Qualen
der schrecklichsten Armuth ausgesetzt. Besonders in der Provinz ist
ihre Stellung ungewiß: jedes neue Jahr stellt ihre Lage, man kann
sagen, ihre Existenz wieder in Frage. — Das Parterre richtet sie
ohne Appellation und zeigt sich häufig unerbittlich. Die Theater-
Carriere ist fast immer voller Klippen: sie reizt eine unerfahrene Ju¬
gend an und läßt den reiferen Jahren, besonders dem Alter, Nichts
als Erniedrigung und Elend.

Im Jahre 1840 ist unter den dramatischen Künstlern eine
Gesellschaft entstanden, deren Zweck die Bildung eines Unterstützungs-
fonds ist für diejenigen, welche das Unglück mit aller Strenge heim¬
sucht, und der Erfolg hat den Wünschen ihrer Urheber entsprochen.


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[0790] dazu verwendet worden. Mit Bergnügen erwähnen wir die Ver¬ dienste dieser Gesellschaft, und unsere Aufrichtigkeit wird uns spater das Recht geben, die Uebergriffe zu bezeichnen, welche uns die Auf¬ merksamkeit der Negierung zu verdienen scheinen. Die Lage der Schauspieler bietet im Allgemeinen mit der der Autoren viele Analogien dar. Vor der Revolution warm die Schau, Spieler mehr noch durch die öffentliche Meinung, als durch die Gesetze beeinträchtigt. Die Revolution machte dieser Intoleranz ein Ende und stellte sie allen anderen Staatsbürgern gleich; Talma wurde unter der Restauration in einem Wahlcollegium zum Wahlzeugen gewählt, und seit 1830 hat ein Künstler bei der O^i'ii, das Kreuz der Ehrenlegion bekommen, und Andere sind mancherlei Auszeichnun¬ gen werth erachtet worden. Die Zahl der Schauspieler in Frankreich ist ungefähr dreitau¬ send. Alte Documente erhöhten schätzungsweise diese Zahl auf acht¬ tausend; vielleicht begriff man aber darin die große Menge der ihr erstes Debüt erwartenden Kandidaten der Bühne. Unter den Schau¬ spielern, welche wirklich ihre Talente ausüben, findet eine große Un¬ gleichheit ihrer respectiven Stellungen statt. Die Bedeutendsten, welche Gehalte haben und außerdem noch durch Gastdarstellungen in den Provinzen bedeutende Einnahmen machen, gelangen zu Reichthum; Andere in Paris und den Provinzen können bequem leben, der größte Theil aber hat eine erbärmliche Existenz. Die Unternehmun¬ gen in kleinen Städten und die ambulanten Truppen werfen kaun, so viel ab, um ihre Mitglieder zu ernähren. Nach einem Leben Vol¬ ler Entbehrungen und Leiden sind ihre letzten Tage allen Qualen der schrecklichsten Armuth ausgesetzt. Besonders in der Provinz ist ihre Stellung ungewiß: jedes neue Jahr stellt ihre Lage, man kann sagen, ihre Existenz wieder in Frage. — Das Parterre richtet sie ohne Appellation und zeigt sich häufig unerbittlich. Die Theater- Carriere ist fast immer voller Klippen: sie reizt eine unerfahrene Ju¬ gend an und läßt den reiferen Jahren, besonders dem Alter, Nichts als Erniedrigung und Elend. Im Jahre 1840 ist unter den dramatischen Künstlern eine Gesellschaft entstanden, deren Zweck die Bildung eines Unterstützungs- fonds ist für diejenigen, welche das Unglück mit aller Strenge heim¬ sucht, und der Erfolg hat den Wünschen ihrer Urheber entsprochen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/790>, abgerufen am 23.12.2024.