Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.lernte, waren offenherzig, bieder, treu, herzensgut und dienstfertig. Ihre Die Geschichte der Stadt Colmar bietet auf jeder Seite Gelegen¬ Wie tapfer aber die Stadt war, so frcihcitliebend 'war sie auch, lernte, waren offenherzig, bieder, treu, herzensgut und dienstfertig. Ihre Die Geschichte der Stadt Colmar bietet auf jeder Seite Gelegen¬ Wie tapfer aber die Stadt war, so frcihcitliebend 'war sie auch, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0587" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/267800"/> <p xml:id="ID_2039" prev="#ID_2038"> lernte, waren offenherzig, bieder, treu, herzensgut und dienstfertig. Ihre<lb/> Tapferkeit ist bekannt, und die Franzosen lassen den Landsleuten Kapp's,<lb/> wie allen Elsassern Gerechtigkeit widerfahren. Nur eine ter guten und<lb/> eine, der schlechten Eigenschaften, die oben angeführt sind, habe ich nie<lb/> bemerkt. Sie sind äußerst sanft, sagt Herr Hunkler, aber ich muß<lb/> gestehen, daß ich fürchte, er hat sich hier von der Einen Hälfte verlei¬<lb/> ten lassen; die Andere ist wahrlich nichts weniger als sanft, sondern<lb/> meist ungeschliffen, wie der roheste Diamant, derbes geben kann. Ob<lb/> sie aber neugieriger sind, als andere Evalinder, weiß ich nicht, nur<lb/> bin ich sicher, daß sie zu rüstige Arbeiter sind, um sich durch die Neu¬<lb/> gierde lange von ihren Geschäften abhalten zu lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2040"> Die Geschichte der Stadt Colmar bietet auf jeder Seite Gelegen¬<lb/> heit, die Tapferkeit ihrer Bürger zu beobachten. Ihre ritterlichen Nach¬<lb/> barn fühlten oft genug das scharfe Schwert der Taubenstädter, —<lb/> Colmar von Columbaria, wie die Gelehrten behaupten. Turteltau¬<lb/> benstadt könnte sie jetzt noch heißen. Doch glaube ick), daß die Col-<lb/> lis Martis, die Kolbe Heri'ulcö im Wappen Cslmars eher zu dem<lb/> Charakter der Colmarer passen. Vor allem aber würde ich, als Col-<lb/> marcv, mir die Bauernetpmologie deS Kohlmarktcs verbitten, obgleich<lb/> auch sie ihren Vertheidiger in dem ausgezeichneten Geimisckohl,, der hier<lb/> wächst, findet.</p><lb/> <p xml:id="ID_2041" next="#ID_2042"> Wie tapfer aber die Stadt war, so frcihcitliebend 'war sie auch,<lb/> wodurch sie dann nach und nach zur Anerkennung ihrer Freiheit alö'<lb/> freie Reichsstadt gelangte. Aber leider scheint dann noch der Ncichs-<lb/> städtergeist, der PhilisteregoiSmus über sie gekommen zu sein. Die deut¬<lb/> sche Idee des Staates beruhte auf dem GerechtigkeitSbegrlffe, die Ge¬<lb/> rechtigkeit aber auf der gemeinsamen Verantwortlichkeit Aller für Ei¬<lb/> nen im Zehnt, Gau und Staate. Das Kcuserthum und seine Feudal¬<lb/> herrschaft zerstörte diese edle Auffassung und hohe Stellung des Staats-<lb/> bcgriffS, und zwang den freien oder frei sein wollenden Bürger, sich auf<lb/> sich selbst zu beschränken,- für sich zu sorgen, Egoist, Pfahlbürger und<lb/> Philister zu werden. Die freien RnchSstädte waren im Wesentliche!!<lb/> die Söhne der deutschen Freiheit, aber entartet und durch Herrschsucht<lb/> und Knechtjchaft vom Ganzen deS Volkes getrennt. Daher der Egois¬<lb/> mus in der Freiheit, der zu nichts als zur Auflösung und Unfreiheit<lb/> führte. Die älteste Stadtgesetzgebung von Colmar, ein Statut vom I.<lb/> ,11,293, liefert den Beweis für diese Ansichten. Die allgemeine Verant¬<lb/> wortlichkeit aller Bürger für das Unrecht ihres Mitbürgers, die höchste</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0587]
lernte, waren offenherzig, bieder, treu, herzensgut und dienstfertig. Ihre
Tapferkeit ist bekannt, und die Franzosen lassen den Landsleuten Kapp's,
wie allen Elsassern Gerechtigkeit widerfahren. Nur eine ter guten und
eine, der schlechten Eigenschaften, die oben angeführt sind, habe ich nie
bemerkt. Sie sind äußerst sanft, sagt Herr Hunkler, aber ich muß
gestehen, daß ich fürchte, er hat sich hier von der Einen Hälfte verlei¬
ten lassen; die Andere ist wahrlich nichts weniger als sanft, sondern
meist ungeschliffen, wie der roheste Diamant, derbes geben kann. Ob
sie aber neugieriger sind, als andere Evalinder, weiß ich nicht, nur
bin ich sicher, daß sie zu rüstige Arbeiter sind, um sich durch die Neu¬
gierde lange von ihren Geschäften abhalten zu lassen.
Die Geschichte der Stadt Colmar bietet auf jeder Seite Gelegen¬
heit, die Tapferkeit ihrer Bürger zu beobachten. Ihre ritterlichen Nach¬
barn fühlten oft genug das scharfe Schwert der Taubenstädter, —
Colmar von Columbaria, wie die Gelehrten behaupten. Turteltau¬
benstadt könnte sie jetzt noch heißen. Doch glaube ick), daß die Col-
lis Martis, die Kolbe Heri'ulcö im Wappen Cslmars eher zu dem
Charakter der Colmarer passen. Vor allem aber würde ich, als Col-
marcv, mir die Bauernetpmologie deS Kohlmarktcs verbitten, obgleich
auch sie ihren Vertheidiger in dem ausgezeichneten Geimisckohl,, der hier
wächst, findet.
Wie tapfer aber die Stadt war, so frcihcitliebend 'war sie auch,
wodurch sie dann nach und nach zur Anerkennung ihrer Freiheit alö'
freie Reichsstadt gelangte. Aber leider scheint dann noch der Ncichs-
städtergeist, der PhilisteregoiSmus über sie gekommen zu sein. Die deut¬
sche Idee des Staates beruhte auf dem GerechtigkeitSbegrlffe, die Ge¬
rechtigkeit aber auf der gemeinsamen Verantwortlichkeit Aller für Ei¬
nen im Zehnt, Gau und Staate. Das Kcuserthum und seine Feudal¬
herrschaft zerstörte diese edle Auffassung und hohe Stellung des Staats-
bcgriffS, und zwang den freien oder frei sein wollenden Bürger, sich auf
sich selbst zu beschränken,- für sich zu sorgen, Egoist, Pfahlbürger und
Philister zu werden. Die freien RnchSstädte waren im Wesentliche!!
die Söhne der deutschen Freiheit, aber entartet und durch Herrschsucht
und Knechtjchaft vom Ganzen deS Volkes getrennt. Daher der Egois¬
mus in der Freiheit, der zu nichts als zur Auflösung und Unfreiheit
führte. Die älteste Stadtgesetzgebung von Colmar, ein Statut vom I.
,11,293, liefert den Beweis für diese Ansichten. Die allgemeine Verant¬
wortlichkeit aller Bürger für das Unrecht ihres Mitbürgers, die höchste
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |