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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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haben.. Man ! kömmt einander' immer, näher;und'? beiden Parteien
scheint die Flintenschußweite eine zu große , Entfernung. Bald kämpft
man mit Bajonnet und Säbel; man drängt einander,; man umschlingt
einander; es iß ein Kampf -des Wahnsinns^ Wahnsinn des Sieges
bei den Einen, Wahnsinn-der Verzweiflung bei den andern. Denn
in der That, der Ausgang' des Kampfes kann Niemandem ungewiß
scheinen; die Truppen,,des Sultans haben die Verschanzungen erstürmt
und niedergerissen, und die Kartätfchenkugcln können jetzt ungehindeit
unter dieser zahllosen Menge wüthen, und der Tod reichliche Ernte
halten. Eiligst stürzen nun dieJam'tscharen nach den engen Pforten
ihrer Kasernen zu, und suchen da einen neuen Zufluchtsort. Hier
beginnt nun ein neuer Kampf, der noch heftiger, noch blutgieriger ist;
beide Parteien Ad, in einer ^unbeschreiblichen Raserei, vom höchsten
Grad der Wuth besessen. Von ihren Fenstern aus senden die Janit¬
scharen sichern, treffenden Tod in die Reihen der stürmenden, , die
keine Bollwehr gegen ihre Schüsse haben, und Platz, der >, schon
dicht besäet mit Leichnamen gefallener Janitscharen,, wird mit - einer
zweiten Lage todter Türken bedeckt. , -

Ruhig mitten unter den Kugeln, die zu seinen Seiten todbrin¬
gend dicht niederfallen, läßt Mohammed die Thüren der Kaserne durch
Kanonenschüsse niederwerfen;, seine Topdschis stürzen hin, um einzu¬
ziehen, aber Kartätschenkugeln empfangen sie mörderisch von vorn und
von oben,/ herab schleudern- saliens Soldaten Feuer, brennendes Werg,
geschmolzenes Blei, tausende von Granaten auf ihre Häupter., , Aber
auf einen neuen Befehl des Vizirs wird das platte, terrassenförmige
Dach der Kaserne, der letzte Zufluchtsort der unglücklichen Janitscha¬
ren, durch geschickt hiuanfgeschlcuderte Raketen in Brand gesteckt. Nun
haben die Aufrührer gegen den Tod von Menschenhand und gegen
das gewaltig wüthende Element, das immer weiter um sich greift, zu
kämpfen; die Flammen, deren sie nicht Meister zu werden vermögen,
treiben sie von dem Dache ihrer Festung hinab in die untern Stock¬
werke, und da beginnen sie von Neuem den Kampf, während sie je¬
den Augenblick befürchten müssen, daß die Gewölbe über ihrem Haupte
krachend zusammenstürzen. Vom Rauche fast erstickt, von Kartätschen
und Kugeln.getroffen, bleibt ihnen kein Ausweg mehr, als -sich in
ihren ungeheuren Hof zurückzuziehen. Das Geräusch des Kampfes
wird von dein Verzweiflungsgcschrci übertäubt, das dreitausend Ja-


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haben.. Man ! kömmt einander' immer, näher;und'? beiden Parteien
scheint die Flintenschußweite eine zu große , Entfernung. Bald kämpft
man mit Bajonnet und Säbel; man drängt einander,; man umschlingt
einander; es iß ein Kampf -des Wahnsinns^ Wahnsinn des Sieges
bei den Einen, Wahnsinn-der Verzweiflung bei den andern. Denn
in der That, der Ausgang' des Kampfes kann Niemandem ungewiß
scheinen; die Truppen,,des Sultans haben die Verschanzungen erstürmt
und niedergerissen, und die Kartätfchenkugcln können jetzt ungehindeit
unter dieser zahllosen Menge wüthen, und der Tod reichliche Ernte
halten. Eiligst stürzen nun dieJam'tscharen nach den engen Pforten
ihrer Kasernen zu, und suchen da einen neuen Zufluchtsort. Hier
beginnt nun ein neuer Kampf, der noch heftiger, noch blutgieriger ist;
beide Parteien Ad, in einer ^unbeschreiblichen Raserei, vom höchsten
Grad der Wuth besessen. Von ihren Fenstern aus senden die Janit¬
scharen sichern, treffenden Tod in die Reihen der stürmenden, , die
keine Bollwehr gegen ihre Schüsse haben, und Platz, der >, schon
dicht besäet mit Leichnamen gefallener Janitscharen,, wird mit - einer
zweiten Lage todter Türken bedeckt. , -

Ruhig mitten unter den Kugeln, die zu seinen Seiten todbrin¬
gend dicht niederfallen, läßt Mohammed die Thüren der Kaserne durch
Kanonenschüsse niederwerfen;, seine Topdschis stürzen hin, um einzu¬
ziehen, aber Kartätschenkugeln empfangen sie mörderisch von vorn und
von oben,/ herab schleudern- saliens Soldaten Feuer, brennendes Werg,
geschmolzenes Blei, tausende von Granaten auf ihre Häupter., , Aber
auf einen neuen Befehl des Vizirs wird das platte, terrassenförmige
Dach der Kaserne, der letzte Zufluchtsort der unglücklichen Janitscha¬
ren, durch geschickt hiuanfgeschlcuderte Raketen in Brand gesteckt. Nun
haben die Aufrührer gegen den Tod von Menschenhand und gegen
das gewaltig wüthende Element, das immer weiter um sich greift, zu
kämpfen; die Flammen, deren sie nicht Meister zu werden vermögen,
treiben sie von dem Dache ihrer Festung hinab in die untern Stock¬
werke, und da beginnen sie von Neuem den Kampf, während sie je¬
den Augenblick befürchten müssen, daß die Gewölbe über ihrem Haupte
krachend zusammenstürzen. Vom Rauche fast erstickt, von Kartätschen
und Kugeln.getroffen, bleibt ihnen kein Ausweg mehr, als -sich in
ihren ungeheuren Hof zurückzuziehen. Das Geräusch des Kampfes
wird von dein Verzweiflungsgcschrci übertäubt, das dreitausend Ja-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/721>, abgerufen am 22.12.2024.