Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.hatte Beck, nachdem der hiesige Censor es gestrichen, die Absicht, es II. Notizen. Russische Memoiren. -- Laube's Struensee--Ein guter Deutscher.--Truhn. Weidig und Georgi. -- In Petersburg machen die "Memoiren des Majors Tscheg- hatte Beck, nachdem der hiesige Censor es gestrichen, die Absicht, es II. Notizen. Russische Memoiren. — Laube's Struensee--Ein guter Deutscher.—Truhn. Weidig und Georgi. — In Petersburg machen die „Memoiren des Majors Tscheg- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0609" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180322"/> <p xml:id="ID_1601" prev="#ID_1600"> hatte Beck, nachdem der hiesige Censor es gestrichen, die Absicht, es<lb/> anderswo drucken zu lassen, allein viele gewichtige Männer suchten<lb/> ihn von verschiedenen Seiten zu bestimmen, im Interesse der hiesigen<lb/> Preßzustande zu handeln und an das Obercensurgericht zu appelliren<lb/> für den Fall nämlich, daß auch der zweite Censor, der sein Buch jetzt<lb/> in Handen hat, es nicht zuläßt. Karl Beck hat sich diesem Wunsche<lb/> gefügt und ist entschlossen, alle Wege des Gesetzes zu verfolgen und<lb/> in letzter Instanz, wenn es nöthig, an den König sich zu wenden.<lb/> Zur Charakteristik dieser Dichtung theilen wir mit Erlaubniß des Ver¬<lb/> fassers im nächsten Hefte einige Fragmente mit, auf die wir hiermit<lb/> aufmerksam machen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="2"> <head> II.<lb/> Notizen.</head><lb/> <note type="argument"> Russische Memoiren. — Laube's Struensee--Ein guter Deutscher.—Truhn.<lb/> Weidig und Georgi.</note><lb/> <p xml:id="ID_1602" next="#ID_1603"> — In Petersburg machen die „Memoiren des Majors Tscheg-<lb/> lowsky" großes Aussehen. Herr von Tscheglowsky, ein Edelmann von<lb/> großer Tapferkeit, der sich unter Katharina mehrmals gegen die Tür¬<lb/> ken ausgezeichnet, hatte dos Unglück, bei den Damen Glück zu haben.<lb/> In einer Liebesangclegenheit stand er dem berühmten Potcmkin im<lb/> Wege und wurde daher im Jahre 1787, wegen eines unbedeutenden<lb/> Formfehlers im Dienst, ohne Untersuchung oder Urtheil im Stillen<lb/> nach Sibirien befördert. Dort verbrachte er zweiundfünfzig Jahre.<lb/> Potemkin starb, Katharina starb, Paul und Alexander starben. Die<lb/> Welt hatte sich umgewälzt, und Tscheglowsky, der eine große Carriere<lb/> im Felde hatte machen können, ergraute in Sibirien. Im Jahre 1839<lb/> begnadigte — so melden es nissische Nachrichten Kaiser Niko¬<lb/> laus den Unschuldigen und setzte ihn in seinen Majorsrang wieder<lb/> ein. Auch erhielt Tscheglowsky eine lebenslängliche Pension — in sei¬<lb/> nem hundert und siebenten Jahre — und kam nach Se. Pe¬<lb/> tersburg, um sich die Welt noch einmal anzusehen. Vermuthlich wa¬<lb/> ren ihm Verwandte und Freunde längst ausgestorben; der stcinaltc<lb/> , Mann kehrte daher nach Jrkutzk —dem sibirischen Capua — zurück, wo<lb/> er den wehmüthigen Triumph haben wird, denen, die ihn als Sträf¬<lb/> ling kannten, sich vor seinem Tode noch in seiner Uniform als Ma¬<lb/> jor und freier Mann zeigen zu können. Die monströse Willkür Po-<lb/> temkin'S wollen wir nicht einmal Nußland anrechnen, obgleich sie keine<lb/> vereinzelte Erscheinung sein mag ; es ist etwas Anderes, was uns un¬<lb/> begreiflich scheint. Der gekränkte Offizier sehnte sich gewiß bitterlich</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0609]
hatte Beck, nachdem der hiesige Censor es gestrichen, die Absicht, es
anderswo drucken zu lassen, allein viele gewichtige Männer suchten
ihn von verschiedenen Seiten zu bestimmen, im Interesse der hiesigen
Preßzustande zu handeln und an das Obercensurgericht zu appelliren
für den Fall nämlich, daß auch der zweite Censor, der sein Buch jetzt
in Handen hat, es nicht zuläßt. Karl Beck hat sich diesem Wunsche
gefügt und ist entschlossen, alle Wege des Gesetzes zu verfolgen und
in letzter Instanz, wenn es nöthig, an den König sich zu wenden.
Zur Charakteristik dieser Dichtung theilen wir mit Erlaubniß des Ver¬
fassers im nächsten Hefte einige Fragmente mit, auf die wir hiermit
aufmerksam machen.
II.
Notizen.
Russische Memoiren. — Laube's Struensee--Ein guter Deutscher.—Truhn.
Weidig und Georgi.
— In Petersburg machen die „Memoiren des Majors Tscheg-
lowsky" großes Aussehen. Herr von Tscheglowsky, ein Edelmann von
großer Tapferkeit, der sich unter Katharina mehrmals gegen die Tür¬
ken ausgezeichnet, hatte dos Unglück, bei den Damen Glück zu haben.
In einer Liebesangclegenheit stand er dem berühmten Potcmkin im
Wege und wurde daher im Jahre 1787, wegen eines unbedeutenden
Formfehlers im Dienst, ohne Untersuchung oder Urtheil im Stillen
nach Sibirien befördert. Dort verbrachte er zweiundfünfzig Jahre.
Potemkin starb, Katharina starb, Paul und Alexander starben. Die
Welt hatte sich umgewälzt, und Tscheglowsky, der eine große Carriere
im Felde hatte machen können, ergraute in Sibirien. Im Jahre 1839
begnadigte — so melden es nissische Nachrichten Kaiser Niko¬
laus den Unschuldigen und setzte ihn in seinen Majorsrang wieder
ein. Auch erhielt Tscheglowsky eine lebenslängliche Pension — in sei¬
nem hundert und siebenten Jahre — und kam nach Se. Pe¬
tersburg, um sich die Welt noch einmal anzusehen. Vermuthlich wa¬
ren ihm Verwandte und Freunde längst ausgestorben; der stcinaltc
, Mann kehrte daher nach Jrkutzk —dem sibirischen Capua — zurück, wo
er den wehmüthigen Triumph haben wird, denen, die ihn als Sträf¬
ling kannten, sich vor seinem Tode noch in seiner Uniform als Ma¬
jor und freier Mann zeigen zu können. Die monströse Willkür Po-
temkin'S wollen wir nicht einmal Nußland anrechnen, obgleich sie keine
vereinzelte Erscheinung sein mag ; es ist etwas Anderes, was uns un¬
begreiflich scheint. Der gekränkte Offizier sehnte sich gewiß bitterlich
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