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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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gen zeigt sich bald. Geographien und Weltgeschichten kommen aus Paris-- da fließt
der Rhein geraden Weges in die Ostsee, Berlin liegt an der Grenze der Tarda^
rei, Deutschlands Wälder wimmeln von Büren und Wölfen, die Deutschen sind
eine Nation Iow6s, das Jahr 1313 war "n" et all-KstuKI" 5r"1üsoi", die
Franzosen sind die Lehrer der Menschheit, die deutsche Literatur ist auf Pfänder ge¬
liehen, und Geßn"r ist der größte deutsche Dichter

, So unterrichtet, und von Phrasen, die zugleich Grundsätze sein sollen, groß-
gcsäugt, wächst die ehrbare deutsche Jugend heran -- Paris ist das Ziel ihrer
Sehnsucht, alles Französische ist ihr groß, erhaben, alles Heimische klein, verächt¬
lich. So geschieht es, daß in Salons u,ut auf Promenaden nichts als die fremde
Zunge tönt, nicht nur wegen Bevorzugung der Fremden, sondern qus Scham und
Furcht, sich durch elenden,- heimischen Jargon zu prostituircn, den sie, anstatt der
Muttersprache, von Domestiken erlauschen mußten. -- So geschieht es, daß das
Tollste, Geschmackloseste > wenn es nur französischen Ursprungs, alle heimische Sitte,
Tracht, Gewohnheit despotisch verdrängt.

In welchem Boudoir findet ihr Immermanns, Tiecks, H. Königs Romane?
^ Aber Dumas, Sue, Balzac, Paul de Kock ze. :c. find an der Tagesordnung,
und entzücken und begeistern. -- Grillparzer, Grabbe, Mosen, müssen freilich im
Hintergründe stehen; denn deutsche Herzen jauchzen aus, wenn es heißt: Heuer
kommt französisches Vaudeville.

- - ,-Schon VS^ mehr als einem Jahrhundert hqt der alte Vater Denis "über die
Erziehung vieler deutscher Knaben" in wahrhcitsschweren Worten geklagt, -und ist
Me.gehört worden -- seit damals hat sich die alte Krankheit der Deutschen,, die
unselige Sucht nach dem Fremden, die kleinliche Nachäfferei immer weiter anSge-
dMt.; die Erziehung deutscher Knaben ist nun wohl weniger zu beklagen, desto
mehr aber die Erziehung deutscher Mädchen. In weiblichen Gemüthern haftet der
gute wie der schlechte Eindruck tiefer Und länger; und was ist von Geschöpfen zu
hoffen, die einen engen Kreis zu .beglücken, die der Heimath die heilige, ewige
Anziehungskraft zu geben., geschaffen sind, und die so früh alles Heimischen, aller
glücklichen Beschränkung entwöhnt werden? Gerechter, als es scheint, ist das neue
Gesetz in Baiern, das in .Pensionen, den französischen Sprachunterricht verbietet
wohl nicht der Sprache, aber doch der Folgen wegen. .

!. .Wenn,schon,die Mütter ihrem Kinde-erst die Brust, dann ihre.Anleitung ent¬
ziehen, sollten sie dassMe. doch lieber ihren Domestiken/oder einer ehrlichen denk"
schM.Mat5vue Verlassen,, als diesen Wesen,--die ohne Bildung des Geistes und



" Lliiit- gel "Ach Oway. -Ulf weiß nnchwcison.

gen zeigt sich bald. Geographien und Weltgeschichten kommen aus Paris— da fließt
der Rhein geraden Weges in die Ostsee, Berlin liegt an der Grenze der Tarda^
rei, Deutschlands Wälder wimmeln von Büren und Wölfen, die Deutschen sind
eine Nation Iow6s, das Jahr 1313 war «n« et all-KstuKI« 5r»1üsoi», die
Franzosen sind die Lehrer der Menschheit, die deutsche Literatur ist auf Pfänder ge¬
liehen, und Geßn«r ist der größte deutsche Dichter

, So unterrichtet, und von Phrasen, die zugleich Grundsätze sein sollen, groß-
gcsäugt, wächst die ehrbare deutsche Jugend heran — Paris ist das Ziel ihrer
Sehnsucht, alles Französische ist ihr groß, erhaben, alles Heimische klein, verächt¬
lich. So geschieht es, daß in Salons u,ut auf Promenaden nichts als die fremde
Zunge tönt, nicht nur wegen Bevorzugung der Fremden, sondern qus Scham und
Furcht, sich durch elenden,- heimischen Jargon zu prostituircn, den sie, anstatt der
Muttersprache, von Domestiken erlauschen mußten. — So geschieht es, daß das
Tollste, Geschmackloseste > wenn es nur französischen Ursprungs, alle heimische Sitte,
Tracht, Gewohnheit despotisch verdrängt.

In welchem Boudoir findet ihr Immermanns, Tiecks, H. Königs Romane?
^ Aber Dumas, Sue, Balzac, Paul de Kock ze. :c. find an der Tagesordnung,
und entzücken und begeistern. — Grillparzer, Grabbe, Mosen, müssen freilich im
Hintergründe stehen; denn deutsche Herzen jauchzen aus, wenn es heißt: Heuer
kommt französisches Vaudeville.

