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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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Achte Scene.



Santinclli Ma.
(Er sieht ihm eine Zeit lang schwelgend nach.)

Am Ende hab ich doch einen thörichten Streich gemacht, ihn so fortzuschicken'

(aufspringend.)
I" wohl! Da er die Parole weiß, wird er um das Hinaufkommen
unbekümmert noch herumtrödeln, um von sich reden zu machen. Meinen Diener
mußte ich bis ein's Thor anschicken--hotta ! Ist er noch verwegen und neugierig
wie sonst, so kann dieser Fehler ein Creigniß beschleunigen, das mir über Kurz
oder Lang doch nöthig ist, denn, bin ich ihm nicht gefährlich, so ist'er mir gefährlich.
(Er geht rasch an die Thür und ruft auf den Corridor hinaus -)
(Der Wacht¬
Heda ! Wache!
posten tritt an die offene Thür.)
Es soll sich ein Dieb eingeschlichen haben; laß eine
Kugel in Dein Gewehr laufen, gib die Ordre weiter an den nächsten Posten, daß sie
die Runde im ganzen Schlosse wache: wo ein verdächtiger Mensch betroffen wird,
gebt auf der Stelle Feuer.


Neunte Scene.



Wohnzimnicr der Königin, hinten mit großen, bis an den Fußboden gehenden Fenstern, von
denen eins offen steht, und auf einen Ballon führt.
Königin Christine kommt im Gehörnes mit Graf Brahe. Der Hofstaat hinter ihr-

Brahe. Ich kann es nicht beschwören, Majestät, aber ein ganzes Leben voll
Beobachtung müßte trügen, wenn er nicht ein Blutsverwandter jenes Nebcnzweigs
der Sture wäre, der überall Verderben und Unheil angerichtet hat.

Christine. So alt, Graf, und so voll Aberglauben.

Brahe. Je weniger positiver Glaube da ist, desto mehr Aberglaube; man
braucht etwas.

Christine. So? -- Wie sieht der Mann aus?

Brahe. Nicht just absonderlich, auch nicht mehr ganz jung, aber mit jenem
wunderbaren Blicke ausgerüstet, der seine Abstammung verräth. Auster bei jenem
herumirrenden, unglücklichen Stnre, habe ich nie aus eines Menschen Auge solchen
Blick strömen sehn: man weiß nicht zu sagen, ist die Farbe des Auges dunkel oder
licht, aber auf tiefem Grunde schimmert's wie eine auf-und niedersteigende Flamme.
Wenn man den Blick vermeidet, so fühlt man ihn auf sich lasten mit einem ge¬
spenstischen Drucke. Um nur diesem Drucke zu entgeh", fleht' man schüchtern auf,
sucht ihn, und läßt sich ergreifen, wie'von einer Zaubermacht, und gibt sich völlig
auf, und fühlt sich halb ängstlich, halb entzückt im Banne einer dämonischen Kraft.

Christine. Und mit dieser ungewöhnlichen Gabe, die ja doch nur ein Zeichen
mächtigen inneren Lebens ist, werden alle solche Sture unglücklich?


Achte Scene.



Santinclli Ma.
(Er sieht ihm eine Zeit lang schwelgend nach.)

Am Ende hab ich doch einen thörichten Streich gemacht, ihn so fortzuschicken'

(aufspringend.)
I« wohl! Da er die Parole weiß, wird er um das Hinaufkommen
unbekümmert noch herumtrödeln, um von sich reden zu machen. Meinen Diener
mußte ich bis ein's Thor anschicken--hotta ! Ist er noch verwegen und neugierig
wie sonst, so kann dieser Fehler ein Creigniß beschleunigen, das mir über Kurz
oder Lang doch nöthig ist, denn, bin ich ihm nicht gefährlich, so ist'er mir gefährlich.
(Er geht rasch an die Thür und ruft auf den Corridor hinaus -)
(Der Wacht¬
Heda ! Wache!
posten tritt an die offene Thür.)
Es soll sich ein Dieb eingeschlichen haben; laß eine
Kugel in Dein Gewehr laufen, gib die Ordre weiter an den nächsten Posten, daß sie
die Runde im ganzen Schlosse wache: wo ein verdächtiger Mensch betroffen wird,
gebt auf der Stelle Feuer.


Neunte Scene.



Wohnzimnicr der Königin, hinten mit großen, bis an den Fußboden gehenden Fenstern, von
denen eins offen steht, und auf einen Ballon führt.
Königin Christine kommt im Gehörnes mit Graf Brahe. Der Hofstaat hinter ihr-

Brahe. Ich kann es nicht beschwören, Majestät, aber ein ganzes Leben voll
Beobachtung müßte trügen, wenn er nicht ein Blutsverwandter jenes Nebcnzweigs
der Sture wäre, der überall Verderben und Unheil angerichtet hat.

