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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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wir nicht dasselbe von gewissen Regeln sagen, welche die Verwaltung dabei
aufgestellt hat: so bewilligt sie jetzt nur Privilegien auf eine gewöhn¬
lich sehr kurze Zeit, und im Falle des Todes des Directors erkennt
sie seinen Erben oder Stellvertretern keine weiteren Rechte zu und un¬
tersagt außerdem jede Art von Association. Dergleichen Beschränkun¬
gen scheinen mehr erfunden, um den Unternehmungen zu schaden, als
Kapitalisten zu denselben herbeizurufen.

Das Gesetz vom September 1835, wie daS Decret von 1806
hat zu gleicher Zeir mit dem Grundsatze der Privilegien die Censur
eingesetzt, und das konnte geschehen, ohne den Privilegien der Ver¬
fassung zu nahe zu treten- Die Charte von 1830 hat, als sie die
Wiedereinführung der Censur für ewige Zeiten verbot, die dramati¬
schen Darstellungen dabei nicht im Auge gehabt; man muß nicht,
wie ein Beschluß des erecutiven Directoriums vom 25. Pluviose deö
vierten Jahres der Republik sagte, "die Freiheit der Presse, welche
so mit Recht durch die Verfassung geheiligt ist, mit dem der Civil¬
behörde vorbehaltenen Rechte verwechseln, über ein öffentliches Eta¬
blissement zu verfügen, um durch das Blendwerk der Declamation
und Kunst eine große Menge von Bürgern nach Gefallen verlocken
und mit Sicherheit das Gift der gefährlichsten Grundsätze verbreiten
zu können."

Niemals haben die öffentlichen Schaustellungen trotz der Gesetze,
welche die absoluteste Freiheit proclamirten, der Ueberwachung der
Gewalt entgehen können. Wenn es die Regierung nicht that, haben
die Volksparteien eine furchtbare Censur ausgeübt. Während des
Nevolutionssturmes bestätigte der Convent das Decret der Commune
von Paris, welches das Stück I'iuni 6es lois verbot, und kündigte
an, daß jedes Theater, auf welchem Stücke dargestellt würden, die
den öffentlichen Geist verschlechterten, oder den schimpflichen Aberglau¬
ben des Königthums wieder zu erwecken suchten, geschlossen, die Di¬
rektoren verhaftet und nach der Strenge der Gesetze bestraft werden
sollten; und in demselben Augenblicke bestätigte der Convent auch die
Schließung des ir-in^is in Folge der Anklage aristokrati¬
scher Gesinnung, welche gegen seine Schauspieler und sein Repertoire
anhängig gemacht worden war. Es sind noch die Blätter übrig
geblieben, auf welchen diese Beschlüsse beantragt worden sind> und
wir haben Gelegenheit gehabt, die Bemerkungen der Verwaltungs-


wir nicht dasselbe von gewissen Regeln sagen, welche die Verwaltung dabei
aufgestellt hat: so bewilligt sie jetzt nur Privilegien auf eine gewöhn¬
lich sehr kurze Zeit, und im Falle des Todes des Directors erkennt
sie seinen Erben oder Stellvertretern keine weiteren Rechte zu und un¬
tersagt außerdem jede Art von Association. Dergleichen Beschränkun¬
gen scheinen mehr erfunden, um den Unternehmungen zu schaden, als
Kapitalisten zu denselben herbeizurufen.

Das Gesetz vom September 1835, wie daS Decret von 1806
hat zu gleicher Zeir mit dem Grundsatze der Privilegien die Censur
eingesetzt, und das konnte geschehen, ohne den Privilegien der Ver¬
fassung zu nahe zu treten- Die Charte von 1830 hat, als sie die
Wiedereinführung der Censur für ewige Zeiten verbot, die dramati¬
schen Darstellungen dabei nicht im Auge gehabt; man muß nicht,
wie ein Beschluß des erecutiven Directoriums vom 25. Pluviose deö
vierten Jahres der Republik sagte, „die Freiheit der Presse, welche
so mit Recht durch die Verfassung geheiligt ist, mit dem der Civil¬
behörde vorbehaltenen Rechte verwechseln, über ein öffentliches Eta¬
blissement zu verfügen, um durch das Blendwerk der Declamation
und Kunst eine große Menge von Bürgern nach Gefallen verlocken
und mit Sicherheit das Gift der gefährlichsten Grundsätze verbreiten
zu können."

