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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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eine Ende der, Kette war, -deren anderes Ende,um.eins,, ihrer Brue
ftstgeschmiedet war. .Jeden Morgen, konnte, man sie sehen, wenn sie
aus der ehemaligen Wohnung des größten Feldherrn Philipps II.
herauskamen/ um zu ihrer Tagcarbeit nach dem Werfte zu ziehen,
die-einen,, um jene riesenhaften Bassins zu graben, .welche, noch Heute
den Namen Napoleons tragen, die andern, um jene furchtbare Flotte
zu bauen, mit welcher, der Kaiser England bedrohte. Wenn man sie
so des Morgens ausziehen oder des Abends, heimkehren fah,, ,so Mühle
man' eine Schaar Dämonen zu sehen, die aus der Hölle herauskom¬
men oder in dieselbe einziehen, bekleidet wie sie waren, mit abschreckend
rothen Jacken und mit geschornen - Köpfen, auf denen sie eine kleine
violette, rothe, oder grüne Mütze trugen, je nachdem sie ursprünglich
Soldaten waren, oder ,je nachdem sie zu, einem zeitweiligen oder le¬
benslänglichen Aufenthalt im Bagno bestimmt waren. Das Bagno
von Antwerpen war für Toulon und Brest eine Hülfsanstalt, gewor¬
den,, wohin sie ihren,-Ueberfluß, an Verbrechern, schickten. , Die'un¬
glücklichen Galeerensträflinge erregten, übrigens hier mehr als irgend¬
wo anders, die öffentliche Theilnahme. Das Volk gab ihnen reichli-
chesAlmosen, welches ihnen dazu diente, ihre Gefangenschaft einiger¬
maßen zu erleichtern, indem sie für dieses Geld ein herzstärkendes
Glas Branntwein oder einige Loth schlechten Tabak sich.verschafften.
Das Volk, in, seinem Mitleid, nannte -sie nicht, Sträflinge,,, sondern
Sclaven, und häufig gelang es, einem von ihnen durch,Mithülfe
von äußerm entwischen, besonders denen, welche eine violette Mütze tru¬
gen;, denn- diese waren fast, sämmtlich entweder Unglückliche, welche
sich, durch, die Flucht der, .Conscription.zu' entziehen gesucht hatten, oder-
arme Teufel und--Deserteurs, .welche nicht Kanonenfutter sein wollten,
und die den Nuhmder Schlachten -gern geopfert, -um lieber in ihrem
heimathlichen Dorfe ein' Stückchen .vaterländischen Bodens zu be¬
bauen, und unter dem Dache zu bleiben, unter dem sie geboren waren.

.Die Erinnerungen, ein die-Erzählungen, mit, denen, man, den
Abend verkürzte, oder ^ noch öfter an die Stimme und die Blicke eines
angebeteten weiblichen Wesens waren ein mächtiger Zauber für sie ge¬
wesen und hatten sie mit magnettscher Kraft in die Heimath zurückge¬
zogen, und mochte es sie auch ihre Freiheit, und, in den Augen des
Gesetzes, ihre -Ehre kosten., Um dem blauen Soldatenrock zu' entge¬
hen der doch in der iöjährigen Schlacht, wie man vie Regierung


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eine Ende der, Kette war, -deren anderes Ende,um.eins,, ihrer Brue
ftstgeschmiedet war. .Jeden Morgen, konnte, man sie sehen, wenn sie
aus der ehemaligen Wohnung des größten Feldherrn Philipps II.
herauskamen/ um zu ihrer Tagcarbeit nach dem Werfte zu ziehen,
die-einen,, um jene riesenhaften Bassins zu graben, .welche, noch Heute
den Namen Napoleons tragen, die andern, um jene furchtbare Flotte
zu bauen, mit welcher, der Kaiser England bedrohte. Wenn man sie
so des Morgens ausziehen oder des Abends, heimkehren fah,, ,so Mühle
man' eine Schaar Dämonen zu sehen, die aus der Hölle herauskom¬
men oder in dieselbe einziehen, bekleidet wie sie waren, mit abschreckend
rothen Jacken und mit geschornen - Köpfen, auf denen sie eine kleine
violette, rothe, oder grüne Mütze trugen, je nachdem sie ursprünglich
Soldaten waren, oder ,je nachdem sie zu, einem zeitweiligen oder le¬
benslänglichen Aufenthalt im Bagno bestimmt waren. Das Bagno
von Antwerpen war für Toulon und Brest eine Hülfsanstalt, gewor¬
den,, wohin sie ihren,-Ueberfluß, an Verbrechern, schickten. , Die'un¬
glücklichen Galeerensträflinge erregten, übrigens hier mehr als irgend¬
wo anders, die öffentliche Theilnahme. Das Volk gab ihnen reichli-
chesAlmosen, welches ihnen dazu diente, ihre Gefangenschaft einiger¬
maßen zu erleichtern, indem sie für dieses Geld ein herzstärkendes
Glas Branntwein oder einige Loth schlechten Tabak sich.verschafften.
Das Volk, in, seinem Mitleid, nannte -sie nicht, Sträflinge,,, sondern
Sclaven, und häufig gelang es, einem von ihnen durch,Mithülfe
von äußerm entwischen, besonders denen, welche eine violette Mütze tru¬
gen;, denn- diese waren fast, sämmtlich entweder Unglückliche, welche
sich, durch, die Flucht der, .Conscription.zu' entziehen gesucht hatten, oder-
arme Teufel und--Deserteurs, .welche nicht Kanonenfutter sein wollten,
und die den Nuhmder Schlachten -gern geopfert, -um lieber in ihrem
heimathlichen Dorfe ein' Stückchen .vaterländischen Bodens zu be¬
bauen, und unter dem Dache zu bleiben, unter dem sie geboren waren.

