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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.

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verdiente Anerkennung. Drei und zwanzig Jahre alt, wurde Holst
als Lector der dänischen Sprache und Literatur bei der Lcmdkadetten-
Academie zu Kopenhagen angestellt, und er hatte Schüler, die älter
waren als er. Damals vermählte er sich mit einem schönen und
liebenswürdigen Mädchen; das freundlichste Familienleben entfaltete
sich ihm und immer angenehmer wurden feine Verhältnisse. Man
fand keinen Preis zu hoch für seinen Sprachunterricht; Gold und
Ehre strömten ihm in Fülle zu.

Doch das Glück machte ihn vorsichtig, und sein Heller Geist em¬
pfand deutlich, was ihm noch fehle. Deshalb hielt er sich mit einer
gewissen Blödigkeit von Schöpfungen zurück, ließ nur eine dänische
Anthologie drucken, die auf dem Gymnasium als Grundlage zum
Vortrag der Literaturgeschichte benutzt wird, und gab vier Jahre
nach einander einen Musenalmanach heraus. Unermüdlich trieb Holst
in dieser Ruhezeit das Studium moderner Sprachen und Literaturen:
Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch und schwedisch sind ihm
vertraut wie seine Muttersprache, und jetzt liegt er mit Eifer dem
Spanischen ob, denn heiße Sehnsucht zieht ihn nach Sevilla und
Cordova hin.

Während Holst nun solchen Reichthum in sich aufnahm, wäh¬
rend er sich in die Dichtungen so verschiedener Völker ver¬
senkte, ging ihm die wahre Formenschönheit auf. Krystallrein und
eben wurde sein Styl, wie die Fluth des Oceans, wo wunderbare
Koralleninseln mit Muschelthürmen und Polypenbäumen in den Tie¬
fen ruhen. Nur eines Anstoßes bedürfte es, daß er siegend aus
der Zurückgezogenheit hervortrat. Da starb am 3. December 1839
Friedrich VI., Dünemarks geliebter König, und Holst dichtete ein
kleines Lied auf seinen Tod, das, weil es recht aus vollem Herzen
kam, auch recht in die Herzen drang, Vielleicht hat nie ein einzeln
nes Gedicht solches Aufsehen gemacht, als diese fünf Verse -- Bek-
ker's Rheinlied allenfalls ausgenommen. Nicht allein in viele lebende
Sprachen, sondern auch in's Lateinische, Griechische und Hebräische
wurde es übersetzt, und eine stürmische Begeisterung für den Sänger
durchzog ganz Dänemark. Henrik Steffens gedenkt derselben aus¬
drücklich in seiner Selbstbiographie (Band 2. Seite 65.). Um des
dänischen Volks Empfänglichkeit für Poesie zu bezeichnen, schildert er
die mächtige Bewegung, welche das Holst'sche Trauergedicht im Lande


verdiente Anerkennung. Drei und zwanzig Jahre alt, wurde Holst
als Lector der dänischen Sprache und Literatur bei der Lcmdkadetten-
Academie zu Kopenhagen angestellt, und er hatte Schüler, die älter
waren als er. Damals vermählte er sich mit einem schönen und
liebenswürdigen Mädchen; das freundlichste Familienleben entfaltete
sich ihm und immer angenehmer wurden feine Verhältnisse. Man
fand keinen Preis zu hoch für seinen Sprachunterricht; Gold und
Ehre strömten ihm in Fülle zu.

Doch das Glück machte ihn vorsichtig, und sein Heller Geist em¬
pfand deutlich, was ihm noch fehle. Deshalb hielt er sich mit einer
gewissen Blödigkeit von Schöpfungen zurück, ließ nur eine dänische
Anthologie drucken, die auf dem Gymnasium als Grundlage zum
Vortrag der Literaturgeschichte benutzt wird, und gab vier Jahre
nach einander einen Musenalmanach heraus. Unermüdlich trieb Holst
in dieser Ruhezeit das Studium moderner Sprachen und Literaturen:
Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch und schwedisch sind ihm
vertraut wie seine Muttersprache, und jetzt liegt er mit Eifer dem
Spanischen ob, denn heiße Sehnsucht zieht ihn nach Sevilla und
Cordova hin.

