Zeugen zu sagen veranlaßt, die Rückkehr des Friedens habe die Quellen des öffentlichen Wohlergehens in England verstopft.
Die Allsgaben, welche die Ausbeutung eines Theaters in Lon¬ don erheischt, sind übertrieben. Bei den großen Theatern ist die Größe ihrer Lasten vorzüglich einem zu zahlreichen Personale zuzu¬ schreiben. Wahrend in Adelphi die ganze Truppe alle Abende er¬ scheint, wird in Drurylane und Coventgarden kaum ein Drittel bei jeder Vorstellung benutzt, die Uebrigen bleiben müßig, lind doch müs¬ sen, mit wenigen Ausnahmen, die Schauspieler stets bezahlt werden, sie mögen nun thätig sein oder nicht. Da die Vorliebe für die Oper so allgemein verbreitet ist, müssen diese Theater zwei Truppen auf einmal unterhalten, woraus hervorgeht, daß im Falle eines vorzüglü- chen, andauernden Erfolges einer Oper oder einer Tragödie, die dann alle Abende gegeben wird, die eine Truppe zu einer unnützen Last werden muß, welche ohne irgend eine Compensation auf dem Bud¬ get lastet.
Das Bedürfniß, große Eiimahmen zu machen, verdammt die großen Theater, zu Mitteln ihre Zuflucht zu nehmen, welche die Neu¬ gier des Publicums reizen; sie würden sich nicht halten können, wenn sie sich auf Tragödien und Komödien beschränkten; daher geben sie Pantomimen, Ballets, Spektakelstücke, Farcen; besonders die Pantomi¬ men haben die Tugend, die Menge anzulocken, namentlich zu Weih¬ nachten. Seit der Wiedereinrichtung von Drurylane im Jahre bis 4821, hat das Unternehmen durch das legitime Drama sich nicht um einen Shilling verbessern können, alle Vortheile sind durch die Weihnachtspantomimen erlangt worden. Man hat die Theater in förmliche Menagerien umgewandelt, zum großen Aergerniß der Freunde der nationalen Schaubühne sind Tiger und Löwen in Coventgarden und Drurylane eingeführt worden und haben daselbst unwürdige Er¬ folge gehabt. Nach den Farcen sind die populärsten Stücke diejeni¬ gen, wo das Verbrechen in seiner ganzen Nacktheit dargestellt wird; Mordscenen locken und fesseln das Publicum vorzugsweise, das Par¬ terre, welches gewöhnlich sehr lärmend ist. wird augenblicklich still und aufmerksam, sobald die Klinge eines Dolches vor seinen Blicken glänzt; das ist das große Verdienst Macbeths, der Grund zu dem
Zeugen zu sagen veranlaßt, die Rückkehr des Friedens habe die Quellen des öffentlichen Wohlergehens in England verstopft.
Die Allsgaben, welche die Ausbeutung eines Theaters in Lon¬ don erheischt, sind übertrieben. Bei den großen Theatern ist die Größe ihrer Lasten vorzüglich einem zu zahlreichen Personale zuzu¬ schreiben. Wahrend in Adelphi die ganze Truppe alle Abende er¬ scheint, wird in Drurylane und Coventgarden kaum ein Drittel bei jeder Vorstellung benutzt, die Uebrigen bleiben müßig, lind doch müs¬ sen, mit wenigen Ausnahmen, die Schauspieler stets bezahlt werden, sie mögen nun thätig sein oder nicht. Da die Vorliebe für die Oper so allgemein verbreitet ist, müssen diese Theater zwei Truppen auf einmal unterhalten, woraus hervorgeht, daß im Falle eines vorzüglü- chen, andauernden Erfolges einer Oper oder einer Tragödie, die dann alle Abende gegeben wird, die eine Truppe zu einer unnützen Last werden muß, welche ohne irgend eine Compensation auf dem Bud¬ get lastet.
Das Bedürfniß, große Eiimahmen zu machen, verdammt die großen Theater, zu Mitteln ihre Zuflucht zu nehmen, welche die Neu¬ gier des Publicums reizen; sie würden sich nicht halten können, wenn sie sich auf Tragödien und Komödien beschränkten; daher geben sie Pantomimen, Ballets, Spektakelstücke, Farcen; besonders die Pantomi¬ men haben die Tugend, die Menge anzulocken, namentlich zu Weih¬ nachten. Seit der Wiedereinrichtung von Drurylane im Jahre bis 4821, hat das Unternehmen durch das legitime Drama sich nicht um einen Shilling verbessern können, alle Vortheile sind durch die Weihnachtspantomimen erlangt worden. Man hat die Theater in förmliche Menagerien umgewandelt, zum großen Aergerniß der Freunde der nationalen Schaubühne sind Tiger und Löwen in Coventgarden und Drurylane eingeführt worden und haben daselbst unwürdige Er¬ folge gehabt. Nach den Farcen sind die populärsten Stücke diejeni¬ gen, wo das Verbrechen in seiner ganzen Nacktheit dargestellt wird; Mordscenen locken und fesseln das Publicum vorzugsweise, das Par¬ terre, welches gewöhnlich sehr lärmend ist. wird augenblicklich still und aufmerksam, sobald die Klinge eines Dolches vor seinen Blicken glänzt; das ist das große Verdienst Macbeths, der Grund zu dem
<TEI><text><body><div><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0770"corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180483"/><pxml:id="ID_1992"prev="#ID_1991"> Zeugen zu sagen veranlaßt, die Rückkehr des Friedens habe die<lb/>
Quellen des öffentlichen Wohlergehens in England verstopft.</p><lb/><pxml:id="ID_1993"> Die Allsgaben, welche die Ausbeutung eines Theaters in Lon¬<lb/>