.Die Erinnerungen, ein die-Erzählungen, mit, denen, man, den
Abend verkürzte, oder ^ noch öfter an die Stimme und die Blicke eines
angebeteten weiblichen Wesens waren ein mächtiger Zauber für sie ge¬
wesen und hatten sie mit magnettscher Kraft in die Heimath zurückge¬
zogen, und mochte es sie auch ihre Freiheit, und, in den Augen des
Gesetzes, ihre -Ehre kosten., Um dem blauen Soldatenrock zu' entge¬
hen der doch in der iöjährigen Schlacht, wie man vie Regierung


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[0533] eine Ende der, Kette war, -deren anderes Ende,um.eins,, ihrer Brue ftstgeschmiedet war. .Jeden Morgen, konnte, man sie sehen, wenn sie aus der ehemaligen Wohnung des größten Feldherrn Philipps II. herauskamen/ um zu ihrer Tagcarbeit nach dem Werfte zu ziehen, die-einen,, um jene riesenhaften Bassins zu graben, .welche, noch Heute den Namen Napoleons tragen, die andern, um jene furchtbare Flotte zu bauen, mit welcher, der Kaiser England bedrohte. Wenn man sie so des Morgens ausziehen oder des Abends, heimkehren fah,, ,so Mühle man' eine Schaar Dämonen zu sehen, die aus der Hölle herauskom¬ men oder in dieselbe einziehen, bekleidet wie sie waren, mit abschreckend rothen Jacken und mit geschornen - Köpfen, auf denen sie eine kleine violette, rothe, oder grüne Mütze trugen, je nachdem sie ursprünglich Soldaten waren, oder ,je nachdem sie zu, einem zeitweiligen oder le¬ benslänglichen Aufenthalt im Bagno bestimmt waren. Das Bagno von Antwerpen war für Toulon und Brest eine Hülfsanstalt, gewor¬ den,, wohin sie ihren,-Ueberfluß, an Verbrechern, schickten. , Die'un¬ glücklichen Galeerensträflinge erregten, übrigens hier mehr als irgend¬ wo anders, die öffentliche Theilnahme. Das Volk gab ihnen reichli- chesAlmosen, welches ihnen dazu diente, ihre Gefangenschaft einiger¬ maßen zu erleichtern, indem sie für dieses Geld ein herzstärkendes Glas Branntwein oder einige Loth schlechten Tabak sich.verschafften. Das Volk, in, seinem Mitleid, nannte -sie nicht, Sträflinge,,, sondern Sclaven, und häufig gelang es, einem von ihnen durch,Mithülfe von äußerm entwischen, besonders denen, welche eine violette Mütze tru¬ gen;, denn- diese waren fast, sämmtlich entweder Unglückliche, welche sich, durch, die Flucht der, .Conscription.zu' entziehen gesucht hatten, oder- arme Teufel und--Deserteurs, .welche nicht Kanonenfutter sein wollten, und die den Nuhmder Schlachten -gern geopfert, -um lieber in ihrem heimathlichen Dorfe ein' Stückchen .vaterländischen Bodens zu be¬ bauen, und unter dem Dache zu bleiben, unter dem sie geboren waren. .Die Erinnerungen, ein die-Erzählungen, mit, denen, man, den Abend verkürzte, oder ^ noch öfter an die Stimme und die Blicke eines angebeteten weiblichen Wesens waren ein mächtiger Zauber für sie ge¬ wesen und hatten sie mit magnettscher Kraft in die Heimath zurückge¬ zogen, und mochte es sie auch ihre Freiheit, und, in den Augen des Gesetzes, ihre -Ehre kosten., Um dem blauen Soldatenrock zu' entge¬ hen der doch in der iöjährigen Schlacht, wie man vie Regierung 70»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/533>, abgerufen am 24.07.2024.