Frieden, selige Klarheit und Nuhe lächeln Dir hier entgegen, wäh¬ rend sich Dir dort das geheimnißvove Reich der Ahnung erschloß. Wie warm, wie heiter ist dieser Himmel; ob den Stürme und Ge¬ witter wohl heimsuchen können? Wie weich, wie kosend spielt das Wasser um die Glieder der Badenden! Wie der kleine Junge, der darin herumplätschcrt, sich seines, ich mochte sagen heimathlichen Ele¬ mentes freut! Wie hier Natur und Menschen die Wonne am Dasein zu empfinden scheinen! Ach ja! ich mag's gerne glauben, daß, wer dieses Land gesehen, nie wieder ganz unglücklich werden kann; den Dust solcher Erinnerung kann das Gemüth nie wieder verlieren. Sich nur, wie sorglos diese Menschen sind, wie kräftig, wie froh! Und warum sollten sie sich auch kümmern? Gott liebt sie gewiß, da er sie hier geboren werden ließ. -- Newbell hieß der Mei¬ ster, der diese beiden Bilder malte. Der Name ist Dir unbekannt? Er ist es wohl Vielen, und doch war der Künstler, der ihn trug, einer von denen, die im flammenreichcn Herzen eine Welt von Schön¬ heit hegen. Deutschland! für wie reich mußt Du Dich halten, um solche Begabung unbeachtet zu lassen.
Laß uns nun vor dem Bilde des Mailänders Hayez verweilen. Das Sujet desselben will ich Dir mit wenigen Worten erläutern. Vittore Pisani, bis dahin der lorbeerreiche Führer von Venedigs Schaaren, verlor im Jahre 1379 bei Poln in Jstrien eine Seeschlacht gegen die Genueser; sein Unglück wurde ihm als Schuld angerech¬ net oder vielmehr: die Republik, an Niederlagen nicht gewöhnt, be¬ argwohnte den Helden eines Einverständnisses mit Genua, berief ihn zurück und ließ ihn in'S Gefängniß werfen. ES war dies ein Wüthen gegen sich selbst, denn Pisani war durch keinen Andern zu ersetzen; so geschah es denn, daß der Feind Vortheil über Vortheil errang, in die Lagunen eindrängt Chiezza nahm und Venedig in solcher Nähe bedrohte, daß Rettung unmöglich schien. Die einzige, letzte Hoffnung der Republik war auf das Volk gestützt; die Bürger wurden bewaff¬ net, Alle, die den Seedienst kannten oder ihn zu erlernen bereit wa¬ ren, aufgerufen. Als Antwort auf diese Aufforderung tönte es aus allen Reihen des Volkes entgegen: 8v v"i vvletu c!le -mäl-imo i" Eitler", l1"decl it museo cnriitim", I^essei-Vittorio k'i-z.'mi, all'6 i" I>ri<;in,ete. Das Volk war seinem alten Helden treu geblieben, und vielleicht um so mehr, je bitterer es ihn von der Signoria gehaßt
Frieden, selige Klarheit und Nuhe lächeln Dir hier entgegen, wäh¬ rend sich Dir dort das geheimnißvove Reich der Ahnung erschloß. Wie warm, wie heiter ist dieser Himmel; ob den Stürme und Ge¬ witter wohl heimsuchen können? Wie weich, wie kosend spielt das Wasser um die Glieder der Badenden! Wie der kleine Junge, der darin herumplätschcrt, sich seines, ich mochte sagen heimathlichen Ele¬ mentes freut! Wie hier Natur und Menschen die Wonne am Dasein zu empfinden scheinen! Ach ja! ich mag's gerne glauben, daß, wer dieses Land gesehen, nie wieder ganz unglücklich werden kann; den Dust solcher Erinnerung kann das Gemüth nie wieder verlieren. Sich nur, wie sorglos diese Menschen sind, wie kräftig, wie froh! Und warum sollten sie sich auch kümmern? Gott liebt sie gewiß, da er sie hier geboren werden ließ. — Newbell hieß der Mei¬ ster, der diese beiden Bilder malte. Der Name ist Dir unbekannt? Er ist es wohl Vielen, und doch war der Künstler, der ihn trug, einer von denen, die im flammenreichcn Herzen eine Welt von Schön¬ heit hegen. Deutschland! für wie reich mußt Du Dich halten, um solche Begabung unbeachtet zu lassen.
