Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

Bild:
<< vorherige Seite

den Speculationen der Juni"so und l"!u->"e unbekannt >var, verließ
er sich blindlings aus seinen Wechselagenten und glaubte sich zu be¬
reichern, indem er sich ruinirte, oder bereicherte sich vielmehr, indem
er sich ruinirte; denn eine unbekannte Hand trug Sorge, jeden Ver¬
lust reichlich zu ersetzen, und der General ist in dem Wahne gestor¬
ben, ein glücklicher Speculant zu sein und ohne die Ahnung, daß
sein Gewinn aus Lafsitte's Kasse komme. Zu Gunsten seiner Familie
gab Laffitte auch noch bei der Eröffnung seiner Subscription für sie
hunderttausend Francs.

Schon seit langer Zeit hatte Laffitte begonnen, an der Zukunft
des älteren Zweiges der Bourbonen zu verzweifeln; in der Ueberzeug¬
ung von dem früheren oder späteren Ausbruche einer Revolution, sah er
sich nach Mitteln um, sie zum Besten des Landes zu wenden. Wir
haben bereits erzählt, welcher Vorfall die Verbindung Lafsitte's mit
dem Herzog von Orleans einleitete. Diese Verbindung wurde immer
enger und enger. Der General Foy, Benjamin Constant, Casimir
Perier, Alercmdre de Laborde und der General Gerard bildeten mit
Laffitte den vertrauten Kreis des ersten Prinzen von königlichem Ge¬
blüt. Der Herzog von Orleans, durch seine politischen Antecedentien,
wie durch seine liberale Gesinnung eine schwierige Stellung dem Hofe
gegenüber einnehmend, der ihm weder das Votum seines Vaters,
noch seine republikanische Vergangenheit verzieh, flüchtete sich in das
Innere des Familienlebens, schickte zum großen Entsetzen der Emig¬
ration seine Kinder, wie ein einfacher Bürgersmann, in das College
und folgte mit halb fürchtenden und halb hoffenden Blick dem schnel¬
len Fortschritt des Königthums zu dem Abgrund, welcher es ver¬
schlingen sollte.

Wenn der Prinz vielleicht die Möglichkeiten der Zukunft fürch¬
tete, so wünschten dagegen seine Freunde sie auf das Heißeste herbei
und Laffitte verhehlte gegen Niemand seine Abneigungen oder seine
Hoffnungen. "Zu ums soll ich Sie machen, wenn ich König bin?"
fragte eines Tages der Herzog lächelnd den Banquier. -- "Monseig-
neur," antwortete Laffitte, "wenn Sie König geworden sind, machen
Sie mich zu Ihrem Narren, zu Ihrem Hofnarren, daß ich Ihnen
die Wahrheit sagen kann."'

Dieser Thron, den Laffitte so lebhaft für denHerzog von Orle¬
ans wünschte, bot sich viel früher dar, als man erwartet hatte. Alle


den Speculationen der Juni«so und l»!u->«e unbekannt >var, verließ
er sich blindlings aus seinen Wechselagenten und glaubte sich zu be¬
reichern, indem er sich ruinirte, oder bereicherte sich vielmehr, indem
er sich ruinirte; denn eine unbekannte Hand trug Sorge, jeden Ver¬
lust reichlich zu ersetzen, und der General ist in dem Wahne gestor¬
ben, ein glücklicher Speculant zu sein und ohne die Ahnung, daß
sein Gewinn aus Lafsitte's Kasse komme. Zu Gunsten seiner Familie
gab Laffitte auch noch bei der Eröffnung seiner Subscription für sie
hunderttausend Francs.

Schon seit langer Zeit hatte Laffitte begonnen, an der Zukunft
des älteren Zweiges der Bourbonen zu verzweifeln; in der Ueberzeug¬
ung von dem früheren oder späteren Ausbruche einer Revolution, sah er
sich nach Mitteln um, sie zum Besten des Landes zu wenden. Wir
haben bereits erzählt, welcher Vorfall die Verbindung Lafsitte's mit
dem Herzog von Orleans einleitete. Diese Verbindung wurde immer
enger und enger. Der General Foy, Benjamin Constant, Casimir
Perier, Alercmdre de Laborde und der General Gerard bildeten mit
Laffitte den vertrauten Kreis des ersten Prinzen von königlichem Ge¬
blüt. Der Herzog von Orleans, durch seine politischen Antecedentien,
wie durch seine liberale Gesinnung eine schwierige Stellung dem Hofe
gegenüber einnehmend, der ihm weder das Votum seines Vaters,
noch seine republikanische Vergangenheit verzieh, flüchtete sich in das
Innere des Familienlebens, schickte zum großen Entsetzen der Emig¬
ration seine Kinder, wie ein einfacher Bürgersmann, in das College
und folgte mit halb fürchtenden und halb hoffenden Blick dem schnel¬
len Fortschritt des Königthums zu dem Abgrund, welcher es ver¬
schlingen sollte.

Wenn der Prinz vielleicht die Möglichkeiten der Zukunft fürch¬
tete, so wünschten dagegen seine Freunde sie auf das Heißeste herbei
und Laffitte verhehlte gegen Niemand seine Abneigungen oder seine
Hoffnungen. „Zu ums soll ich Sie machen, wenn ich König bin?"
fragte eines Tages der Herzog lächelnd den Banquier. — „Monseig-
neur," antwortete Laffitte, „wenn Sie König geworden sind, machen
Sie mich zu Ihrem Narren, zu Ihrem Hofnarren, daß ich Ihnen
die Wahrheit sagen kann."'

Dieser Thron, den Laffitte so lebhaft für denHerzog von Orle¬
ans wünschte, bot sich viel früher dar, als man erwartet hatte. Alle


