Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.nicht wieder abwenden. Ein rundes, wunderbar fein gebildetes Ge¬ -- Sie ist ein Engel des Himmels, nahm der junge Laurop -- Seit zwei Jahren, bemerkte sein Nachbar, schleppt sie, an -- Man sollte das nicht glauben, fügte der Erste bei. -- Man versichert, versetzte der Andere, daß, unsere gnädige Ge¬ Schöne Worte müßt ihr zollen Süßen Schmeichlern, die verwegen Euch mit falschem Schwur bewegen, Lieb' und Treu' erheucheln wollen. Trauet nicht den Ncinkevollen, Ob sie schön thun! El, dagegen Müßt ihr schöne Worte zollen! Wort dem Wort kommt recht gelegen, Eins dem andern hold entgegen! Frisch bereit, drum, sonder Schmollen, nicht wieder abwenden. Ein rundes, wunderbar fein gebildetes Ge¬ — Sie ist ein Engel des Himmels, nahm der junge Laurop — Seit zwei Jahren, bemerkte sein Nachbar, schleppt sie, an — Man sollte das nicht glauben, fügte der Erste bei. — Man versichert, versetzte der Andere, daß, unsere gnädige Ge¬ Schöne Worte müßt ihr zollen Süßen Schmeichlern, die verwegen Euch mit falschem Schwur bewegen, Lieb' und Treu' erheucheln wollen. Trauet nicht den Ncinkevollen, Ob sie schön thun! El, dagegen Müßt ihr schöne Worte zollen! Wort dem Wort kommt recht gelegen, Eins dem andern hold entgegen! Frisch bereit, drum, sonder Schmollen, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0646" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/267859"/> <p xml:id="ID_2228" prev="#ID_2227"> nicht wieder abwenden. Ein rundes, wunderbar fein gebildetes Ge¬<lb/> sicht, dunkelblaue Augen, gleich den Spalten des Sommers, Nase und<lb/> Mund edel geformt, als sollten sie einem Bildhauer zum Muster die¬<lb/> nen, eine Stirne, die aussal), als komme ihr eine Krone zu, blon¬<lb/> des Haar, das it)r vom Haupte herabrieselte, so seidig, wie nur je<lb/> eine Frau es getragen; Schultern gleich dem reinsten Marmor, der<lb/> Wuchs schlank, leicht, die Formen voll und zart, gleich einem Göt¬<lb/> terbild; und zu dem Allem, sechszehn Jahre, die schönste Zeit des<lb/> Lebens! DaS war die Jungfrau, welche beide Cavnliere voll Stau¬<lb/> nen und Entzücken betrachteten.</p><lb/> <p xml:id="ID_2229"> — Sie ist ein Engel des Himmels, nahm der junge Laurop<lb/> das Wort.</p><lb/> <p xml:id="ID_2230"> — Seit zwei Jahren, bemerkte sein Nachbar, schleppt sie, an<lb/> ihrem Thriumphwagen die edelsten und trefflichsten Cavaliere unseres<lb/> Hofes; aber seit zwei Jahren verschmähet sie auch alle Bewerber, die<lb/> sich ihr nähern. Immer hat sie diese Gleichgültigkeit gezeigt, die wir<lb/> jetzt an ihr wahrnehmen; immer war diese ernste unfrohe Wolke auf<lb/> ihrer Stirn gelagert, die Jeder bemerkt, der,sie nur ein Paar Au¬<lb/> genblicke ansieht.</p><lb/> <p xml:id="ID_2231"> — Man sollte das nicht glauben, fügte der Erste bei.</p><lb/> <p xml:id="ID_2232"> — Man versichert, versetzte der Andere, daß, unsere gnädige Ge¬<lb/> bieterin, 'die Statthalterin, das bekannte Rondeau für sie eigens ge¬<lb/> dichtet hat, um ihr die Verachtung der Männer, die fast unglaubliche<lb/> Gleichgültigkeit gegen dieselben, wie Du es treffend nennst, einzuflößen.<lb/> Du kennst ja die Zeilen, die neulich die Nunde am ganzen Hofe-<lb/> machten:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_22" type="poem" next="#POEMID_23"> <l> Schöne Worte müßt ihr zollen<lb/> Süßen Schmeichlern, die verwegen<lb/> Euch mit falschem Schwur bewegen,<lb/> Lieb' und Treu' erheucheln wollen.</l> </lg><lb/> <lg xml:id="POEMID_23" prev="#POEMID_22" type="poem" next="#POEMID_24"> <l> Trauet nicht den Ncinkevollen,<lb/> Ob sie schön thun! El, dagegen<lb/> Müßt ihr schöne Worte zollen!</l> </lg><lb/> <lg xml:id="POEMID_24" prev="#POEMID_23" type="poem" next="#POEMID_25"> <l> Wort dem Wort kommt recht gelegen,<lb/> Eins dem andern hold entgegen!<lb/> Frisch bereit, drum, sonder Schmollen,</l> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0646]
nicht wieder abwenden. Ein rundes, wunderbar fein gebildetes Ge¬
sicht, dunkelblaue Augen, gleich den Spalten des Sommers, Nase und
Mund edel geformt, als sollten sie einem Bildhauer zum Muster die¬
nen, eine Stirne, die aussal), als komme ihr eine Krone zu, blon¬
des Haar, das it)r vom Haupte herabrieselte, so seidig, wie nur je
eine Frau es getragen; Schultern gleich dem reinsten Marmor, der
Wuchs schlank, leicht, die Formen voll und zart, gleich einem Göt¬
terbild; und zu dem Allem, sechszehn Jahre, die schönste Zeit des
Lebens! DaS war die Jungfrau, welche beide Cavnliere voll Stau¬
nen und Entzücken betrachteten.
— Sie ist ein Engel des Himmels, nahm der junge Laurop
das Wort.
— Seit zwei Jahren, bemerkte sein Nachbar, schleppt sie, an
ihrem Thriumphwagen die edelsten und trefflichsten Cavaliere unseres
Hofes; aber seit zwei Jahren verschmähet sie auch alle Bewerber, die
sich ihr nähern. Immer hat sie diese Gleichgültigkeit gezeigt, die wir
jetzt an ihr wahrnehmen; immer war diese ernste unfrohe Wolke auf
ihrer Stirn gelagert, die Jeder bemerkt, der,sie nur ein Paar Au¬
genblicke ansieht.
— Man sollte das nicht glauben, fügte der Erste bei.
— Man versichert, versetzte der Andere, daß, unsere gnädige Ge¬
bieterin, 'die Statthalterin, das bekannte Rondeau für sie eigens ge¬
dichtet hat, um ihr die Verachtung der Männer, die fast unglaubliche
Gleichgültigkeit gegen dieselben, wie Du es treffend nennst, einzuflößen.
Du kennst ja die Zeilen, die neulich die Nunde am ganzen Hofe-
machten:
Schöne Worte müßt ihr zollen
Süßen Schmeichlern, die verwegen
Euch mit falschem Schwur bewegen,
Lieb' und Treu' erheucheln wollen.
Trauet nicht den Ncinkevollen,
Ob sie schön thun! El, dagegen
Müßt ihr schöne Worte zollen!
Wort dem Wort kommt recht gelegen,
Eins dem andern hold entgegen!
Frisch bereit, drum, sonder Schmollen,
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