don erheischt, sind übertrieben. Bei den großen Theatern ist die<lb/>
Größe ihrer Lasten vorzüglich einem zu zahlreichen Personale zuzu¬<lb/>
schreiben. Wahrend in Adelphi die ganze Truppe alle Abende er¬<lb/>
scheint, wird in Drurylane und Coventgarden kaum ein Drittel bei<lb/>
jeder Vorstellung benutzt, die Uebrigen bleiben müßig, lind doch müs¬<lb/>
sen, mit wenigen Ausnahmen, die Schauspieler stets bezahlt werden,<lb/>
sie mögen nun thätig sein oder nicht. Da die Vorliebe für die Oper<lb/>
so allgemein verbreitet ist, müssen diese Theater zwei Truppen auf<lb/>
einmal unterhalten, woraus hervorgeht, daß im Falle eines vorzüglü-<lb/>
chen, andauernden Erfolges einer Oper oder einer Tragödie, die dann<lb/>
alle Abende gegeben wird, die eine Truppe zu einer unnützen Last<lb/>
werden muß, welche ohne irgend eine Compensation auf dem Bud¬<lb/>
get lastet.</p><lb/><pxml:id="ID_1994"next="#ID_1995"> Das Bedürfniß, große Eiimahmen zu machen, verdammt die<lb/>
großen Theater, zu Mitteln ihre Zuflucht zu nehmen, welche die Neu¬<lb/>
gier des Publicums reizen; sie würden sich nicht halten können, wenn<lb/>
sie sich auf Tragödien und Komödien beschränkten; daher geben sie<lb/>
Pantomimen, Ballets, Spektakelstücke, Farcen; besonders die Pantomi¬<lb/>
men haben die Tugend, die Menge anzulocken, namentlich zu Weih¬<lb/>
nachten. Seit der Wiedereinrichtung von Drurylane im Jahre<lb/>
bis 4821, hat das Unternehmen durch das legitime Drama sich nicht<lb/>
um einen Shilling verbessern können, alle Vortheile sind durch die<lb/>
Weihnachtspantomimen erlangt worden. Man hat die Theater in<lb/>
förmliche Menagerien umgewandelt, zum großen Aergerniß der Freunde<lb/>
der nationalen Schaubühne sind Tiger und Löwen in Coventgarden<lb/>
und Drurylane eingeführt worden und haben daselbst unwürdige Er¬<lb/>
folge gehabt. Nach den Farcen sind die populärsten Stücke diejeni¬<lb/>
gen, wo das Verbrechen in seiner ganzen Nacktheit dargestellt wird;<lb/>
Mordscenen locken und fesseln das Publicum vorzugsweise, das Par¬<lb/>
terre, welches gewöhnlich sehr lärmend ist. wird augenblicklich still und<lb/>
aufmerksam, sobald die Klinge eines Dolches vor seinen Blicken<lb/>
glänzt; das ist das große Verdienst Macbeths, der Grund zu dem</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[0770]
Zeugen zu sagen veranlaßt, die Rückkehr des Friedens habe die
Quellen des öffentlichen Wohlergehens in England verstopft.
Die Allsgaben, welche die Ausbeutung eines Theaters in Lon¬
don erheischt, sind übertrieben. Bei den großen Theatern ist die
Größe ihrer Lasten vorzüglich einem zu zahlreichen Personale zuzu¬
schreiben. Wahrend in Adelphi die ganze Truppe alle Abende er¬
scheint, wird in Drurylane und Coventgarden kaum ein Drittel bei
jeder Vorstellung benutzt, die Uebrigen bleiben müßig, lind doch müs¬
sen, mit wenigen Ausnahmen, die Schauspieler stets bezahlt werden,
sie mögen nun thätig sein oder nicht. Da die Vorliebe für die Oper
so allgemein verbreitet ist, müssen diese Theater zwei Truppen auf
einmal unterhalten, woraus hervorgeht, daß im Falle eines vorzüglü-
chen, andauernden Erfolges einer Oper oder einer Tragödie, die dann
alle Abende gegeben wird, die eine Truppe zu einer unnützen Last
werden muß, welche ohne irgend eine Compensation auf dem Bud¬
get lastet.
Das Bedürfniß, große Eiimahmen zu machen, verdammt die
großen Theater, zu Mitteln ihre Zuflucht zu nehmen, welche die Neu¬
gier des Publicums reizen; sie würden sich nicht halten können, wenn
sie sich auf Tragödien und Komödien beschränkten; daher geben sie
Pantomimen, Ballets, Spektakelstücke, Farcen; besonders die Pantomi¬
men haben die Tugend, die Menge anzulocken, namentlich zu Weih¬
nachten. Seit der Wiedereinrichtung von Drurylane im Jahre
bis 4821, hat das Unternehmen durch das legitime Drama sich nicht
um einen Shilling verbessern können, alle Vortheile sind durch die
Weihnachtspantomimen erlangt worden. Man hat die Theater in
förmliche Menagerien umgewandelt, zum großen Aergerniß der Freunde
der nationalen Schaubühne sind Tiger und Löwen in Coventgarden
und Drurylane eingeführt worden und haben daselbst unwürdige Er¬
folge gehabt. Nach den Farcen sind die populärsten Stücke diejeni¬
gen, wo das Verbrechen in seiner ganzen Nacktheit dargestellt wird;
Mordscenen locken und fesseln das Publicum vorzugsweise, das Par¬
terre, welches gewöhnlich sehr lärmend ist. wird augenblicklich still und
aufmerksam, sobald die Klinge eines Dolches vor seinen Blicken
glänzt; das ist das große Verdienst Macbeths, der Grund zu dem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:
Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.
Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;
Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/770>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.