gethan. -- Die Engel Milton's sind keine Damen (I-ulivs). -- Nein, aber einige Engel der heiligen Schrift sind es, glaube ich. -- Gesetzt den Fall, Sie entschlössen sich eines Tages, in irgend einer Oper oder Posse einen Engel durchzulassen, welches wäre nach Ihrer Ansicht der Eindruck, welcher dadurch auf das Publicum hervorgebracht wer¬ den würde? -- Das kann ich nicht gerade sagen, ich kann das Herz derer nicht ergründen, welche auf der Gallerte, in den Logen oder im Parterre sind ... -- Wie vereinbaren Sie aber Ihre Ansichten von heute damit, daß Sie selbst in einigen Ihrer am meisten applaudir- ten Stücke Worte gebraucht haben, welche Sie gottlos finden, und Flüche, welche Sie empören? -- Wäre ich der Censor derselben ge¬ wesen, so hätte ich sie gestrichen und ich würde es auch jetzt thun. Damals war meine Stellung eine andere; ich war ein schlüpfriger, leichtfertiger Autor, heute bin ich der dramatische Censor. Damals trieb ich mein Geschäft als Autor, heute als Censor. -- Glauben Sie, daß diese Ihre Stücke, welche so viel Beifall gehabt haben, und die Sie jetzt nicht mehr ändern können, die Sitten untergraben haben? -- Geläutert haben sie die Sitten gewiß nicht, und es thut mir Leid, daß ich diese Profanationen hineingesetzt habe. In Beziehung auf die Moral wird man erst mit den Jahren weise und ich würde sehr glücklich sein, wenn ich meinen Geist von der Erinnerung an jene Thorheiten befreien könnte. -- So thäte es Ihnen also Leid, der Verfasser von John Bull zu sein? -- Nein, gewiß nicht, das ist et¬ was ganz Anderes. Ich kann keine Reue darüber empfinden, einen guten Pudding gemacht zu haben; aber wenn er einige verdorbene Rosinen enthält, so möchte ich dieselben gern daraus entfernt wissen!
Die Untersuchungscommission machte in Betreff der Censur kei¬ nen Vorschlag; sie begnügte sich, der Erhebungsart der von den Be¬ amten des Lordkämmerers zu empfangenden Taren ihre Aufmerksam¬ keit zu schenken. Die Bill von 1840 hat das bis dahin üblich ge¬ wesene System sanctionirt und geregelt. Nach den Bestimmungen dieser Bill muß eine Abschrift jedes neuen dramatischen Werkes oder jedes Actes, jeder Scene, jedes Fragmentes, das einem alten Stücke hinzugefügt werden soll, dem Lordkämmerer mindestens sieben Tage vor der ersten Vorstellung mit Angabe des Theaters und des Tages, wo man sich vornimmt, es aufzuführen, übergeben werden, und die Darstellung desselben kann immer, vor oder nach diesen sieben Tagen,
gethan. — Die Engel Milton's sind keine Damen (I-ulivs). — Nein, aber einige Engel der heiligen Schrift sind es, glaube ich. — Gesetzt den Fall, Sie entschlössen sich eines Tages, in irgend einer Oper oder Posse einen Engel durchzulassen, welches wäre nach Ihrer Ansicht der Eindruck, welcher dadurch auf das Publicum hervorgebracht wer¬ den würde? — Das kann ich nicht gerade sagen, ich kann das Herz derer nicht ergründen, welche auf der Gallerte, in den Logen oder im Parterre sind ... — Wie vereinbaren Sie aber Ihre Ansichten von heute damit, daß Sie selbst in einigen Ihrer am meisten applaudir- ten Stücke Worte gebraucht haben, welche Sie gottlos finden, und Flüche, welche Sie empören? — Wäre ich der Censor derselben ge¬ wesen, so hätte ich sie gestrichen und ich würde es auch jetzt thun. Damals war meine Stellung eine andere; ich war ein schlüpfriger, leichtfertiger Autor, heute bin ich der dramatische Censor. Damals trieb ich mein Geschäft als Autor, heute als Censor. — Glauben Sie, daß diese Ihre Stücke, welche so viel Beifall gehabt haben, und die Sie jetzt nicht mehr ändern können, die Sitten untergraben haben? — Geläutert haben sie die Sitten gewiß nicht, und es thut mir Leid, daß ich diese Profanationen hineingesetzt habe. In Beziehung auf die Moral wird man erst mit den Jahren weise und ich würde sehr glücklich sein, wenn ich meinen Geist von der Erinnerung an jene Thorheiten befreien könnte. — So thäte es Ihnen also Leid, der Verfasser von John Bull zu sein? — Nein, gewiß nicht, das ist et¬ was ganz Anderes. Ich kann keine Reue darüber empfinden, einen guten Pudding gemacht zu haben; aber wenn er einige verdorbene Rosinen enthält, so möchte ich dieselben gern daraus entfernt wissen!
