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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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Thurm und Dächer streicht, ist das Lauteste, was man vernimmt.
Natürlich von allen Bergen Herein, erreicht jeder Luftzug leicht und
ungehindert das hochgelegene Schloß.

Wenn mir auf der Stevrbrückc recht viele rothbäckige Kinder
begegnen, so freut es mich immer herzlich. Kinder sind ein Segen
Gottes, und gibt Gott das Häschen, so gibt er auch das Gräschen,
dort wo viele Kinder leben, ist viel Nahrung, und wo viele Kinder
sind, ist viel Glück. Kann ich mir denn ein hübscheres Bild den¬
ken, als einen hundertjährigen Apfelbaum, der einem Knaben einen
rothbäckigen Apfel in den Schooß wirft. Während der Kleine an
der Frucht nascht und sich erfrischt, scheint der Baum an die Zeiten
zu denken, wo er, ein kleines Bäumchen, seine schwachen, grünen
Arme in heißen Tagen gegen den Himmel streckte, der dann Regen
und Thau herabwarf, und ihn erquickte. Unter der Steprbrücke
rauscht und braust es überlaut, dort ist ein gewaltiges Wehe leben¬
dig, fliegende Räder treiben eine klappernde Mühle und die zischen¬
den Schleifsteine der Messer- und Scheerenschmiede. Da hat wohl
Mancher als Kind zagend in die brausenden Wogen geschaut, der
dann als Mann standhaft durch ärgere Stürme geschwommen. Mö¬
gen mir doch immer viele gesunde, fröhliche Kinder auf der Steyr-
brücke begegnen, und mögen sie aufwachsen, und der lieben Steyx-
siadt-zum Ruhme, zur Ehre und Freude gereichen, wie der heitere
Aloys Blumauer, der im Eckhause in der Enge, gegenüber der
Apotheke, geboren, wurde, gewiß oft als kleiner Wildfang über die
Brücke lief, und als weltberühmter Dichter starb -- So war
Steyr, wie es jetzt ist, weiß man.





In Wien- Ein Äenkmnl setzten ihm seine Freunde im Garten zu Pötz-
Msdorf) ,, > ,

Thurm und Dächer streicht, ist das Lauteste, was man vernimmt.
Natürlich von allen Bergen Herein, erreicht jeder Luftzug leicht und
ungehindert das hochgelegene Schloß.

Wenn mir auf der Stevrbrückc recht viele rothbäckige Kinder
begegnen, so freut es mich immer herzlich. Kinder sind ein Segen
Gottes, und gibt Gott das Häschen, so gibt er auch das Gräschen,
dort wo viele Kinder leben, ist viel Nahrung, und wo viele Kinder
sind, ist viel Glück. Kann ich mir denn ein hübscheres Bild den¬
ken, als einen hundertjährigen Apfelbaum, der einem Knaben einen
rothbäckigen Apfel in den Schooß wirft. Während der Kleine an
der Frucht nascht und sich erfrischt, scheint der Baum an die Zeiten
zu denken, wo er, ein kleines Bäumchen, seine schwachen, grünen
Arme in heißen Tagen gegen den Himmel streckte, der dann Regen
und Thau herabwarf, und ihn erquickte. Unter der Steprbrücke
rauscht und braust es überlaut, dort ist ein gewaltiges Wehe leben¬
dig, fliegende Räder treiben eine klappernde Mühle und die zischen¬
den Schleifsteine der Messer- und Scheerenschmiede. Da hat wohl
Mancher als Kind zagend in die brausenden Wogen geschaut, der
dann als Mann standhaft durch ärgere Stürme geschwommen. Mö¬
gen mir doch immer viele gesunde, fröhliche Kinder auf der Steyr-
brücke begegnen, und mögen sie aufwachsen, und der lieben Steyx-
siadt-zum Ruhme, zur Ehre und Freude gereichen, wie der heitere
Aloys Blumauer, der im Eckhause in der Enge, gegenüber der
Apotheke, geboren, wurde, gewiß oft als kleiner Wildfang über die
Brücke lief, und als weltberühmter Dichter starb — So war
Steyr, wie es jetzt ist, weiß man.





In Wien- Ein Äenkmnl setzten ihm seine Freunde im Garten zu Pötz-
Msdorf) ,, > ,
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[0632] Thurm und Dächer streicht, ist das Lauteste, was man vernimmt. Natürlich von allen Bergen Herein, erreicht jeder Luftzug leicht und ungehindert das hochgelegene Schloß. Wenn mir auf der Stevrbrückc recht viele rothbäckige Kinder begegnen, so freut es mich immer herzlich. Kinder sind ein Segen Gottes, und gibt Gott das Häschen, so gibt er auch das Gräschen, dort wo viele Kinder leben, ist viel Nahrung, und wo viele Kinder sind, ist viel Glück. Kann ich mir denn ein hübscheres Bild den¬ ken, als einen hundertjährigen Apfelbaum, der einem Knaben einen rothbäckigen Apfel in den Schooß wirft. Während der Kleine an der Frucht nascht und sich erfrischt, scheint der Baum an die Zeiten zu denken, wo er, ein kleines Bäumchen, seine schwachen, grünen Arme in heißen Tagen gegen den Himmel streckte, der dann Regen und Thau herabwarf, und ihn erquickte. Unter der Steprbrücke rauscht und braust es überlaut, dort ist ein gewaltiges Wehe leben¬ dig, fliegende Räder treiben eine klappernde Mühle und die zischen¬ den Schleifsteine der Messer- und Scheerenschmiede. Da hat wohl Mancher als Kind zagend in die brausenden Wogen geschaut, der dann als Mann standhaft durch ärgere Stürme geschwommen. Mö¬ gen mir doch immer viele gesunde, fröhliche Kinder auf der Steyr- brücke begegnen, und mögen sie aufwachsen, und der lieben Steyx- siadt-zum Ruhme, zur Ehre und Freude gereichen, wie der heitere Aloys Blumauer, der im Eckhause in der Enge, gegenüber der Apotheke, geboren, wurde, gewiß oft als kleiner Wildfang über die Brücke lief, und als weltberühmter Dichter starb — So war Steyr, wie es jetzt ist, weiß man. In Wien- Ein Äenkmnl setzten ihm seine Freunde im Garten zu Pötz- Msdorf) ,, > ,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/632>, abgerufen am 24.07.2024.