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0445" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180158"/>
            <p xml:id="ID_1179" prev="#ID_1178"> den Speculationen der Juni«so und l»!u-&gt;«e unbekannt &gt;var, verließ<lb/>
er sich blindlings aus seinen Wechselagenten und glaubte sich zu be¬<lb/>
reichern, indem er sich ruinirte, oder bereicherte sich vielmehr, indem<lb/>
er sich ruinirte; denn eine unbekannte Hand trug Sorge, jeden Ver¬<lb/>
lust reichlich zu ersetzen, und der General ist in dem Wahne gestor¬<lb/>
ben, ein glücklicher Speculant zu sein und ohne die Ahnung, daß<lb/>
sein Gewinn aus Lafsitte's Kasse komme. Zu Gunsten seiner Familie<lb/>
gab Laffitte auch noch bei der Eröffnung seiner Subscription für sie<lb/>
hunderttausend Francs.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1180"> Schon seit langer Zeit hatte Laffitte begonnen, an der Zukunft<lb/>
des älteren Zweiges der Bourbonen zu verzweifeln; in der Ueberzeug¬<lb/>
ung von dem früheren oder späteren Ausbruche einer Revolution, sah er<lb/>
sich nach Mitteln um, sie zum Besten des Landes zu wenden. Wir<lb/>
haben bereits erzählt, welcher Vorfall die Verbindung Lafsitte's mit<lb/>
dem Herzog von Orleans einleitete. Diese Verbindung wurde immer<lb/>
enger und enger. Der General Foy, Benjamin Constant, Casimir<lb/>
Perier, Alercmdre de Laborde und der General Gerard bildeten mit<lb/>
Laffitte den vertrauten Kreis des ersten Prinzen von königlichem Ge¬<lb/>
blüt. Der Herzog von Orleans, durch seine politischen Antecedentien,<lb/>
wie durch seine liberale Gesinnung eine schwierige Stellung dem Hofe<lb/>
gegenüber einnehmend, der ihm weder das Votum seines Vaters,<lb/>
noch seine republikanische Vergangenheit verzieh, flüchtete sich in das<lb/>
Innere des Familienlebens, schickte zum großen Entsetzen der Emig¬<lb/>
ration seine Kinder, wie ein einfacher Bürgersmann, in das College<lb/>
und folgte mit halb fürchtenden und halb hoffenden Blick dem schnel¬<lb/>
len Fortschritt des Königthums zu dem Abgrund, welcher es ver¬<lb/>
schlingen sollte.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1181"> Wenn der Prinz vielleicht die Möglichkeiten der Zukunft fürch¬<lb/>
tete, so wünschten dagegen seine Freunde sie auf das Heißeste herbei<lb/>
und Laffitte verhehlte gegen Niemand seine Abneigungen oder seine<lb/>
Hoffnungen. &#x201E;Zu ums soll ich Sie machen, wenn ich König bin?"<lb/>
fragte eines Tages der Herzog lächelnd den Banquier. &#x2014; &#x201E;Monseig-<lb/>
neur," antwortete Laffitte, &#x201E;wenn Sie König geworden sind, machen<lb/>
Sie mich zu Ihrem Narren, zu Ihrem Hofnarren, daß ich Ihnen<lb/>
die Wahrheit sagen kann."'</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1182" next="#ID_1183"> Dieser Thron, den Laffitte so lebhaft für denHerzog von Orle¬<lb/>
ans wünschte, bot sich viel früher dar, als man erwartet hatte. Alle</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0445] den Speculationen der Juni«so und l»!u->«e unbekannt >var, verließ er sich blindlings aus seinen Wechselagenten und glaubte sich zu be¬ reichern, indem er sich ruinirte, oder bereicherte sich vielmehr, indem er sich ruinirte; denn eine unbekannte Hand trug Sorge, jeden Ver¬ lust reichlich zu ersetzen, und der General ist in dem Wahne gestor¬ ben, ein glücklicher Speculant zu sein und ohne die Ahnung, daß sein Gewinn aus Lafsitte's Kasse komme. Zu Gunsten seiner Familie gab Laffitte auch noch bei der Eröffnung seiner Subscription für sie hunderttausend Francs. Schon seit langer Zeit hatte Laffitte begonnen, an der Zukunft des älteren Zweiges der Bourbonen zu verzweifeln; in der Ueberzeug¬ ung von dem früheren oder späteren Ausbruche einer Revolution, sah er sich nach Mitteln um, sie zum Besten des Landes zu wenden. Wir haben bereits erzählt, welcher Vorfall die Verbindung Lafsitte's mit dem Herzog von Orleans einleitete. Diese Verbindung wurde immer enger und enger. Der General Foy, Benjamin Constant, Casimir Perier, Alercmdre de Laborde und der General Gerard bildeten mit Laffitte den vertrauten Kreis des ersten Prinzen von königlichem Ge¬ blüt. Der Herzog von Orleans, durch seine politischen Antecedentien, wie durch seine liberale Gesinnung eine schwierige Stellung dem Hofe gegenüber einnehmend, der ihm weder das Votum seines Vaters, noch seine republikanische Vergangenheit verzieh, flüchtete sich in das Innere des Familienlebens, schickte zum großen Entsetzen der Emig¬ ration seine Kinder, wie ein einfacher Bürgersmann, in das College und folgte mit halb fürchtenden und halb hoffenden Blick dem schnel¬ len Fortschritt des Königthums zu dem Abgrund, welcher es ver¬ schlingen sollte. Wenn der Prinz vielleicht die Möglichkeiten der Zukunft fürch¬ tete, so wünschten dagegen seine Freunde sie auf das Heißeste herbei und Laffitte verhehlte gegen Niemand seine Abneigungen oder seine Hoffnungen. „Zu ums soll ich Sie machen, wenn ich König bin?" fragte eines Tages der Herzog lächelnd den Banquier. — „Monseig- neur," antwortete Laffitte, „wenn Sie König geworden sind, machen Sie mich zu Ihrem Narren, zu Ihrem Hofnarren, daß ich Ihnen die Wahrheit sagen kann."' Dieser Thron, den Laffitte so lebhaft für denHerzog von Orle¬ ans wünschte, bot sich viel früher dar, als man erwartet hatte. Alle

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/445
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/445>, abgerufen am 05.12.2024.