- - ,-Schon VS^ mehr als einem Jahrhundert hqt der alte Vater Denis ȟber die
Erziehung vieler deutscher Knaben" in wahrhcitsschweren Worten geklagt, -und ist
Me.gehört worden — seit damals hat sich die alte Krankheit der Deutschen,, die
unselige Sucht nach dem Fremden, die kleinliche Nachäfferei immer weiter anSge-
dMt.; die Erziehung deutscher Knaben ist nun wohl weniger zu beklagen, desto
mehr aber die Erziehung deutscher Mädchen. In weiblichen Gemüthern haftet der
gute wie der schlechte Eindruck tiefer Und länger; und was ist von Geschöpfen zu
hoffen, die einen engen Kreis zu .beglücken, die der Heimath die heilige, ewige
Anziehungskraft zu geben., geschaffen sind, und die so früh alles Heimischen, aller
glücklichen Beschränkung entwöhnt werden? Gerechter, als es scheint, ist das neue
Gesetz in Baiern, das in .Pensionen, den französischen Sprachunterricht verbietet
wohl nicht der Sprache, aber doch der Folgen wegen. .

!. .Wenn,schon,die Mütter ihrem Kinde-erst die Brust, dann ihre.Anleitung ent¬
ziehen, sollten sie dassMe. doch lieber ihren Domestiken/oder einer ehrlichen denk»
schM.Mat5vue Verlassen,, als diesen Wesen,--die ohne Bildung des Geistes und



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[0604] gen zeigt sich bald. Geographien und Weltgeschichten kommen aus Paris— da fließt der Rhein geraden Weges in die Ostsee, Berlin liegt an der Grenze der Tarda^ rei, Deutschlands Wälder wimmeln von Büren und Wölfen, die Deutschen sind eine Nation Iow6s, das Jahr 1313 war «n« et all-KstuKI« 5r»1üsoi», die Franzosen sind die Lehrer der Menschheit, die deutsche Literatur ist auf Pfänder ge¬ liehen, und Geßn«r ist der größte deutsche Dichter , So unterrichtet, und von Phrasen, die zugleich Grundsätze sein sollen, groß- gcsäugt, wächst die ehrbare deutsche Jugend heran — Paris ist das Ziel ihrer Sehnsucht, alles Französische ist ihr groß, erhaben, alles Heimische klein, verächt¬ lich. So geschieht es, daß in Salons u,ut auf Promenaden nichts als die fremde Zunge tönt, nicht nur wegen Bevorzugung der Fremden, sondern qus Scham und Furcht, sich durch elenden,- heimischen Jargon zu prostituircn, den sie, anstatt der Muttersprache, von Domestiken erlauschen mußten. — So geschieht es, daß das Tollste, Geschmackloseste > wenn es nur französischen Ursprungs, alle heimische Sitte, Tracht, Gewohnheit despotisch verdrängt. In welchem Boudoir findet ihr Immermanns, Tiecks, H. Königs Romane? ^ Aber Dumas, Sue, Balzac, Paul de Kock ze. :c. find an der Tagesordnung, und entzücken und begeistern. — Grillparzer, Grabbe, Mosen, müssen freilich im Hintergründe stehen; denn deutsche Herzen jauchzen aus, wenn es heißt: Heuer kommt französisches Vaudeville. - - ,-Schon VS^ mehr als einem Jahrhundert hqt der alte Vater Denis »über die Erziehung vieler deutscher Knaben" in wahrhcitsschweren Worten geklagt, -und ist Me.gehört worden — seit damals hat sich die alte Krankheit der Deutschen,, die unselige Sucht nach dem Fremden, die kleinliche Nachäfferei immer weiter anSge- dMt.; die Erziehung deutscher Knaben ist nun wohl weniger zu beklagen, desto mehr aber die Erziehung deutscher Mädchen. In weiblichen Gemüthern haftet der gute wie der schlechte Eindruck tiefer Und länger; und was ist von Geschöpfen zu hoffen, die einen engen Kreis zu .beglücken, die der Heimath die heilige, ewige Anziehungskraft zu geben., geschaffen sind, und die so früh alles Heimischen, aller glücklichen Beschränkung entwöhnt werden? Gerechter, als es scheint, ist das neue Gesetz in Baiern, das in .Pensionen, den französischen Sprachunterricht verbietet wohl nicht der Sprache, aber doch der Folgen wegen. . !. .Wenn,schon,die Mütter ihrem Kinde-erst die Brust, dann ihre.Anleitung ent¬ ziehen, sollten sie dassMe. doch lieber ihren Domestiken/oder einer ehrlichen denk» schM.Mat5vue Verlassen,, als diesen Wesen,--die ohne Bildung des Geistes und " Lliiit- gel «Ach Oway. -Ulf weiß nnchwcison.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/604>, abgerufen am 22.12.2024.