<Mill Bein? auf Spanien. sZsus den Papieren eines vcrnbschiedctcn eonzknechts.)
ES gibt Organisationen in der physischen und moralischen Na¬ tur, welche nur bei gewissen ungewöhnlichen ErschüttcrungSpcrioden entstehen oder sich zu entwickeln vermögen. Große Ueberschwemmun- gen, Lavaströme, Waldbrände, Erdbeben, Stürme, -- bezeichnen mei¬ stens ihre Gegenwart durch gewisse eigenthümliche Naturproducte, die in später Nachwelt der Beobachter nicht mit jenen, welche die in ihre gewöhnliche Bahn zurückgetretene Natur darbietet, in dieselben Kate¬ gorien setzen kann, und die man als fabelhafte Erscheinungen, als räthselhafte Phänomene anstaunt.
Auch in der geistigen Welt scheint ein analoges Verhältniß stattzufinden. ES gibt Charaktere, welche einer besonderen Kata¬ strophe bedürfen, um in ihrer ganzen Eigenthümlichkeit hervorzutreten. -- Wäre Napoleon in der Mitte oder gegen das Ende deö acht¬ zehnten Jahrhunderts in irgend einer deutschen Reichsstadt geboren worden, so wäre seine kriegerische Genialität uuentfaltet geblieben, oder er hätte es höchstens zu einem erträglichen Regiments-Commandeur gebracht, -- und ein Raphael, im dreißigjährigen Kriege lebend, hätte schwerlich eine Madonna erschaffen. Bei Revolutionen, Bürgerkrie¬ gen und ähnlichen Gelegenheiten entwickeln sich gewisse Charaktere, treten Individualitäten hervor, deren Dasein man sonst kaum geahnt hätte. Derlei Beispiele gibt uns die französische Umwälzung, sowohl im Lager als im Staatsleben; zahlreiche, aber eben so viele und eben so interessante Erscheinungen bieten die spanischen Bürger¬ kriege dem Beobachter dar. Sowohl im sogenannten Jnvasionskampfe
<Mill Bein? auf Spanien. sZsus den Papieren eines vcrnbschiedctcn eonzknechts.)
ES gibt Organisationen in der physischen und moralischen Na¬ tur, welche nur bei gewissen ungewöhnlichen ErschüttcrungSpcrioden entstehen oder sich zu entwickeln vermögen. Große Ueberschwemmun- gen, Lavaströme, Waldbrände, Erdbeben, Stürme, — bezeichnen mei¬ stens ihre Gegenwart durch gewisse eigenthümliche Naturproducte, die in später Nachwelt der Beobachter nicht mit jenen, welche die in ihre gewöhnliche Bahn zurückgetretene Natur darbietet, in dieselben Kate¬ gorien setzen kann, und die man als fabelhafte Erscheinungen, als räthselhafte Phänomene anstaunt.
Auch in der geistigen Welt scheint ein analoges Verhältniß stattzufinden. ES gibt Charaktere, welche einer besonderen Kata¬ strophe bedürfen, um in ihrer ganzen Eigenthümlichkeit hervorzutreten. — Wäre Napoleon in der Mitte oder gegen das Ende deö acht¬ zehnten Jahrhunderts in irgend einer deutschen Reichsstadt geboren worden, so wäre seine kriegerische Genialität uuentfaltet geblieben, oder er hätte es höchstens zu einem erträglichen Regiments-Commandeur gebracht, — und ein Raphael, im dreißigjährigen Kriege lebend, hätte schwerlich eine Madonna erschaffen. Bei Revolutionen, Bürgerkrie¬ gen und ähnlichen Gelegenheiten entwickeln sich gewisse Charaktere, treten Individualitäten hervor, deren Dasein man sonst kaum geahnt hätte. Derlei Beispiele gibt uns die französische Umwälzung, sowohl im Lager als im Staatsleben; zahlreiche, aber eben so viele und eben so interessante Erscheinungen bieten die spanischen Bürger¬ kriege dem Beobachter dar. Sowohl im sogenannten Jnvasionskampfe
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<Mill Bein? auf Spanien.
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ES gibt Organisationen in der physischen und moralischen Na¬
tur, welche nur bei gewissen ungewöhnlichen ErschüttcrungSpcrioden
entstehen oder sich zu entwickeln vermögen. Große Ueberschwemmun-
gen, Lavaströme, Waldbrände, Erdbeben, Stürme, — bezeichnen mei¬
stens ihre Gegenwart durch gewisse eigenthümliche Naturproducte, die
in später Nachwelt der Beobachter nicht mit jenen, welche die in ihre
gewöhnliche Bahn zurückgetretene Natur darbietet, in dieselben Kate¬
gorien setzen kann, und die man als fabelhafte Erscheinungen, als
räthselhafte Phänomene anstaunt.
Auch in der geistigen Welt scheint ein analoges Verhältniß
stattzufinden. ES gibt Charaktere, welche einer besonderen Kata¬
strophe bedürfen, um in ihrer ganzen Eigenthümlichkeit hervorzutreten.
— Wäre Napoleon in der Mitte oder gegen das Ende deö acht¬
zehnten Jahrhunderts in irgend einer deutschen Reichsstadt geboren
worden, so wäre seine kriegerische Genialität uuentfaltet geblieben, oder
er hätte es höchstens zu einem erträglichen Regiments-Commandeur
gebracht, — und ein Raphael, im dreißigjährigen Kriege lebend, hätte
schwerlich eine Madonna erschaffen. Bei Revolutionen, Bürgerkrie¬
gen und ähnlichen Gelegenheiten entwickeln sich gewisse Charaktere,
treten Individualitäten hervor, deren Dasein man sonst kaum geahnt
hätte. Derlei Beispiele gibt uns die französische Umwälzung, sowohl
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Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341546_179712/302>, abgerufen am 22.12.2024.
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