gierung ernstliche Vorstellungen gemacht über den Mißbestand, daß die Stadt Wien jährlich gegen IM,V00 Gulden Münze für Arme an die Regierung abliefern - müsse, ohne daß sie das Recht ei¬ ner abzufordernden Rechnungsablegung oder eine Stimme bei der Vertheilung genöße. Auf diese Beschwerde ist durch allerhöchste Ent¬ schließung auf das Günstigste geantwortet worden, indem fortan die Verwaltung der Armenhäuser dem Magistrat der Stadt zugestanden wird. Noch mehr andere Geschäftsabthcilungcn sollen aus den Han¬ den der Regierung in die der Municipalität übergehen, und der über¬ mäßige Personalstand jener verkleinert werden. Das Erzherzogthum Oesterreich, dessen Verwaltung bisher getheilt war (niederösterreichischc und oberösterreichische Regierung) soll in eine zusammengezogen wer¬ den. Ökonomische Rücksichten, Ersparung überflüssiger Beamten sind größtentheils die Veranlassung dieser Mafiregel, die aus dem Cabinette des Baron von Kübeck ausgeht und von dem Grafen Kolowrat in Bezug der erwähnten Rechtscrweiterung der Wiener Gemeindeange¬ legenheit, eine lebhafte Unterstützung findet.
Die Geschichte des unglücklichen Duells in Preßburg macht wahr¬ scheinlich, ehe dieser Brief zu Ihnen gelangt, schon die Runde durch alle Zeitungen; indessen dürften einige Einzelheiten nicht ohne Inter¬ esse sein, um so mehr, als dieses Duell in mancherlei Einzelheiten an die Haber'sche Sache erinnert. Der Graf Schönborn war ein im schlimmen Rufe stehender Handelsucher und im großen Publicum vorzüglich durch das Ereigniß bekannt, daß er vor einigen Jahren hier auf dem Graben auf die übermüthigste Weise in die Eishütte hinein- ritt, wodurch mehrere Menschen verletzt wurden. Das gehorsamst ergebene Wiener Publicum rissen den Herrn Grafen vom Pferde und prügelten ihn respectvoll durch. Das Duell entstand auf folgende Weise: Der Rittmeister, Baron von Arnstein, und Graf A. wetteten um 200 si., wer der beste Schütze in Wien sei. Graf Z. nannte einen Schützen, der einen Zwanziger mit der Pistole von der eignen Zähe wegschieße. Gras Schönborn wurde zum Schiedsrichter bestellt. Der Schuß geschah; Schönborn entschied für Graf Z. und der Ritt¬ meister zahlte das Geld, warf jedoch die Bemerkung hin, des Schieds¬ richters Ausspruck sei nicht ganz unparteiisch, da er ein Anverwand¬ ter des Grafen I. sei. Daraus ein Wortwechsel und das Duell. Vor dem Duell setzte Jeder einen Brief auf, worin er sich (für den Fall, daß er auf dem Platze bliebe) als Selbstmörder bezeichnete. Doch war Graf Schönborn seiner Sache so gewiß, daß er noch eine Balleinladung für denselben Abend annahm. Die beiden ersten Schüsse fehlten, die Secundärem wollten besänftigen und Baron Arnstein wollte sich zufrieden stellen. "Ich brauche von keinem Juden Gro߬ muth. Lade," sagte Schönborn; er fehltejedoch wieder, aber der Schuß seines Gegners traf ihn in's Herz. Arnstein ist von einer jüdischen
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gierung ernstliche Vorstellungen gemacht über den Mißbestand, daß die Stadt Wien jährlich gegen IM,V00 Gulden Münze für Arme an die Regierung abliefern - müsse, ohne daß sie das Recht ei¬ ner abzufordernden Rechnungsablegung oder eine Stimme bei der Vertheilung genöße. Auf diese Beschwerde ist durch allerhöchste Ent¬ schließung auf das Günstigste geantwortet worden, indem fortan die Verwaltung der Armenhäuser dem Magistrat der Stadt zugestanden wird. Noch mehr andere Geschäftsabthcilungcn sollen aus den Han¬ den der Regierung in die der Municipalität übergehen, und der über¬ mäßige Personalstand jener verkleinert werden. Das Erzherzogthum Oesterreich, dessen Verwaltung bisher getheilt war (niederösterreichischc und oberösterreichische Regierung) soll in eine zusammengezogen wer¬ den. Ökonomische Rücksichten, Ersparung überflüssiger Beamten sind größtentheils die Veranlassung dieser Mafiregel, die aus dem Cabinette des Baron von Kübeck ausgeht und von dem Grafen Kolowrat in Bezug der erwähnten Rechtscrweiterung der Wiener Gemeindeange¬ legenheit, eine lebhafte Unterstützung findet.
