Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.Gewalt. Er versteht besonders, mit Behaglichkeit aus wenigen, leicht Als Ergebniß dieser Reise ist der zweibändige Roman "Jmpro- Dem Jmprovisator folgte 1837 der Roman "O. T.", welcher Jetzt kommen wir zu des Dichters vorzüglichsten Werke, dem Gewalt. Er versteht besonders, mit Behaglichkeit aus wenigen, leicht Als Ergebniß dieser Reise ist der zweibändige Roman „Jmpro- Dem Jmprovisator folgte 1837 der Roman „O. T.", welcher Jetzt kommen wir zu des Dichters vorzüglichsten Werke, dem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0376" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/180089"/> <p xml:id="ID_958" prev="#ID_957"> Gewalt. Er versteht besonders, mit Behaglichkeit aus wenigen, leicht<lb/> hingeworfenen treffenden Zügen kleine Bilder und Landschaften in's<lb/> Leben zu rufen, die aber oft zu örtlich eigenthümlich sind, um den<lb/> anzusprechen, der in der Heimath des Dichters nicht selbst heimisch<lb/> ist." — Andersen beschrieb seine Fahrt, und diesem Büchlein folgten<lb/> mehrere einzelne Gedichte-und Opernterte. Im Jahre 1833 wirkten<lb/> ihm angesehene Männer vom Könige ein Reisestipendium aus; er<lb/> ging zuerst nach Paris, dort freundliche Verhältnisse mit Victor Hugo<lb/> und Heinrich Heine anknüpfend, begab sich dann nach der Schweiz<lb/> und zog über die Alpenkette, um Italien zu erreichen.</p><lb/> <p xml:id="ID_959"> Als Ergebniß dieser Reise ist der zweibändige Roman „Jmpro-<lb/> visatoren" zu betrachten, ein Buch, das nicht auf dem Gipfel poeti¬<lb/> scher Schöpfung steht, aber doch anzieht durch lebensvolle Schilder¬<lb/> ungen und ein reich schimmerndes, italienisches Colorit. Unter den<lb/> bunten Südfarben liegt deö Verfassers Silhouette; er hat das eigene<lb/> Jugendleben beschrieben und die Familienkreise seiner Kopenhagener<lb/> Wohlthäter. Dies Hervorstellen seines auf irgend eine phantastische<lb/> Art aufgeschmückten „Ich" ist überhaupt ein Vorwurf, von dem An¬<lb/> dersen nicht freigesprochen werden kann, und es läßt uns auf eine<lb/> behagliche Selbstgefälligkeit schließen.</p><lb/> <p xml:id="ID_960"> Dem Jmprovisator folgte 1837 der Roman „O. T.", welcher<lb/> uns in das stille, wechsellose Leben und Weben deö Nordens führt.<lb/> Weder hier noch drüben hat das Buch Glück gemacht, und wahrend<lb/> die Deutschen glaubten, es müsse den Dänen besser gefallen, waren<lb/> diese überzeugt, es werde in Deutschland den rechten Anklang finden.</p><lb/> <p xml:id="ID_961" next="#ID_962"> Jetzt kommen wir zu des Dichters vorzüglichsten Werke, dem<lb/> er, in unbegreiflicher Verblendung, einen geringeren Werth als den<lb/> Romanen beilegt. Es sind dies seine Kindermärchen — Eventyr,<lb/> fortalte for Born" — von denen sechs Hefte erschienen sind. Hier<lb/> weht Frische und Absichtslosigkeit, reine, freie Phantasieschöpfungen<lb/> lachen uns mit ihren sinnigen, blauen Kinderaugen an und der Vor¬<lb/> hang, der uns von den dunkeln Feenmärchen unserer frühen Jugend<lb/> trennt, rollt noch einmal empor. Jeder Mensch, der nicht ganz als<lb/> Philister zur Welt kam, hat ja seine tausend und eine Nacht durchlebt<lb/> und träumr sich gern dahin zurück. Dies träumerische Sein, das auf<lb/> einem Blüthenhain wohnt, der, von der Erde abgelöst, in Lüften</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0376]
Gewalt. Er versteht besonders, mit Behaglichkeit aus wenigen, leicht
hingeworfenen treffenden Zügen kleine Bilder und Landschaften in's
Leben zu rufen, die aber oft zu örtlich eigenthümlich sind, um den
anzusprechen, der in der Heimath des Dichters nicht selbst heimisch
ist." — Andersen beschrieb seine Fahrt, und diesem Büchlein folgten
mehrere einzelne Gedichte-und Opernterte. Im Jahre 1833 wirkten
ihm angesehene Männer vom Könige ein Reisestipendium aus; er
ging zuerst nach Paris, dort freundliche Verhältnisse mit Victor Hugo
und Heinrich Heine anknüpfend, begab sich dann nach der Schweiz
und zog über die Alpenkette, um Italien zu erreichen.
Als Ergebniß dieser Reise ist der zweibändige Roman „Jmpro-
visatoren" zu betrachten, ein Buch, das nicht auf dem Gipfel poeti¬
scher Schöpfung steht, aber doch anzieht durch lebensvolle Schilder¬
ungen und ein reich schimmerndes, italienisches Colorit. Unter den
bunten Südfarben liegt deö Verfassers Silhouette; er hat das eigene
Jugendleben beschrieben und die Familienkreise seiner Kopenhagener
Wohlthäter. Dies Hervorstellen seines auf irgend eine phantastische
Art aufgeschmückten „Ich" ist überhaupt ein Vorwurf, von dem An¬
dersen nicht freigesprochen werden kann, und es läßt uns auf eine
behagliche Selbstgefälligkeit schließen.
Dem Jmprovisator folgte 1837 der Roman „O. T.", welcher
uns in das stille, wechsellose Leben und Weben deö Nordens führt.
Weder hier noch drüben hat das Buch Glück gemacht, und wahrend
die Deutschen glaubten, es müsse den Dänen besser gefallen, waren
diese überzeugt, es werde in Deutschland den rechten Anklang finden.
Jetzt kommen wir zu des Dichters vorzüglichsten Werke, dem
er, in unbegreiflicher Verblendung, einen geringeren Werth als den
Romanen beilegt. Es sind dies seine Kindermärchen — Eventyr,
fortalte for Born" — von denen sechs Hefte erschienen sind. Hier
weht Frische und Absichtslosigkeit, reine, freie Phantasieschöpfungen
lachen uns mit ihren sinnigen, blauen Kinderaugen an und der Vor¬
hang, der uns von den dunkeln Feenmärchen unserer frühen Jugend
trennt, rollt noch einmal empor. Jeder Mensch, der nicht ganz als
Philister zur Welt kam, hat ja seine tausend und eine Nacht durchlebt
und träumr sich gern dahin zurück. Dies träumerische Sein, das auf
einem Blüthenhain wohnt, der, von der Erde abgelöst, in Lüften
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