Die Untersuchungscommission machte in Betreff der Censur kei¬ nen Vorschlag; sie begnügte sich, der Erhebungsart der von den Be¬ amten des Lordkämmerers zu empfangenden Taren ihre Aufmerksam¬ keit zu schenken. Die Bill von 1840 hat das bis dahin üblich ge¬ wesene System sanctionirt und geregelt. Nach den Bestimmungen dieser Bill muß eine Abschrift jedes neuen dramatischen Werkes oder jedes Actes, jeder Scene, jedes Fragmentes, das einem alten Stücke hinzugefügt werden soll, dem Lordkämmerer mindestens sieben Tage vor der ersten Vorstellung mit Angabe des Theaters und des Tages, wo man sich vornimmt, es aufzuführen, übergeben werden, und die Darstellung desselben kann immer, vor oder nach diesen sieben Tagen,
<TEI><text><body><div><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0762"corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180475"/><pxml:id="ID_1976"prev="#ID_1975"> gethan. — Die Engel Milton's sind keine Damen (I-ulivs). — Nein,<lb/>
aber einige Engel der heiligen Schrift sind es, glaube ich. — Gesetzt<lb/>
den Fall, Sie entschlössen sich eines Tages, in irgend einer Oper oder<lb/>
Posse einen Engel durchzulassen, welches wäre nach Ihrer Ansicht<lb/>
der Eindruck, welcher dadurch auf das Publicum hervorgebracht wer¬<lb/>
den würde? — Das kann ich nicht gerade sagen, ich kann das Herz<lb/>
derer nicht ergründen, welche auf der Gallerte, in den Logen oder im<lb/>
Parterre sind ... — Wie vereinbaren Sie aber Ihre Ansichten von<lb/>
heute damit, daß Sie selbst in einigen Ihrer am meisten applaudir-<lb/>
ten Stücke Worte gebraucht haben, welche Sie gottlos finden, und<lb/>
Flüche, welche Sie empören? — Wäre ich der Censor derselben ge¬<lb/>
wesen, so hätte ich sie gestrichen und ich würde es auch jetzt thun.<lb/>
Damals war meine Stellung eine andere; ich war ein schlüpfriger,<lb/>
leichtfertiger Autor, heute bin ich der dramatische Censor. Damals<lb/>
trieb ich mein Geschäft als Autor, heute als Censor. — Glauben<lb/>
Sie, daß diese Ihre Stücke, welche so viel Beifall gehabt haben, und<lb/>
die Sie jetzt nicht mehr ändern können, die Sitten untergraben haben?<lb/>— Geläutert haben sie die Sitten gewiß nicht, und es thut mir Leid,<lb/>
daß ich diese Profanationen hineingesetzt habe. In Beziehung auf die<lb/>
Moral wird man erst mit den Jahren weise und ich würde sehr<lb/>
glücklich sein, wenn ich meinen Geist von der Erinnerung an jene<lb/>
Thorheiten befreien könnte. — So thäte es Ihnen also Leid, der<lb/>
Verfasser von John Bull zu sein? — Nein, gewiß nicht, das ist et¬<lb/>
was ganz Anderes. Ich kann keine Reue darüber empfinden, einen<lb/>
guten Pudding gemacht zu haben; aber wenn er einige verdorbene<lb/>
Rosinen enthält, so möchte ich dieselben gern daraus entfernt wissen!</p><lb/><pxml:id="ID_1977"next="#ID_1978"> Die Untersuchungscommission machte in Betreff der Censur kei¬<lb/>
nen Vorschlag; sie begnügte sich, der Erhebungsart der von den Be¬<lb/>
amten des Lordkämmerers zu empfangenden Taren ihre Aufmerksam¬<lb/>
keit zu schenken. Die Bill von 1840 hat das bis dahin üblich ge¬<lb/>
wesene System sanctionirt und geregelt. Nach den Bestimmungen<lb/>
dieser Bill muß eine Abschrift jedes neuen dramatischen Werkes oder<lb/>
