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Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester.

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' Monaldeschi. Das geht mir mit manchem Berge, mit manchem Steine
gerade so: es steht Dir ja frei, mich ans dem Wege zu räumen, wennDu's kannst.
Ob ich Dir'S übel nehme, ist ja gleichgültig, da Du mich nicht liebst; daß ich mich
dagegen zur Wehr setzen werde, ist ja meine und nicht Deine Sache. Du bekommst
also mit mir eine Beschäftigung mehr, wenn sich unsere Wege kreuzen sollten, Was
ich noch nicht weiß. Du kannst Dir ja dann diese Beschäftigung so interessant ma¬
chen wie möglich, ich werde durch meinen abwechselnden und mannigfaltigen Wider¬
stand Dir dazu behilflich sein. ^

Santinelli. Interessant! Als ob ich ein solcher Geck wäre, mich um's
Interessante zu bemühen!

Monaldeschi. Ein solcher Geck bin ich zum Beispiele. Kümmere Dich das
nicht, nun so mache Dir etwas Anderes aus nur zurecht, und schmale nicht wie
ein Kind, das von ein wenig Verdunkelung erschreckt wird und was schilt, wenn
eine Wolke vor die Sonne tritt. Wehre Dich gegen das, was erscheint, da Du
einmal nicht hindern gekonnt, daß es erscheine. Ich bin einmal da und verschwinde
nicht vor Deiner ärgerlichen Geberde -- Aber um doch auch wie andere Menschen
zu reden, die nicht ganz nackte Egoisten sind -- laß uns eine Verständigung suchen
über unsere Zwecke! Vielleicht berühren sie sich nicht, vielleicht können wir gar
einander unterstützen. Nenne mir den Kreis und Gang, in welchem Du nicht ge¬
stört sein willst, und ich will Dir sagen, Was ich suche.

Santinelli. Für wie alt hältst Du mich?

Monaldeschi. Wunderlicher Kauz! Glaubst Du denn wirklich, daß ich
nicht binnen 24 Stunden Von aller Welt erfahren kann, wornach Du hier trachtest?
Du bist ja in Deiner Einseitigkeit und Bestimmtheit viel leichter aufgefunden, als
ich, der ich im Einzelnen niemals nach Plan und Ziel handle, der ich dein Augen¬
blick, der plötzlichen Eingebung, dem Naturel mich überlasse, und der ich nicht für
die nächste Stunde bestimmen kann: dies wird mein Wille, dies meine Absicht sein.

Santinelli. Und doch willst Du mit Deinem Vertrauen das meine bezah¬
len? Du willst mir anvertrauen, Was Du selbst nicht weißt?

Monaldeschi. Bravo! Du bist wirklich ein scharfsinniger Mann geworden,
Santinelli! Wenn ich'S auch im Einzelnen nicht immer voraus weiß, was ich
will und wollen werde, im Ganzen und Großen weiß ich es sehr wohl. (Während
der letzten Rede ist jenseits deS Hofes in vielen Zimmern Licht erschienen, er l'cmcrkt's und
fragt asch-) Wer bewohnt die Zimmer, die da gegenüber eben erleuchtet schimmern?

Santinelli. Frag die Wache!

Monaldeschi. Welche Zudringlichkeit! Die Schlaf- und Arbeitszimmer der
Königin sind's, wenn Du etwa hineinlaufen willst, wie in die meinigen.


' Monaldeschi. Das geht mir mit manchem Berge, mit manchem Steine
gerade so: es steht Dir ja frei, mich ans dem Wege zu räumen, wennDu's kannst.
Ob ich Dir'S übel nehme, ist ja gleichgültig, da Du mich nicht liebst; daß ich mich
dagegen zur Wehr setzen werde, ist ja meine und nicht Deine Sache. Du bekommst
also mit mir eine Beschäftigung mehr, wenn sich unsere Wege kreuzen sollten, Was
ich noch nicht weiß. Du kannst Dir ja dann diese Beschäftigung so interessant ma¬
chen wie möglich, ich werde durch meinen abwechselnden und mannigfaltigen Wider¬
stand Dir dazu behilflich sein. ^

Santinelli. Interessant! Als ob ich ein solcher Geck wäre, mich um's
Interessante zu bemühen!

Monaldeschi. Ein solcher Geck bin ich zum Beispiele. Kümmere Dich das
nicht, nun so mache Dir etwas Anderes aus nur zurecht, und schmale nicht wie
ein Kind, das von ein wenig Verdunkelung erschreckt wird und was schilt, wenn
eine Wolke vor die Sonne tritt. Wehre Dich gegen das, was erscheint, da Du
einmal nicht hindern gekonnt, daß es erscheine. Ich bin einmal da und verschwinde
nicht vor Deiner ärgerlichen Geberde — Aber um doch auch wie andere Menschen
zu reden, die nicht ganz nackte Egoisten sind — laß uns eine Verständigung suchen
über unsere Zwecke! Vielleicht berühren sie sich nicht, vielleicht können wir gar
einander unterstützen. Nenne mir den Kreis und Gang, in welchem Du nicht ge¬
stört sein willst, und ich will Dir sagen, Was ich suche.

Santinelli. Für wie alt hältst Du mich?

Monaldeschi. Wunderlicher Kauz! Glaubst Du denn wirklich, daß ich
nicht binnen 24 Stunden Von aller Welt erfahren kann, wornach Du hier trachtest?
Du bist ja in Deiner Einseitigkeit und Bestimmtheit viel leichter aufgefunden, als
ich, der ich im Einzelnen niemals nach Plan und Ziel handle, der ich dein Augen¬
blick, der plötzlichen Eingebung, dem Naturel mich überlasse, und der ich nicht für
die nächste Stunde bestimmen kann: dies wird mein Wille, dies meine Absicht sein.

Santinelli. Und doch willst Du mit Deinem Vertrauen das meine bezah¬
len? Du willst mir anvertrauen, Was Du selbst nicht weißt?

Monaldeschi. Bravo! Du bist wirklich ein scharfsinniger Mann geworden,
Santinelli! Wenn ich'S auch im Einzelnen nicht immer voraus weiß, was ich
will und wollen werde, im Ganzen und Großen weiß ich es sehr wohl. (Während
der letzten Rede ist jenseits deS Hofes in vielen Zimmern Licht erschienen, er l'cmcrkt's und
fragt asch-) Wer bewohnt die Zimmer, die da gegenüber eben erleuchtet schimmern?

Santinelli. Frag die Wache!

Monaldeschi. Welche Zudringlichkeit! Die Schlaf- und Arbeitszimmer der
Königin sind's, wenn Du etwa hineinlaufen willst, wie in die meinigen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 2, 1842, Erstes Semester, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_282160_267214/50>, abgerufen am 04.07.2024.