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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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Er widersetzte sich der Amnestie durch Ordonnanz als uncon-
stitutionell. In der an den König am I. Mai 1837 gehaltenen
Rede sagte Dupin unter Anderem: Sire, die Kammer dient der
Regierung durch das, was sie ihr gewährt, und oft auch dadurch,
daß sie ihr die Gewährung verweigert oder erschwert. Als die Nicht-
einwilligung zur Intervention in Spanien den Rücktritt des Mini-
steriums Thiers bewerkstelligte und das Ministerium Mol" an die
Spitze des Staates stellte, verhielt sich Dupin, welcher die Intervention
mißbilligte, beobachtend, bis sich 1838 die Coalition zum Sturz des
Cabinets vom 15. April bildete. Dupin, obgleich unbetheiligt bei
dem Streite, trat noch im letzten Augenblick gegen das Ministerium
auf und gab ihm in besserer Form ein Zeugniß der Unfähigkeit; dies
unerwartete Hervortreten trug viel dazu bei, seinen Fall zu beschleu¬
nigen. Während des mühsamen Zusammenkommens deö neuen Mini¬
steriums findet man den Namen Dupin in den verschiedenen ephe¬
meren Combinationen wiederholt, welche in jenen Tagen so schnell
auf einander folgten. Mehrere Male war Dllpin dem Ministersitze
nahe, aber immer wieder wendete er ihm den Rücken und wies den
bitteren Kelch von sich. Gegenwärtig sitzt Dupin, seines Präsidenten¬
sitzes beraubt, auf seinem gewöhnlichen Platz im linken Centrum und
hegt für das Ministerium Guizot eine sehr mäßige Zuneigung, stimm,
dafür und dagegen, ganz den Eingebungen seiner Gedanken folgend,
und zeigt immer dieselbe Liebe für Gesetzlichkeit und Ordnung, die¬
selbe persönliche Unabhängigkeit, dieselbe Abneigung gegen alle Cote-
rie, Systeme und gegen die ministerielle Disciplin.

Wir haben nur noch ein letztes Wort über Dupin, als Schrift¬
steller, als Magistratsperson, als Redner und als Staatsmann zu
sagen.

Dupin hat viel geschrieben, die Sammlung seiner Sedezbäudet
die er scherzweise Taschenbücher nennt, bilden fast scholl eine starke
Bibliothek. Er hat Heineccius in Latein, welches dem Ciccronischen
durchaus nicht ähnlich sieht, er hat I^rinci>>in jul-is civilis, eine
um>"8is juri8 ran-mi, >>>-("lo^venena juris u. s. w. herausgegeben.
Seine französischen Schriften, uns gewöhnlichen Sterblichen mehr zu¬
gänglich, empfehlen sich mehr durch die Klarheit des Styles, Reich-
thum an Thatsachen und streng logische Beweisführung, als durch
Tiefe der Gedanken. Nach seinen Büchern zu urtheilen, muß Dupin


Er widersetzte sich der Amnestie durch Ordonnanz als uncon-
stitutionell. In der an den König am I. Mai 1837 gehaltenen
Rede sagte Dupin unter Anderem: Sire, die Kammer dient der
Regierung durch das, was sie ihr gewährt, und oft auch dadurch,
daß sie ihr die Gewährung verweigert oder erschwert. Als die Nicht-
einwilligung zur Intervention in Spanien den Rücktritt des Mini-
steriums Thiers bewerkstelligte und das Ministerium Mol» an die
Spitze des Staates stellte, verhielt sich Dupin, welcher die Intervention
mißbilligte, beobachtend, bis sich 1838 die Coalition zum Sturz des
Cabinets vom 15. April bildete. Dupin, obgleich unbetheiligt bei
dem Streite, trat noch im letzten Augenblick gegen das Ministerium
auf und gab ihm in besserer Form ein Zeugniß der Unfähigkeit; dies
unerwartete Hervortreten trug viel dazu bei, seinen Fall zu beschleu¬
nigen. Während des mühsamen Zusammenkommens deö neuen Mini¬
steriums findet man den Namen Dupin in den verschiedenen ephe¬
meren Combinationen wiederholt, welche in jenen Tagen so schnell
auf einander folgten. Mehrere Male war Dllpin dem Ministersitze
nahe, aber immer wieder wendete er ihm den Rücken und wies den
bitteren Kelch von sich. Gegenwärtig sitzt Dupin, seines Präsidenten¬
sitzes beraubt, auf seinem gewöhnlichen Platz im linken Centrum und
hegt für das Ministerium Guizot eine sehr mäßige Zuneigung, stimm,
dafür und dagegen, ganz den Eingebungen seiner Gedanken folgend,
und zeigt immer dieselbe Liebe für Gesetzlichkeit und Ordnung, die¬
selbe persönliche Unabhängigkeit, dieselbe Abneigung gegen alle Cote-
rie, Systeme und gegen die ministerielle Disciplin.

