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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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(der bis an die Thur ocsaiiü-n war, fest sich wieder.)
onaldeschi Deine
(Pause.)
Schwester läßt Dich grüßen. Und nun zur Sache: wo kannst und willst
Du mich einführen, hier in Stockholm?

Santinelli. Nirgends.

Monaldeschi. Schön. Das heißt Lunge' und Schuhsohlen schonen. Eine

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weitere Unterhaltung zwischen unsst also überflüssig, da Du eine so
grobe Politik hast. Ich danke Dir für eine Erleichterung, die ich vom Römer nicht
erwartet hatte: ich war aus täuschende Bereitwilligkeit von Dir gefaßt, Und dage¬
gen ist die Vertheidigung viel schwerer, als gegen grobe Feindschaft. Sei ver¬
sichert, daß der Egoismus, welcher keinerlei landsmannschaftliche Bekanntschaft, kei¬
nerlei Jugendbekanntschaft brauchen kann, der an keinerlei gemeinschaftlicher Erinne¬
rung eine Freude, auch nur eine vorübergehende Freude hüt, daß der Egoismus,
wie Du ihn zeigst, statt ihn zu verbergen, ein trauriges Kunststück ist, und traurig
ausgeht. Denn, gesetzt auch, eS gelänge Dir, was Du damit beabsichtigst -- um
welchen Preis gelingt es Dir? Um den Preis des LebenSrcizcs, des Lebens also
selber. Was hilft Dir die Gunst einer Königin, wenn Du sie damit erkaufst, daß
Du Alles ausgibst, was sonst in der Welt ist? -- daß Du den Pulsschlag erstickst
für Schwester und Freund, für Genossen und Heimath, kurz für alle menschliche
Theilnahme? Willst Du ein Land erobern, was ohne Menschen ist, ohne Baum
und ohne Pflanzen? Gesetzt selbst, die um solchen Preis errungene Gunst der Kö¬
nigin, sähe wie Liebe aus -- sie kann ja nicht Liebe sein, nicht Liebe bleiben, denn
Du hast ja keine Liebe, Du hast ja nichts zu bieten. Du bist eine Wüste, Du hast
ja keine Welt in Dir, Du hast ja nichts als einen einzigen egoistischen Gedanken
Du suchst Schätze und hast nicht so viel Raum als eine hohle Hand, um sie zu er-
greifen und aufzubewahren. Du bist wie ein Rabe, der Kostbarkeiten stiehlt, und
dem sie nichts helfen. Glaube mir, Santinelli, die beste Spekulation, der einträg¬
lichste Egoismus unter Menschen besteht darin, daß man seine eigne menschliche
Empfänglichkeit so groß wie möglich mache, dann ist Gewinn und Reichthum
wohlfeil.

Santinelli. Hast Du noch viel zu sagen? Der große Eingang des Pala¬
stes ist geschlossen; um hinaus gelassen zu werden, brauchst Du die heutige Parole,
sie heißt: Schweden bei Tag und Nacht!

Monaldeschi. Ich danke Dir. Diese Art, Jemand die Thür zu weisen,
ist mir freundlicher und nützlicher, als die Art Deines Empfanges. Gute Nacht!

, (ab.)
wenn Du'S' nicht übel nimmst, daß ich Dir etwas wünsche

Santinelli. Gute Nacht.


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(der bis an die Thur ocsaiiü-n war, fest sich wieder.)
onaldeschi Deine
(Pause.)
Schwester läßt Dich grüßen. Und nun zur Sache: wo kannst und willst
Du mich einführen, hier in Stockholm?

Santinelli. Nirgends.

Monaldeschi. Schön. Das heißt Lunge' und Schuhsohlen schonen. Eine

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weitere Unterhaltung zwischen unsst also überflüssig, da Du eine so
grobe Politik hast. Ich danke Dir für eine Erleichterung, die ich vom Römer nicht
erwartet hatte: ich war aus täuschende Bereitwilligkeit von Dir gefaßt, Und dage¬
gen ist die Vertheidigung viel schwerer, als gegen grobe Feindschaft. Sei ver¬
sichert, daß der Egoismus, welcher keinerlei landsmannschaftliche Bekanntschaft, kei¬
nerlei Jugendbekanntschaft brauchen kann, der an keinerlei gemeinschaftlicher Erinne¬
rung eine Freude, auch nur eine vorübergehende Freude hüt, daß der Egoismus,
wie Du ihn zeigst, statt ihn zu verbergen, ein trauriges Kunststück ist, und traurig
ausgeht. Denn, gesetzt auch, eS gelänge Dir, was Du damit beabsichtigst — um
welchen Preis gelingt es Dir? Um den Preis des LebenSrcizcs, des Lebens also
selber. Was hilft Dir die Gunst einer Königin, wenn Du sie damit erkaufst, daß
Du Alles ausgibst, was sonst in der Welt ist? — daß Du den Pulsschlag erstickst
für Schwester und Freund, für Genossen und Heimath, kurz für alle menschliche
Theilnahme? Willst Du ein Land erobern, was ohne Menschen ist, ohne Baum
und ohne Pflanzen? Gesetzt selbst, die um solchen Preis errungene Gunst der Kö¬
nigin, sähe wie Liebe aus — sie kann ja nicht Liebe sein, nicht Liebe bleiben, denn
Du hast ja keine Liebe, Du hast ja nichts zu bieten. Du bist eine Wüste, Du hast
ja keine Welt in Dir, Du hast ja nichts als einen einzigen egoistischen Gedanken
Du suchst Schätze und hast nicht so viel Raum als eine hohle Hand, um sie zu er-
greifen und aufzubewahren. Du bist wie ein Rabe, der Kostbarkeiten stiehlt, und
dem sie nichts helfen. Glaube mir, Santinelli, die beste Spekulation, der einträg¬
lichste Egoismus unter Menschen besteht darin, daß man seine eigne menschliche
Empfänglichkeit so groß wie möglich mache, dann ist Gewinn und Reichthum
wohlfeil.

Santinelli. Hast Du noch viel zu sagen? Der große Eingang des Pala¬
stes ist geschlossen; um hinaus gelassen zu werden, brauchst Du die heutige Parole,
sie heißt: Schweden bei Tag und Nacht!

Monaldeschi. Ich danke Dir. Diese Art, Jemand die Thür zu weisen,
ist mir freundlicher und nützlicher, als die Art Deines Empfanges. Gute Nacht!

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wenn Du'S' nicht übel nimmst, daß ich Dir etwas wünsche

Santinelli. Gute Nacht.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/51>, abgerufen am 24.07.2024.