Während Holst nun solchen Reichthum in sich aufnahm, wäh¬
rend er sich in die Dichtungen so verschiedener Völker ver¬
senkte, ging ihm die wahre Formenschönheit auf. Krystallrein und
eben wurde sein Styl, wie die Fluth des Oceans, wo wunderbare
Koralleninseln mit Muschelthürmen und Polypenbäumen in den Tie¬
fen ruhen. Nur eines Anstoßes bedürfte es, daß er siegend aus
der Zurückgezogenheit hervortrat. Da starb am 3. December 1839
Friedrich VI., Dünemarks geliebter König, und Holst dichtete ein
kleines Lied auf seinen Tod, das, weil es recht aus vollem Herzen
kam, auch recht in die Herzen drang, Vielleicht hat nie ein einzeln
nes Gedicht solches Aufsehen gemacht, als diese fünf Verse — Bek-
ker's Rheinlied allenfalls ausgenommen. Nicht allein in viele lebende
Sprachen, sondern auch in's Lateinische, Griechische und Hebräische
wurde es übersetzt, und eine stürmische Begeisterung für den Sänger
durchzog ganz Dänemark. Henrik Steffens gedenkt derselben aus¬
drücklich in seiner Selbstbiographie (Band 2. Seite 65.). Um des
dänischen Volks Empfänglichkeit für Poesie zu bezeichnen, schildert er
die mächtige Bewegung, welche das Holst'sche Trauergedicht im Lande


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[0381] verdiente Anerkennung. Drei und zwanzig Jahre alt, wurde Holst als Lector der dänischen Sprache und Literatur bei der Lcmdkadetten- Academie zu Kopenhagen angestellt, und er hatte Schüler, die älter waren als er. Damals vermählte er sich mit einem schönen und liebenswürdigen Mädchen; das freundlichste Familienleben entfaltete sich ihm und immer angenehmer wurden feine Verhältnisse. Man fand keinen Preis zu hoch für seinen Sprachunterricht; Gold und Ehre strömten ihm in Fülle zu. Doch das Glück machte ihn vorsichtig, und sein Heller Geist em¬ pfand deutlich, was ihm noch fehle. Deshalb hielt er sich mit einer gewissen Blödigkeit von Schöpfungen zurück, ließ nur eine dänische Anthologie drucken, die auf dem Gymnasium als Grundlage zum Vortrag der Literaturgeschichte benutzt wird, und gab vier Jahre nach einander einen Musenalmanach heraus. Unermüdlich trieb Holst in dieser Ruhezeit das Studium moderner Sprachen und Literaturen: Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch und schwedisch sind ihm vertraut wie seine Muttersprache, und jetzt liegt er mit Eifer dem Spanischen ob, denn heiße Sehnsucht zieht ihn nach Sevilla und Cordova hin. Während Holst nun solchen Reichthum in sich aufnahm, wäh¬ rend er sich in die Dichtungen so verschiedener Völker ver¬ senkte, ging ihm die wahre Formenschönheit auf. Krystallrein und eben wurde sein Styl, wie die Fluth des Oceans, wo wunderbare Koralleninseln mit Muschelthürmen und Polypenbäumen in den Tie¬ fen ruhen. Nur eines Anstoßes bedürfte es, daß er siegend aus der Zurückgezogenheit hervortrat. Da starb am 3. December 1839 Friedrich VI., Dünemarks geliebter König, und Holst dichtete ein kleines Lied auf seinen Tod, das, weil es recht aus vollem Herzen kam, auch recht in die Herzen drang, Vielleicht hat nie ein einzeln nes Gedicht solches Aufsehen gemacht, als diese fünf Verse — Bek- ker's Rheinlied allenfalls ausgenommen. Nicht allein in viele lebende Sprachen, sondern auch in's Lateinische, Griechische und Hebräische wurde es übersetzt, und eine stürmische Begeisterung für den Sänger durchzog ganz Dänemark. Henrik Steffens gedenkt derselben aus¬ drücklich in seiner Selbstbiographie (Band 2. Seite 65.). Um des dänischen Volks Empfänglichkeit für Poesie zu bezeichnen, schildert er die mächtige Bewegung, welche das Holst'sche Trauergedicht im Lande

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/381>, abgerufen am 23.12.2024.