Christine. So alt, Graf, und so voll Aberglauben.

Brahe. Je weniger positiver Glaube da ist, desto mehr Aberglaube; man
braucht etwas.

Christine. So? — Wie sieht der Mann aus?

Brahe. Nicht just absonderlich, auch nicht mehr ganz jung, aber mit jenem
wunderbaren Blicke ausgerüstet, der seine Abstammung verräth. Auster bei jenem
herumirrenden, unglücklichen Stnre, habe ich nie aus eines Menschen Auge solchen
Blick strömen sehn: man weiß nicht zu sagen, ist die Farbe des Auges dunkel oder
licht, aber auf tiefem Grunde schimmert's wie eine auf-und niedersteigende Flamme.
Wenn man den Blick vermeidet, so fühlt man ihn auf sich lasten mit einem ge¬
spenstischen Drucke. Um nur diesem Drucke zu entgeh», fleht' man schüchtern auf,
sucht ihn, und läßt sich ergreifen, wie'von einer Zaubermacht, und gibt sich völlig
auf, und fühlt sich halb ängstlich, halb entzückt im Banne einer dämonischen Kraft.

Christine. Und mit dieser ungewöhnlichen Gabe, die ja doch nur ein Zeichen
mächtigen inneren Lebens ist, werden alle solche Sture unglücklich?


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[0052] Achte Scene. Santinclli Ma. (Er sieht ihm eine Zeit lang schwelgend nach.) Am Ende hab ich doch einen thörichten Streich gemacht, ihn so fortzuschicken' (aufspringend.) I« wohl! Da er die Parole weiß, wird er um das Hinaufkommen unbekümmert noch herumtrödeln, um von sich reden zu machen. Meinen Diener mußte ich bis ein's Thor anschicken--hotta ! Ist er noch verwegen und neugierig wie sonst, so kann dieser Fehler ein Creigniß beschleunigen, das mir über Kurz oder Lang doch nöthig ist, denn, bin ich ihm nicht gefährlich, so ist'er mir gefährlich. (Er geht rasch an die Thür und ruft auf den Corridor hinaus -) (Der Wacht¬ Heda ! Wache! posten tritt an die offene Thür.) Es soll sich ein Dieb eingeschlichen haben; laß eine Kugel in Dein Gewehr laufen, gib die Ordre weiter an den nächsten Posten, daß sie die Runde im ganzen Schlosse wache: wo ein verdächtiger Mensch betroffen wird, gebt auf der Stelle Feuer. Neunte Scene. Wohnzimnicr der Königin, hinten mit großen, bis an den Fußboden gehenden Fenstern, von denen eins offen steht, und auf einen Ballon führt. Königin Christine kommt im Gehörnes mit Graf Brahe. Der Hofstaat hinter ihr- Brahe. Ich kann es nicht beschwören, Majestät, aber ein ganzes Leben voll Beobachtung müßte trügen, wenn er nicht ein Blutsverwandter jenes Nebcnzweigs der Sture wäre, der überall Verderben und Unheil angerichtet hat. Christine. So alt, Graf, und so voll Aberglauben. Brahe. Je weniger positiver Glaube da ist, desto mehr Aberglaube; man braucht etwas. Christine. So? — Wie sieht der Mann aus? Brahe. Nicht just absonderlich, auch nicht mehr ganz jung, aber mit jenem wunderbaren Blicke ausgerüstet, der seine Abstammung verräth. Auster bei jenem herumirrenden, unglücklichen Stnre, habe ich nie aus eines Menschen Auge solchen Blick strömen sehn: man weiß nicht zu sagen, ist die Farbe des Auges dunkel oder licht, aber auf tiefem Grunde schimmert's wie eine auf-und niedersteigende Flamme. Wenn man den Blick vermeidet, so fühlt man ihn auf sich lasten mit einem ge¬ spenstischen Drucke. Um nur diesem Drucke zu entgeh», fleht' man schüchtern auf, sucht ihn, und läßt sich ergreifen, wie'von einer Zaubermacht, und gibt sich völlig auf, und fühlt sich halb ängstlich, halb entzückt im Banne einer dämonischen Kraft. Christine. Und mit dieser ungewöhnlichen Gabe, die ja doch nur ein Zeichen mächtigen inneren Lebens ist, werden alle solche Sture unglücklich?

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/52>, abgerufen am 22.12.2024.