Die Grenzboten. Jg. 3, 1844, I. Semester.Augsburger Allgemeine, Morning Chronicle und Morgenblatt, von Aber es ging Vieles ganz anders. Dingelstedt hatt" wohl nicht Vergeblich sucht Dingelstedt die Schwierigkeiten zu überwinden. Dies ist Dingelstedts Lage, eine unglückliche, fast unhaltbare. Augsburger Allgemeine, Morning Chronicle und Morgenblatt, von Aber es ging Vieles ganz anders. Dingelstedt hatt« wohl nicht Vergeblich sucht Dingelstedt die Schwierigkeiten zu überwinden. Dies ist Dingelstedts Lage, eine unglückliche, fast unhaltbare. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0283" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/179996"/> <p xml:id="ID_730" prev="#ID_729"> Augsburger Allgemeine, Morning Chronicle und Morgenblatt, von<lb/> denHonorarermittlungcn, kurz von allen Mühen eines auf seine Feder<lb/> allein angewiesenen deutschen Autors; wie ihm die Muße bleibe für<lb/> neue Entwickelungen seines Talentes; wie er, ohne seine Principien<lb/> aufzugeben, doch deren Princip beschränken könne. Vielleicht ging<lb/> er auch weiter und gedachte, seine Stellung in vermittelnder, wohl¬<lb/> thätiger, humboldt'scher Weise zu benutzen und allerdings ist ein aufge¬<lb/> klärter Mensch nirgend zu viel, wenn er aufrechtem Weg angelangt ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_731"> Aber es ging Vieles ganz anders. Dingelstedt hatt« wohl nicht<lb/> hinlänglich erwogen, daß er von seinem Studirzimmer bis zum kö¬<lb/> niglichen Kabinet die Mißgunst der AntichambrcS zu passiren hatte,<lb/> wo man, die Lieder des Nachtwächters in der Hand, dein vorbei-<lb/> schreitenden Parvenu mit stillem Grimm nachsah. Ebenso dachte er<lb/> sich schwerlich, daß ihn auch die Bürgerlichen anfeinden werden, schon<lb/> weil er aristokratische Formen hat und in blaßgelben Handschuhen<lb/> spazieren geht. Was die demokratische Partei betrifft, so brach diese<lb/> rasch und entschieden mit ihm und that damit, was ihre politische<lb/> Pflicht erforderte.</p><lb/> <p xml:id="ID_732"> Vergeblich sucht Dingelstedt die Schwierigkeiten zu überwinden.<lb/> Nähert er sich den Höflingen, so machen sie schweigend ihm Platz —<lb/> sie weichen ihm aus. Er ist dort, wenige Personen abgerechnet, ge-<lb/> mieden: das ist ihm wohl selbst und hinter seinem Rücken noch bes-<lb/> ser bekannt. Ebenso wenig wird sich sein Verhältniß zum Publicum<lb/> ändern. Nirgends weniger als in Würtembe-rg verzeiht man Incon-<lb/> sequenz, wäre sie auch nur der Schein von Verrath. Man versteht<lb/> es hier nicht, sich bei Jemand mit seinen liebenswürdigen Reden zu<lb/> begnügen und auf den übrigen Menschen zu verzichten, moralische<lb/> und politische Sünden zu vergessen. — Und indem Dingelstedt, statt<lb/> sich unscheinbar zu machen, in seiner ganzen Erscheinung gegen den<lb/> Stuttgarter Ton absticht, lenkt er die Aufmerksamkeit immer wieder<lb/> auf sich, auf seine Person.<lb/> '</p><lb/> <p xml:id="ID_733" next="#ID_734"> Dies ist Dingelstedts Lage, eine unglückliche, fast unhaltbare.<lb/> Wie wird sie sich entwickeln? Ein Rücktritt zur alten verlassenen Fahne<lb/> ist aus inneren und äußeren Gründen unmöglich, von Dingelstedt<lb/> auch schwerlich beabsichtigt, selbst wenn er den gethanen Schritt<lb/> bereuen sollte. Er wird vorerst bleiben müssen; Hofleute und was<lb/> daran hängt, werden ihm nach wie vor ein Bein stellen, wo man es</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0283]
Augsburger Allgemeine, Morning Chronicle und Morgenblatt, von
denHonorarermittlungcn, kurz von allen Mühen eines auf seine Feder
allein angewiesenen deutschen Autors; wie ihm die Muße bleibe für
neue Entwickelungen seines Talentes; wie er, ohne seine Principien
aufzugeben, doch deren Princip beschränken könne. Vielleicht ging
er auch weiter und gedachte, seine Stellung in vermittelnder, wohl¬
thätiger, humboldt'scher Weise zu benutzen und allerdings ist ein aufge¬
klärter Mensch nirgend zu viel, wenn er aufrechtem Weg angelangt ist.
Aber es ging Vieles ganz anders. Dingelstedt hatt« wohl nicht
hinlänglich erwogen, daß er von seinem Studirzimmer bis zum kö¬
niglichen Kabinet die Mißgunst der AntichambrcS zu passiren hatte,
wo man, die Lieder des Nachtwächters in der Hand, dein vorbei-
schreitenden Parvenu mit stillem Grimm nachsah. Ebenso dachte er
sich schwerlich, daß ihn auch die Bürgerlichen anfeinden werden, schon
weil er aristokratische Formen hat und in blaßgelben Handschuhen
spazieren geht. Was die demokratische Partei betrifft, so brach diese
rasch und entschieden mit ihm und that damit, was ihre politische
Pflicht erforderte.
Vergeblich sucht Dingelstedt die Schwierigkeiten zu überwinden.
Nähert er sich den Höflingen, so machen sie schweigend ihm Platz —
sie weichen ihm aus. Er ist dort, wenige Personen abgerechnet, ge-
mieden: das ist ihm wohl selbst und hinter seinem Rücken noch bes-
ser bekannt. Ebenso wenig wird sich sein Verhältniß zum Publicum
ändern. Nirgends weniger als in Würtembe-rg verzeiht man Incon-
sequenz, wäre sie auch nur der Schein von Verrath. Man versteht
es hier nicht, sich bei Jemand mit seinen liebenswürdigen Reden zu
begnügen und auf den übrigen Menschen zu verzichten, moralische
und politische Sünden zu vergessen. — Und indem Dingelstedt, statt
sich unscheinbar zu machen, in seiner ganzen Erscheinung gegen den
Stuttgarter Ton absticht, lenkt er die Aufmerksamkeit immer wieder
auf sich, auf seine Person.
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Dies ist Dingelstedts Lage, eine unglückliche, fast unhaltbare.
Wie wird sie sich entwickeln? Ein Rücktritt zur alten verlassenen Fahne
ist aus inneren und äußeren Gründen unmöglich, von Dingelstedt
auch schwerlich beabsichtigt, selbst wenn er den gethanen Schritt
bereuen sollte. Er wird vorerst bleiben müssen; Hofleute und was
daran hängt, werden ihm nach wie vor ein Bein stellen, wo man es
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