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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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det, um die Giaurszu besiegen, alle, Mittel an,^ die sin
Euren Kräften sind. Die Empörung ist also erlaubt.",-

Diese Worte, die Selim, um die Gesinnungen, seiner Unterge¬
benen kennen zu lernen, nachläßig hinwirft, werden mit trunkenem
Beifall aufgenommen. Mit Recht zieht der junge Mann hieraus ei¬
nen günstigen Schluß auf die Sympathieen, die seine Ansichten und
Aeußerungen bei den andern Oreas finden oder erwecken werden, und
sein Herz schwelgt im .Vorgenuß einer baldigen Rache. In der That
fliegen seine Reden von Mund zu Mund, und der Aufstand, der in
den Herzen der zwanzigtausend Janitscharen CMstantinopels keimte,
schießt zur vollkräftigen Pflanze auf. Noch .wenige Tage, welche die
nöthigen Vorbereitungen erheischen, und, die. Revolution bricht los; .es
fehlt ihr nichts, selbst nicht die Aechtungslistcn. Vier Häupter müs¬
sen fallen: das des Großvizirs; Hussein-Agas, deövormaligcuOber-
befchlshabers,der Janitscharen, der ihren Haß auf sich geladen; das
des Mufti und das Nedjib-Effmdis, des Abgesandten Mehemed-Ruf,
dem, man einen bedeutenden Einfluß auf die neuerungssüchtigen, Ent¬
schlüsse deS Sultans zuschrieb. ,

So weit ist Selim mit den Seinigen einverstanden. Aber bald
macht er eine ,traurige Erfahrung, die fast alle Lenker gewaltsamer
Aufstände zu ihrem größeren oder geringeren. Nachtheil .gemacht, daß
nämlich> wenn es zuweilen leicht ist, die Massen zu irgend einem
Zwecke aufzureizen, es stets schwer, ja sehr oft fast unmöglich ist,
über die leidenschaftlich .Aufgeregten dieselbe Herrschaft beizubehalten,
die mau vorher, gehabt. So erfährt auch Selim,,bald, daß, "die.Ja¬
nitscharen mit zwar grausamer, aber streng .verstandcsrichtigerund durch
die Verhältnisse herbeigeführter Conseaucnz der verhnngnißvollen Äste
noch einen fünften Namen hinzugefügt haben, den Capussi, ÄgaS, sei¬
nes Vaters,, der, getreu seinen: Fürsten, und seinem Eide? alle Ver¬
bindung mit den Mißvergnügten von sich gewiesen Da zerfleischt
ein fürchterlicher Kampf das Herz seines Sohnes. Soll er das Zei¬
chen zu einem Aufstände geben, unter dessen Dpftr sein Väter ,gehö¬
ren wird? Und gibt,er es nicht ? Nun, so' ist sein, eigener Unter-
gang ihm sicher;,', er fällt entweder durch die Befehle des Sultans,
dem es nicht lange verborgen bleiben kann, wer das Feuer der Em¬
pörung angefacht, oder unter den Streichen der Janitscharen/die ihn
für einen Verräther halten werden. Und was wird 'aus Euläleja',


det, um die Giaurszu besiegen, alle, Mittel an,^ die sin
Euren Kräften sind. Die Empörung ist also erlaubt.",-

Diese Worte, die Selim, um die Gesinnungen, seiner Unterge¬
benen kennen zu lernen, nachläßig hinwirft, werden mit trunkenem
Beifall aufgenommen. Mit Recht zieht der junge Mann hieraus ei¬
nen günstigen Schluß auf die Sympathieen, die seine Ansichten und
Aeußerungen bei den andern Oreas finden oder erwecken werden, und
sein Herz schwelgt im .Vorgenuß einer baldigen Rache. In der That
fliegen seine Reden von Mund zu Mund, und der Aufstand, der in
den Herzen der zwanzigtausend Janitscharen CMstantinopels keimte,
schießt zur vollkräftigen Pflanze auf. Noch .wenige Tage, welche die
nöthigen Vorbereitungen erheischen, und, die. Revolution bricht los; .es
fehlt ihr nichts, selbst nicht die Aechtungslistcn. Vier Häupter müs¬
sen fallen: das des Großvizirs; Hussein-Agas, deövormaligcuOber-
befchlshabers,der Janitscharen, der ihren Haß auf sich geladen; das
des Mufti und das Nedjib-Effmdis, des Abgesandten Mehemed-Ruf,
dem, man einen bedeutenden Einfluß auf die neuerungssüchtigen, Ent¬
schlüsse deS Sultans zuschrieb. ,

So weit ist Selim mit den Seinigen einverstanden. Aber bald
macht er eine ,traurige Erfahrung, die fast alle Lenker gewaltsamer
Aufstände zu ihrem größeren oder geringeren. Nachtheil .gemacht, daß
nämlich> wenn es zuweilen leicht ist, die Massen zu irgend einem
Zwecke aufzureizen, es stets schwer, ja sehr oft fast unmöglich ist,
über die leidenschaftlich .Aufgeregten dieselbe Herrschaft beizubehalten,
die mau vorher, gehabt. So erfährt auch Selim,,bald, daß, „die.Ja¬
nitscharen mit zwar grausamer, aber streng .verstandcsrichtigerund durch
die Verhältnisse herbeigeführter Conseaucnz der verhnngnißvollen Äste
noch einen fünften Namen hinzugefügt haben, den Capussi, ÄgaS, sei¬
nes Vaters,, der, getreu seinen: Fürsten, und seinem Eide? alle Ver¬
bindung mit den Mißvergnügten von sich gewiesen Da zerfleischt
ein fürchterlicher Kampf das Herz seines Sohnes. Soll er das Zei¬
chen zu einem Aufstände geben, unter dessen Dpftr sein Väter ,gehö¬
ren wird? Und gibt,er es nicht ? Nun, so' ist sein, eigener Unter-
gang ihm sicher;,', er fällt entweder durch die Befehle des Sultans,
dem es nicht lange verborgen bleiben kann, wer das Feuer der Em¬
pörung angefacht, oder unter den Streichen der Janitscharen/die ihn
für einen Verräther halten werden. Und was wird 'aus Euläleja',


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/716>, abgerufen am 23.07.2024.