Laß uns nun vor dem Bilde des Mailänders Hayez verweilen. Das Sujet desselben will ich Dir mit wenigen Worten erläutern. Vittore Pisani, bis dahin der lorbeerreiche Führer von Venedigs Schaaren, verlor im Jahre 1379 bei Poln in Jstrien eine Seeschlacht gegen die Genueser; sein Unglück wurde ihm als Schuld angerech¬ net oder vielmehr: die Republik, an Niederlagen nicht gewöhnt, be¬ argwohnte den Helden eines Einverständnisses mit Genua, berief ihn zurück und ließ ihn in'S Gefängniß werfen. ES war dies ein Wüthen gegen sich selbst, denn Pisani war durch keinen Andern zu ersetzen; so geschah es denn, daß der Feind Vortheil über Vortheil errang, in die Lagunen eindrängt Chiezza nahm und Venedig in solcher Nähe bedrohte, daß Rettung unmöglich schien. Die einzige, letzte Hoffnung der Republik war auf das Volk gestützt; die Bürger wurden bewaff¬ net, Alle, die den Seedienst kannten oder ihn zu erlernen bereit wa¬ ren, aufgerufen. Als Antwort auf diese Aufforderung tönte es aus allen Reihen des Volkes entgegen: 8v v»i vvletu c!le -mäl-imo i» Eitler», l1»decl it museo cnriitim», I^essei-Vittorio k'i-z.'mi, all'6 i„ I>ri<;in,ete. Das Volk war seinem alten Helden treu geblieben, und vielleicht um so mehr, je bitterer es ihn von der Signoria gehaßt
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Frieden, selige Klarheit und Nuhe lächeln Dir hier entgegen, wäh¬
rend sich Dir dort das geheimnißvove Reich der Ahnung erschloß.
Wie warm, wie heiter ist dieser Himmel; ob den Stürme und Ge¬
witter wohl heimsuchen können? Wie weich, wie kosend spielt das
Wasser um die Glieder der Badenden! Wie der kleine Junge, der
darin herumplätschcrt, sich seines, ich mochte sagen heimathlichen Ele¬
mentes freut! Wie hier Natur und Menschen die Wonne am
Dasein zu empfinden scheinen! Ach ja! ich mag's gerne glauben,
daß, wer dieses Land gesehen, nie wieder ganz unglücklich werden
kann; den Dust solcher Erinnerung kann das Gemüth nie wieder
verlieren. Sich nur, wie sorglos diese Menschen sind, wie kräftig,
wie froh! Und warum sollten sie sich auch kümmern? Gott liebt sie
gewiß, da er sie hier geboren werden ließ. — Newbell hieß der Mei¬
ster, der diese beiden Bilder malte. Der Name ist Dir unbekannt?
Er ist es wohl Vielen, und doch war der Künstler, der ihn trug,
einer von denen, die im flammenreichcn Herzen eine Welt von Schön¬
heit hegen. Deutschland! für wie reich mußt Du Dich halten, um
solche Begabung unbeachtet zu lassen.
Laß uns nun vor dem Bilde des Mailänders Hayez verweilen.
Das Sujet desselben will ich Dir mit wenigen Worten erläutern.
Vittore Pisani, bis dahin der lorbeerreiche Führer von Venedigs
Schaaren, verlor im Jahre 1379 bei Poln in Jstrien eine Seeschlacht
gegen die Genueser; sein Unglück wurde ihm als Schuld angerech¬
net oder vielmehr: die Republik, an Niederlagen nicht gewöhnt, be¬
argwohnte den Helden eines Einverständnisses mit Genua, berief ihn
zurück und ließ ihn in'S Gefängniß werfen. ES war dies ein Wüthen
gegen sich selbst, denn Pisani war durch keinen Andern zu ersetzen;
so geschah es denn, daß der Feind Vortheil über Vortheil errang, in
die Lagunen eindrängt Chiezza nahm und Venedig in solcher Nähe
bedrohte, daß Rettung unmöglich schien. Die einzige, letzte Hoffnung
der Republik war auf das Volk gestützt; die Bürger wurden bewaff¬
net, Alle, die den Seedienst kannten oder ihn zu erlernen bereit wa¬
ren, aufgerufen. Als Antwort auf diese Aufforderung tönte es aus
allen Reihen des Volkes entgegen: 8v v»i vvletu c!le -mäl-imo i»
Eitler», l1»decl it museo cnriitim», I^essei-Vittorio k'i-z.'mi, all'6 i„
I>ri<;in,ete. Das Volk war seinem alten Helden treu geblieben, und
vielleicht um so mehr, je bitterer es ihn von der Signoria gehaßt
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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/406>, abgerufen am 23.12.2024.
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