jedes Actes, jeder Scene, jedes Fragmentes, das einem alten Stücke<lb/>
hinzugefügt werden soll, dem Lordkämmerer mindestens sieben Tage<lb/>
vor der ersten Vorstellung mit Angabe des Theaters und des Tages,<lb/>
wo man sich vornimmt, es aufzuführen, übergeben werden, und die<lb/>
Darstellung desselben kann immer, vor oder nach diesen sieben Tagen,</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[0762]
gethan. — Die Engel Milton's sind keine Damen (I-ulivs). — Nein,
aber einige Engel der heiligen Schrift sind es, glaube ich. — Gesetzt
den Fall, Sie entschlössen sich eines Tages, in irgend einer Oper oder
Posse einen Engel durchzulassen, welches wäre nach Ihrer Ansicht
der Eindruck, welcher dadurch auf das Publicum hervorgebracht wer¬
den würde? — Das kann ich nicht gerade sagen, ich kann das Herz
derer nicht ergründen, welche auf der Gallerte, in den Logen oder im
Parterre sind ... — Wie vereinbaren Sie aber Ihre Ansichten von
heute damit, daß Sie selbst in einigen Ihrer am meisten applaudir-
ten Stücke Worte gebraucht haben, welche Sie gottlos finden, und
Flüche, welche Sie empören? — Wäre ich der Censor derselben ge¬
wesen, so hätte ich sie gestrichen und ich würde es auch jetzt thun.
Damals war meine Stellung eine andere; ich war ein schlüpfriger,
leichtfertiger Autor, heute bin ich der dramatische Censor. Damals
trieb ich mein Geschäft als Autor, heute als Censor. — Glauben
Sie, daß diese Ihre Stücke, welche so viel Beifall gehabt haben, und
die Sie jetzt nicht mehr ändern können, die Sitten untergraben haben?
— Geläutert haben sie die Sitten gewiß nicht, und es thut mir Leid,
daß ich diese Profanationen hineingesetzt habe. In Beziehung auf die
Moral wird man erst mit den Jahren weise und ich würde sehr
glücklich sein, wenn ich meinen Geist von der Erinnerung an jene
Thorheiten befreien könnte. — So thäte es Ihnen also Leid, der
Verfasser von John Bull zu sein? — Nein, gewiß nicht, das ist et¬
was ganz Anderes. Ich kann keine Reue darüber empfinden, einen
guten Pudding gemacht zu haben; aber wenn er einige verdorbene
Rosinen enthält, so möchte ich dieselben gern daraus entfernt wissen!
Die Untersuchungscommission machte in Betreff der Censur kei¬
nen Vorschlag; sie begnügte sich, der Erhebungsart der von den Be¬
amten des Lordkämmerers zu empfangenden Taren ihre Aufmerksam¬
keit zu schenken. Die Bill von 1840 hat das bis dahin üblich ge¬
wesene System sanctionirt und geregelt. Nach den Bestimmungen
dieser Bill muß eine Abschrift jedes neuen dramatischen Werkes oder
jedes Actes, jeder Scene, jedes Fragmentes, das einem alten Stücke
hinzugefügt werden soll, dem Lordkämmerer mindestens sieben Tage
vor der ersten Vorstellung mit Angabe des Theaters und des Tages,
wo man sich vornimmt, es aufzuführen, übergeben werden, und die
Darstellung desselben kann immer, vor oder nach diesen sieben Tagen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:
Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.
Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;
Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/762>, abgerufen am 24.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.