Wir haben nur noch ein letztes Wort über Dupin, als Schrift¬
steller, als Magistratsperson, als Redner und als Staatsmann zu
sagen.

Dupin hat viel geschrieben, die Sammlung seiner Sedezbäudet
die er scherzweise Taschenbücher nennt, bilden fast scholl eine starke
Bibliothek. Er hat Heineccius in Latein, welches dem Ciccronischen
durchaus nicht ähnlich sieht, er hat I^rinci>>in jul-is civilis, eine
um>»8is juri8 ran-mi, >>>-(»lo^venena juris u. s. w. herausgegeben.
Seine französischen Schriften, uns gewöhnlichen Sterblichen mehr zu¬
gänglich, empfehlen sich mehr durch die Klarheit des Styles, Reich-
thum an Thatsachen und streng logische Beweisführung, als durch
Tiefe der Gedanken. Nach seinen Büchern zu urtheilen, muß Dupin


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[0660] Er widersetzte sich der Amnestie durch Ordonnanz als uncon- stitutionell. In der an den König am I. Mai 1837 gehaltenen Rede sagte Dupin unter Anderem: Sire, die Kammer dient der Regierung durch das, was sie ihr gewährt, und oft auch dadurch, daß sie ihr die Gewährung verweigert oder erschwert. Als die Nicht- einwilligung zur Intervention in Spanien den Rücktritt des Mini- steriums Thiers bewerkstelligte und das Ministerium Mol» an die Spitze des Staates stellte, verhielt sich Dupin, welcher die Intervention mißbilligte, beobachtend, bis sich 1838 die Coalition zum Sturz des Cabinets vom 15. April bildete. Dupin, obgleich unbetheiligt bei dem Streite, trat noch im letzten Augenblick gegen das Ministerium auf und gab ihm in besserer Form ein Zeugniß der Unfähigkeit; dies unerwartete Hervortreten trug viel dazu bei, seinen Fall zu beschleu¬ nigen. Während des mühsamen Zusammenkommens deö neuen Mini¬ steriums findet man den Namen Dupin in den verschiedenen ephe¬ meren Combinationen wiederholt, welche in jenen Tagen so schnell auf einander folgten. Mehrere Male war Dllpin dem Ministersitze nahe, aber immer wieder wendete er ihm den Rücken und wies den bitteren Kelch von sich. Gegenwärtig sitzt Dupin, seines Präsidenten¬ sitzes beraubt, auf seinem gewöhnlichen Platz im linken Centrum und hegt für das Ministerium Guizot eine sehr mäßige Zuneigung, stimm, dafür und dagegen, ganz den Eingebungen seiner Gedanken folgend, und zeigt immer dieselbe Liebe für Gesetzlichkeit und Ordnung, die¬ selbe persönliche Unabhängigkeit, dieselbe Abneigung gegen alle Cote- rie, Systeme und gegen die ministerielle Disciplin. Wir haben nur noch ein letztes Wort über Dupin, als Schrift¬ steller, als Magistratsperson, als Redner und als Staatsmann zu sagen. Dupin hat viel geschrieben, die Sammlung seiner Sedezbäudet die er scherzweise Taschenbücher nennt, bilden fast scholl eine starke Bibliothek. Er hat Heineccius in Latein, welches dem Ciccronischen durchaus nicht ähnlich sieht, er hat I^rinci>>in jul-is civilis, eine um>»8is juri8 ran-mi, >>>-(»lo^venena juris u. s. w. herausgegeben. Seine französischen Schriften, uns gewöhnlichen Sterblichen mehr zu¬ gänglich, empfehlen sich mehr durch die Klarheit des Styles, Reich- thum an Thatsachen und streng logische Beweisführung, als durch Tiefe der Gedanken. Nach seinen Büchern zu urtheilen, muß Dupin

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/660>, abgerufen am 23.12.2024.