Niemals haben die öffentlichen Schaustellungen trotz der Gesetze,
welche die absoluteste Freiheit proclamirten, der Ueberwachung der
Gewalt entgehen können. Wenn es die Regierung nicht that, haben
die Volksparteien eine furchtbare Censur ausgeübt. Während des
Nevolutionssturmes bestätigte der Convent das Decret der Commune
von Paris, welches das Stück I'iuni 6es lois verbot, und kündigte
an, daß jedes Theater, auf welchem Stücke dargestellt würden, die
den öffentlichen Geist verschlechterten, oder den schimpflichen Aberglau¬
ben des Königthums wieder zu erwecken suchten, geschlossen, die Di¬
rektoren verhaftet und nach der Strenge der Gesetze bestraft werden
sollten; und in demselben Augenblicke bestätigte der Convent auch die
Schließung des ir-in^is in Folge der Anklage aristokrati¬
scher Gesinnung, welche gegen seine Schauspieler und sein Repertoire
anhängig gemacht worden war. Es sind noch die Blätter übrig
geblieben, auf welchen diese Beschlüsse beantragt worden sind> und
wir haben Gelegenheit gehabt, die Bemerkungen der Verwaltungs-


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[0782] wir nicht dasselbe von gewissen Regeln sagen, welche die Verwaltung dabei aufgestellt hat: so bewilligt sie jetzt nur Privilegien auf eine gewöhn¬ lich sehr kurze Zeit, und im Falle des Todes des Directors erkennt sie seinen Erben oder Stellvertretern keine weiteren Rechte zu und un¬ tersagt außerdem jede Art von Association. Dergleichen Beschränkun¬ gen scheinen mehr erfunden, um den Unternehmungen zu schaden, als Kapitalisten zu denselben herbeizurufen. Das Gesetz vom September 1835, wie daS Decret von 1806 hat zu gleicher Zeir mit dem Grundsatze der Privilegien die Censur eingesetzt, und das konnte geschehen, ohne den Privilegien der Ver¬ fassung zu nahe zu treten- Die Charte von 1830 hat, als sie die Wiedereinführung der Censur für ewige Zeiten verbot, die dramati¬ schen Darstellungen dabei nicht im Auge gehabt; man muß nicht, wie ein Beschluß des erecutiven Directoriums vom 25. Pluviose deö vierten Jahres der Republik sagte, „die Freiheit der Presse, welche so mit Recht durch die Verfassung geheiligt ist, mit dem der Civil¬ behörde vorbehaltenen Rechte verwechseln, über ein öffentliches Eta¬ blissement zu verfügen, um durch das Blendwerk der Declamation und Kunst eine große Menge von Bürgern nach Gefallen verlocken und mit Sicherheit das Gift der gefährlichsten Grundsätze verbreiten zu können." Niemals haben die öffentlichen Schaustellungen trotz der Gesetze, welche die absoluteste Freiheit proclamirten, der Ueberwachung der Gewalt entgehen können. Wenn es die Regierung nicht that, haben die Volksparteien eine furchtbare Censur ausgeübt. Während des Nevolutionssturmes bestätigte der Convent das Decret der Commune von Paris, welches das Stück I'iuni 6es lois verbot, und kündigte an, daß jedes Theater, auf welchem Stücke dargestellt würden, die den öffentlichen Geist verschlechterten, oder den schimpflichen Aberglau¬ ben des Königthums wieder zu erwecken suchten, geschlossen, die Di¬ rektoren verhaftet und nach der Strenge der Gesetze bestraft werden sollten; und in demselben Augenblicke bestätigte der Convent auch die Schließung des ir-in^is in Folge der Anklage aristokrati¬ scher Gesinnung, welche gegen seine Schauspieler und sein Repertoire anhängig gemacht worden war. Es sind noch die Blätter übrig geblieben, auf welchen diese Beschlüsse beantragt worden sind> und wir haben Gelegenheit gehabt, die Bemerkungen der Verwaltungs-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/782>, abgerufen am 23.12.2024.