Die Geschichte des unglücklichen Duells in Preßburg macht wahr¬ scheinlich, ehe dieser Brief zu Ihnen gelangt, schon die Runde durch alle Zeitungen; indessen dürften einige Einzelheiten nicht ohne Inter¬ esse sein, um so mehr, als dieses Duell in mancherlei Einzelheiten an die Haber'sche Sache erinnert. Der Graf Schönborn war ein im schlimmen Rufe stehender Handelsucher und im großen Publicum vorzüglich durch das Ereigniß bekannt, daß er vor einigen Jahren hier auf dem Graben auf die übermüthigste Weise in die Eishütte hinein- ritt, wodurch mehrere Menschen verletzt wurden. Das gehorsamst ergebene Wiener Publicum rissen den Herrn Grafen vom Pferde und prügelten ihn respectvoll durch. Das Duell entstand auf folgende Weise: Der Rittmeister, Baron von Arnstein, und Graf A. wetteten um 200 si., wer der beste Schütze in Wien sei. Graf Z. nannte einen Schützen, der einen Zwanziger mit der Pistole von der eignen Zähe wegschieße. Gras Schönborn wurde zum Schiedsrichter bestellt. Der Schuß geschah; Schönborn entschied für Graf Z. und der Ritt¬ meister zahlte das Geld, warf jedoch die Bemerkung hin, des Schieds¬ richters Ausspruck sei nicht ganz unparteiisch, da er ein Anverwand¬ ter des Grafen I. sei. Daraus ein Wortwechsel und das Duell. Vor dem Duell setzte Jeder einen Brief auf, worin er sich (für den Fall, daß er auf dem Platze bliebe) als Selbstmörder bezeichnete. Doch war Graf Schönborn seiner Sache so gewiß, daß er noch eine Balleinladung für denselben Abend annahm. Die beiden ersten Schüsse fehlten, die Secundärem wollten besänftigen und Baron Arnstein wollte sich zufrieden stellen. „Ich brauche von keinem Juden Gro߬ muth. Lade," sagte Schönborn; er fehltejedoch wieder, aber der Schuß seines Gegners traf ihn in's Herz. Arnstein ist von einer jüdischen
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gierung ernstliche Vorstellungen gemacht über den Mißbestand, daß die
Stadt Wien jährlich gegen IM,V00 Gulden Münze für Arme an
die Regierung abliefern - müsse, ohne daß sie das Recht ei¬
ner abzufordernden Rechnungsablegung oder eine Stimme bei der
Vertheilung genöße. Auf diese Beschwerde ist durch allerhöchste Ent¬
schließung auf das Günstigste geantwortet worden, indem fortan die
Verwaltung der Armenhäuser dem Magistrat der Stadt zugestanden
wird. Noch mehr andere Geschäftsabthcilungcn sollen aus den Han¬
den der Regierung in die der Municipalität übergehen, und der über¬
mäßige Personalstand jener verkleinert werden. Das Erzherzogthum
Oesterreich, dessen Verwaltung bisher getheilt war (niederösterreichischc
und oberösterreichische Regierung) soll in eine zusammengezogen wer¬
den. Ökonomische Rücksichten, Ersparung überflüssiger Beamten sind
größtentheils die Veranlassung dieser Mafiregel, die aus dem Cabinette
des Baron von Kübeck ausgeht und von dem Grafen Kolowrat in
Bezug der erwähnten Rechtscrweiterung der Wiener Gemeindeange¬
legenheit, eine lebhafte Unterstützung findet.
Die Geschichte des unglücklichen Duells in Preßburg macht wahr¬
scheinlich, ehe dieser Brief zu Ihnen gelangt, schon die Runde durch
alle Zeitungen; indessen dürften einige Einzelheiten nicht ohne Inter¬
esse sein, um so mehr, als dieses Duell in mancherlei Einzelheiten
an die Haber'sche Sache erinnert. Der Graf Schönborn war ein im
schlimmen Rufe stehender Handelsucher und im großen Publicum
vorzüglich durch das Ereigniß bekannt, daß er vor einigen Jahren hier
auf dem Graben auf die übermüthigste Weise in die Eishütte hinein-
ritt, wodurch mehrere Menschen verletzt wurden. Das gehorsamst
ergebene Wiener Publicum rissen den Herrn Grafen vom Pferde und
prügelten ihn respectvoll durch. Das Duell entstand auf folgende
Weise: Der Rittmeister, Baron von Arnstein, und Graf A. wetteten
um 200 si., wer der beste Schütze in Wien sei. Graf Z. nannte
einen Schützen, der einen Zwanziger mit der Pistole von der eignen
Zähe wegschieße. Gras Schönborn wurde zum Schiedsrichter bestellt.
Der Schuß geschah; Schönborn entschied für Graf Z. und der Ritt¬
meister zahlte das Geld, warf jedoch die Bemerkung hin, des Schieds¬
richters Ausspruck sei nicht ganz unparteiisch, da er ein Anverwand¬
ter des Grafen I. sei. Daraus ein Wortwechsel und das Duell.
Vor dem Duell setzte Jeder einen Brief auf, worin er sich (für den
Fall, daß er auf dem Platze bliebe) als Selbstmörder bezeichnete.
Doch war Graf Schönborn seiner Sache so gewiß, daß er noch eine
Balleinladung für denselben Abend annahm. Die beiden ersten Schüsse
fehlten, die Secundärem wollten besänftigen und Baron Arnstein
wollte sich zufrieden stellen. „Ich brauche von keinem Juden Gro߬
muth. Lade," sagte Schönborn; er fehltejedoch wieder, aber der Schuß
seines Gegners traf ihn in's Herz. Arnstein ist von einer jüdischen
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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/575>, abgerufen am 03.01.2025.
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